Fußballfilmfestival vom 09. – 13. März in Berlin

Liebe Fußball- und Kinofreunde,

der ostmitteleuropäische Fußball kommt auf die Leinwand! In Vorfreude auf die Euro 2012 veranstaltet Brot & Spiele e.V. – Verein für Sport und Kultur vom 09. bis 13. März 2012 in Berlin das 9. Internationale Fußballfilmfestival 11 Millimeter.

Im Jahr der Europameisterschaft in Polen und der Ukraine lockt das Festival nicht nur mit internationalen Neuerscheinungen sowie Kinder- und Jugend-Fußballfilmen. Besonders Filme aus Ostmitteleuropa stehen im Fokus des Festivals.

Gezeigt werden unter anderem:

Boisko bezdomnych (OmeU) am Sa, 10.03.2012,

Ein Ex-Profifußballer stürzt in die Obdachlosigkeit ab und gründet ein Straßenfußball-Team.

Dynamo Kiew- Legende einer Fußballmannschaft am Sa, 10. 03. 2010.

Einst war Dynamo Kiew einer der besten Fußballvereine der Welt. Die Doku spürt dem Mythos dieser Mannschaft nach.

Król CharkowThe King of Charkiw zusammen mit Dynamo Kiew am Sa, 10.03.1012 in Anwesenheit der Regisseurinnen Alexandra Gramatke und Barbara Metzlaff.

Die 25 minütige Doku gibt Einblicke in das Privatleben des Oligarchen Oleksandr Yaroslavsky, einer der größten Anteilseigner des Charkiwer Fußballclubs Metallist Charkiw.

… und mein persönlicher Tipp:

The Other Chelsea – A Story from Donetzk am So, 11.03.2012 in Anwesenheit des Regisseurs.

Jakob Preuss stellt in fast 90 min das Leben zweier Bewohner von Donetzk vor. Einerseits den glühenden Fußballfan, einen Kohlearbeiter sowie andererseits den Bauunternehmer und Stadtratsmitglied, für den Fußball nur eine politische Bühne ist. Schockierend, kurzweilig, unterhaltsam – unbedingt anschauen!

Hier schonmal der Trailer dazu: https://www.youtube.com/watch?v=VZx_NulsQVU

Mehr Infos zum Festival und das komplette Programm unter: https://www.11-mm.de/festivalprogramm.php

Wie die Politik den Sport instrumentalisiert – auf ein Neues in der Ukraine?

Die Frage nach dem Verhältnis von Sport und Politik ist so alt wie der Sport selbst. Schon im antiken Griechenland hatten die olympischen Spiele politische Auswirkungen, da während der Wettkämpfe alle kriegerischen Handlungen ruhen sollten. In diesem pazifistischen Geist sieht sich auch das moderne Internationale Olympische Komitee. Dennoch wurde Olympia regelmäßig für die Politik instrumentalisiert. Weniger erfolgreich in Berlin 1936, als die Überlegenheit der weißen Menschen sich anders als von Hitler gewollt nicht zeigte. Mit größeren Auswirkungen war die Instrumentalisierung zum Beispiel in den Jahren 1980 und 1984, als unter dem wechselseitigen Boykott durch Ost und West vor allem die Sportler zu leiden hatten.

Und natürlich geht es auch im Fußball nicht ohne Politik zu, sei es das „Wir sind wieder wer“ der Deutschen 1954 oder der prestigeträchtige Sieg der DDR über den „Klassenfeind“ bei der WM 1974 in Hamburg. Viele weitere Beispiele gäbe es dafür aufzuführen, wie der Fußball trotz des Einmischungsverbots der FIFA für politische Zwecke ge- und missbraucht wird. Daher verwundert es nicht, dass auch die EURO 2012 von allen Seiten politisiert wird.

