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Terror Háza – Terror im Terrorhaus

Nach einem ruhigen Start in den Tag liefen wir den Prachtboulevard Andrássy út entlang, an dem unser heutiges Ziel lag: das Haus des Terrors (Terror Háza). Das im Jahr 1880 errichtete Gebäude diente ab 1937 der faschistischen Bewegung Ungarns als Parteizentrale und Verlagshaus für das ultrarechte Blatt „Zusammenhalt“ („Összetartás“). Nach der Okkupation Ungarns durch die Nationalsozialisten im Frühjahr 1944 diente der Keller des Gebäudes den ungarischen Pfeilkreuzlern als Folterkeller für ihre politischen Gegner. Nach dem Sieg der Sowjetunion bezog der ungarische Geheimdienst AVH/AVO das Gebäude und baute den Keller aus, um ebenfalls politische Gegner des neuen sozialistischen Staates unter Folter zu verhören. Nach der Niederschlagung des Aufstandes von 1956 verließ die Geheimpolizei das Gebäude. In den folgenden Jahren wurde es als Bürogebäude genutzt, die Folterzellen im Keller verschwanden. Aufgrund der Geschichte des Gebäudes in der Andrássy út 60 entstand 2002 ein von der Fidesz-Partei initiiertes Museum, das den Opfern totalitärer Herrschaft in Ungarn gewidmet ist. Schon am Vortag überlegten wir uns Fragestellungen, die uns bei dem Museumsbesuch begleiten sollten. Diese bezogen sich auf das Anliegen des Hauses, das Verhältnis zwischen Fakten und Emotionalität sowie auf die Relativierung der gemeinsam dargestellten Verbrechen der Nationalsozialisten und Kommunisten.

Die Ausstellung, die sich der Zeit ab 1944 widmet, verteilt sich auf drei Etagen, wobei die Zeit der kommunistischen Herrschaft mit 27 der 30 Räumen einen ungleich größeren Raum einnimmt, als die Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Der Holocaust an den ungarischen Juden wird nur kurz erwähnt und als eine Tat der deutschen Besatzer bezeichnet. Die umfangreiche Beteiligung von Ungarn wird fast komplett ausgeblendet. Der Schwerpunkt der Ausstellung liegt eindeutig auf den kommunistischen Verbrechen, wodurch sich bei uns der Eindruck festigte, dass der Antikommunismus das eigentliche, politische Programm der Ausstellung ist. Die Ausstellung verzichtet dabei fast vollständig auf Fakten und versucht die Besucher emotional zu ergreifen. Die wenigen Informationen auf den überall ausliegenden Handzetteln gingen in einem Getöse von bedrückender Musik, Videos, Bildern und Plakaten unter. Wir hatten den Eindruck, dass die wenigen Informationen durch diese Untermalung gar nicht aufgenommen werden sollten. Die Ausstellungsräume folgten nach unserem Empfinden keiner nachvollziehbaren Logik, Ausstellungsstücke wurden nicht erklärt und blieben damit größtenteils unverständlich. Der Besuch im Terrorhaus war für uns verstörend und wir waren froh, als wir  den akustischen Terror verlassen konnten.

Glücklicherweise hatten wir danach eine Mittagspause, die wir nutzten, um unsere Gedanken zu ordnen, uns zu erholen und auf das folgende Geschpräch mit Krisztián Ungváry vorzubereiten. Ungváry ist ein freier Historiker und für seine kritische Haltung gegenüber dem Terrorhaus bekannt. Er sprach über die Problemfelder der Ausstellung, seinen Streitigkeiten mit der Initiatorin Dr. Mariá Schmidt und das Geschichtsbild in der ungarischen Gesellschaft. In der nachfolgenden Diksussion über die dargestellte Geschichte und die Relativierung beider Diktaturen kamen wir auch auf komplexere Probleme der ungarischen Geschichte und dem Geschichtsbewusstsein in Ungarn zu sprechen. Mit Herrn Ungváry hatten wir einen sehr kritischen Ansprechpartner, der offen mit uns über die aktuelle Radikalisierung der Rechten in Ungarn diskutierte. Wir alle empfanden das Gespräch mit ihm als sehr bereichernd und vertiefend in Hinblick auf unser Seminarthema.

So gab uns auch unser zweiter Tag in Budapest einen sehr aufschlussreichen Einblick in das ungarische Geschichtsbewusstsein und wir sind gespannt, welche neuen Erfahrungen wir in den nächsten Tagen machen werden. Zunächst aber lassen wir den Tag in gemütlicher Runde ausklingen.

Benjamin Wielepski und Tom Schumacher

9 Reaktionen zu “Terror Háza – Terror im Terrorhaus”

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