Hallo! Die letzten Tage gab es Probleme mit dem Internet, die Schule war furchtbar stressig und ich war krank, bin aber über den Berg. Werde dieses Wochenende versuchen, wieder was zu schreiben. Bis dahin alles gute!
Das Wohnheim
Unser so genanntes Wohnheim ist eigentlich ein Hotel, in dem jeder wohnen kann. Für ausländische Studenten sind aber bestimmte Stockwerke reserviert, in denen die Einzel- oder Doppelzimmer eben nicht sauber gemacht werden, dafür sind wir selber zuständig. Mein Zimmer liegt an der nordöstlichen Ecke des zweiten (östlichen) Gebäudes. Daher habe ich zwei Fensterseiten, was beim Lüften sehr praktisch ist und das Zimmer sehr erhellt. Zum Glück habe ich nicht Südseite, das wäre im Sommer fatal. Ich muss jetzt schon die Klimaanlage laufen lassen, wenn ich ins Zimmer komme.
Die Ausstattung umfasst ein großes Bett mit knochenharter Federkernmatratze, Schreibtisch, Kommode, Fernseher, zwei Stühle, Nachttisch, Beistelltisch, Minikühlschrank, Kleiderschrank,Safe und Duschbad mit Western Style Toilet. Letzteres ist der große Vorteil des östlichen Gebäudes (mit den teureren Zimmern). Im Nachbargebäude gibt es abwechselnd je Stockwerk männliche oder weibliche Waschräume mit Duschen, Waschbecken und chinesischen Hockklos. Glück gehabt!
Der Witz ist, dass sich in meinem Wohnheim sowohl das Institut für Auslandsstudenten als auch dessen Bibliothek und die Klassenzimmer gefinden. Mein Schulweg besteht also darin, mit dem Aufzug sieben Stockwerke nach unten zu fahren. Theoretisch könnte ich im Schlafanzug kommen, was aber ziemlich unangepasst wäre (auch wenn im EG öffentlich Taijiquan-Stunden stattfinden 🙂
Stand der Dinge
Jetzt ist also wieder Sonntag. In den eineinhalb Wochen, die ich hier bin hab ich viel erlebt, Angst und Panik, was passieren wird, bodenlose Ahnungslosigkeit und Scheu vor „den Kinesen“ und ich habe mich die ersten Tage sehr verloren gefühlt, kannte niemanden und wollte nicht aus dem Zimmer. Seit Montag geht es mir täglich besser, ich habe lauter neue Leute kennen gelernt, trete gerner mit „den Kinesen“ in Kontakt und wundere mich nur, wie ich hier her gekommen bin (es fühlt sich immer noch an, wie auf einem fremden Planeten). Ich habe mich sehr gut eingewöhnt und bin entdeckungsfreudig geworden, probiere viel aus und freue mich auf das, was alles noch kommt. Was mich an der Wohnsituation stört ist nur, dass es keinen richtigen Aufenthaltsraum gibt. Seither funktioniert die Lobby bzw. die Treppe for dem Hotel als Hotspot, als Place To Be. Dort sitzen immer Leute, jeder kommt dort vorbei und dort entstehen Verabredungen. Allerdings ist es auch langweilig, etwas dreckig und vor allem unbequem, die ganze Zeit ohne Lehne usw. zu sitzen. Ich bin mal gespannt, wie das im Winter dann wird. Man hat zur Zeit nur die Wahl zwischen Treppe, Lobby oder der leeren Kantine. Im übrigen habe ich erst eine Folge Orion angeschaut, kein Baphomets Fluch 2.5 gespielt und auch kein Diablo 2, keinen Breakfast Club nicht geguckt und komme auch selten zum Lesen. Das sind doch mal gute Anzeichen für Kurzweile und mangelndes Heimweh. Allein mein Schatz fehlt mir natürlich sehr.
莱昂瑟与莱娜
Gerade eben waren wir mit unseren chinesischen Freundinnen in Leonce und Lena, einem Theaterstück von Georg Büchner, das von der MFA Theatergruppe der Nanjing Universität aufgeführt wurde, in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut. Da es auf Chinesisch war, haben wir so gut wie nichts verstandenl. Zum Glück kannte ich die Geschichte schon und kam so etwas mit. Aber auch unsere Chinesinnen haben nicht alles verstanden und so blieb vieles im Unklaren. Generel hatte ich den Eindruck,dass „diese Chinesen“, die dort waren, allesamt recht ungeduldig waren. Es raschelte immer und alldieweil ging ein Handy los. Scheinbar lag das aber an der Attraktivität des Stückes und der Kunstfertigkeit der Schauspieler. Die Inszenierung an sich fand ich sehr ansprechend, eher neu gehalten, allem voran die Lichttechnik war geradezu erleuchtend. Sagen wir 3 von 5 Sternen.