Da ist zum einen die ukrainische Regierung um Präsident Janukowytsch, die sich von einer erfolgreich ausgerichteten Europameisterschaft vor allem einen Imagegewinn erhofft. Der ehemalige ukrainische Botschafter in Serbien und Kroatien und jetzige EM-Cheforganisator Markijan Lubkivsky verstieg sich sogar zu der Aussage, die UEFA sorge mit der EURO 2012 mehr für die Modernisierung des Landes als alles, was die EU bisher getan habe. Gleichzeitig beschuldigt er die Vorgängerregierung unter Julija Tymoschenko, die EM-Vorbereitungen nur unzureichend vorangetrieben zu haben. Erst durch den entschlossenen Einsatz von Janukowytsch und seiner Regierung sei die Durchführung des Fußballspektakels gesichert worden.

Das sieht die ukrainische Opposition naturgemäß anders. Für sie hat die neue Regierung vor allem die Korruption im Rahmen der EM-Projekte gefördert, so zumindest der Vorwurf, den Arsenij Yatseniuk gegenüber EUobserver.com erhob. Seiner Meinung nach geht es Janukowytsch nicht in erster Linie um die Verbesserung des Images der Ukraine, sondern der eigenen Chancen bei den kommenden Parlamentswahlen. Gleichwohl hofft auch die Opposition die gesteigerte internationale Aufmerksamkeit vor und während der EM auf ihre Situation und Ideen zu lenken. So erklärte Box-Weltmeister Vitali Klitschko, der bei der nächsten Präsidentschaftswahl antreten will, in einem Interview mit dem Hamburger Abendblatt, die Ukraine werde sich trotz der EM-Ausrichtung von westeuropäischen Werte- und Moralvorstellungen entfernen. Auch für Klitschko ist die Korruption ein zentrales Problem bei der weiteren Entwicklung der Ukraine. Ein Problem, das seiner Meinung nach durch die EM keineswegs gemildert werde. Dennoch betrachtet Klitschko den EM-bedingten Fokus der westlichen Medien auf Polen und die Ukraine als Chance und mögliche Triebkraft für Veränderungen im Sinne der Opposition.

Beim Zusammenspiel von Fußball und Politik gibt es noch eine dritte Seite, die der Sportfunktionäre. In einem bemerkenswerten Interview mit Sport Bild forderte Borussia Dortmunds Präsident Hans-Joachim Watzke die unverzügliche Freilassung Tymoschenkos. Watzke erwägt, keine Spiele in der Ukraine zu besuchen, sollte Tymoschenko weiter in Haft bleiben. Ob sich die ukrainische Politik und Justiz von den Drohungen eines deutschen Vereinspräsidenten beeindrucken lassen, darf bezweifelt werden. Dennoch ist bemerkenswert, dass sich ein deutscher Fußballfunktionär zu solch einem Statement genötigt sieht. Sonst endet das politische Engagement im Fußball meistens beim Kampf gegen Gewalt, Rassismus und Hunger.

Der Chef des deutschen Meisters wird sich im Vorfeld der EURO 2012 nicht als letzter auf das Spannungsfeld von Sport und Politik begeben haben. Aber wird sich durch ein Fußballturnier tatsächlich etwas an der politischen Situation in der Ukraine ändern? Die Erfahrungen anderer Länder deuten in eine andere Richtung: Hitlers Rassenwahn ließ sich durch großartige Leistungen schwarzer Sportler nicht bremsen, die DDR „besiegte“ das westdeutsche System nicht und die Olympiaboykotte in den 80ern führten nur zu härteren politischen Fronten. Bleibt schließlich die Frage, ob Sport und Politik überhaupt miteinander verwoben sein sollten oder zwei streng zu trennende Welten sind.

Weiterführende Links

Auszüge aus dem Watzke-Interview: https://sportbild.bild.de/SPORT/fussball/2012/02/21/bvb-boss-watzke/denkt-ueber-em-boykott-in-der-ukraine-nach.html

EUobserver.com zur EURO 2012: https://euobserver.com/15/114708

Das Klitschko-Interview: https://www.abendblatt.de/sport/fussball/article2113033/Vitali-Klitschko-Die-EM-koennte-unser-Land-veraendern.html