Visitenkarten
Als guter Schüler des 新实用汉语课本 weiß ich, wie wichtig Visitenkarten sind. Daher, und weil ich meine Daten nicht immer durchgeben oder aufschreiben wollte, habe ich mir gleich mal 100 Stück machen lassen zum unschlagbaren Preis von 15 Kuai (ca. 1,50 Euro) im Copyshop in der Fressgasse.
Die Anmeldung an der Uni
Da ich ja schon ein paar Tage vor der Anmeldefrist an der Uni eintraf, hatte ich genug Zeit, die unterschiedlichsten Gerüchte über die Anmeldung, den Ort, die Zeit, die Dauer, das Nötige, usw. usf. zu hören. Keiner konnte uns genaue Informationen sagen, nicht die Wachmänner, nicht die Frauen an der Rezeption.
Am Montag dann war aber alles ganz einfach. Im Erdgeschoss meines Wohnheimes war ein Parcours aufgebaut, den man durchlaufen musste:
- Laufzettel abholen
- Mit dem Laufzettel zur Anwesenheitskontrolle, dort bekommt man, sofern nicht vorhanden, einen chinesischen Namen
- Berechnung der Studiengebühren, mit dem Zettel geht man dann zur
- Bank of China (im selben Raum war ein Stand aufgebaut), die den Zettel rot stempelt
- Kontrolle der Quittung, Erhalt der Quittung von der Universität
- Frage nach dem Niveau und ob man am Einstufungstest teilnehmen will
- Visangelegenheiten/Residenznachweis
Zwei Tage Unterricht – Ein erstes Fazit
Nachdem ich den Test mitgeschrieben habe, wurde ich in B2 eingeteilt. Insgesamt gibt es vier Kategorien A, B, C, D, von denen A die anspruchsvollste ist und D den Anfängern vorbehalten ist. Innerhalb der vier Klassen gibt es noch Abstufungen von 1, 2, 3 und manchmal auch 4. Da ich nach zwei Stunden Unterricht in B2 merkte, dass es mir zu einfach ist (ich konnte im Wesentlichen den letzten Text des Buches verstehen) entschieden Mario aus Italien und ich, mal A2 auszuprobieren. Diesem Unterricht habe ich seither beigewohnt und muss sagen, dass es sich ziemlich wie zu Hause anfühlt.Wir haben in der Woche rund 150 offizielle neue Vokabeln zuzüglich der vorausgesetzten Vokabeln, die mir persönlich noch unbekannt sind.
Die Lehrer sind allesamt sehr nett und sprechen ein hervorragendes Chinesisch, womit ich meine, dass man sie versteht (!). Ich habe vier verschiedene Kurse: Sprechen/Umgangssprache, Intensives Lesen, Extensives Lesen und Zeitung Lesen. Sprechen sind 10 Wochenstunden, Intensive Reading 8, Zeitungslektüre und Extensive Reading je zwei. Meine Lehrer sind alle männlich bis auf Frau 杨, die Sprechen unterrichtet.
Dieses Wochenende werde ich mich also ransetzen und mal fleißig wiederholen, was wir in nur zwei Tagen gemacht haben. Am 16. September kann man nochmals die Klasse wechseln, wenn man will.
Kommt Zeit, kommt Rat, und Tat
Heute ist also Montag, der erste Tag der Registrierung, 15:16 Uhr Ortszeit. Mir geht es blendend. Gestern habe ich abends übers Internet nach Leuten gesucht, die auch in Nanjing wohnen. Dabei hat mich dann jemand im gleichen Augenblick angeschrieben, aus dem selben Grund. Wie das Leben so spielt, wohnt er natürlich auch hier im Wohnheim, im Nachbargebäude. Ich hab mich dann gleich mit Max, so sein Name, zum Abendessen getroffen. Er ist von seiner Universität mit ca. 20 Kommilitonen hier. Vor dem Fahrstuhl hat sich dann gleich Amélie zu uns gesellt und wir verabredeten uns für den nächsten Tag um 8:00 Uhr, um die Lage zu checken, da uns niemand sagen konnte, was, wann, wie und wo die Anmeldung stattfinden wird.
Auf die einzelnen Stufen und Erfahrungen, die ich heute gemacht habe, werde ich in gesonderten Beiträgen berichten. Zusammengefasst kann man sagen, dass ich heute mit Bauchschmerzen aufgewacht bin (man sollte rohen Salat vielleicht doch meiden) und mich dann zum verabredeten Treffpunkt begeben habe. Dort rottete sich unsere Gruppe dann auch zusammen und wir gingen zur U-Bahn-Station. Als erstes waren wir dann beim Public Health Security Bureau, wo wir unsere Physical Examination Record abgegeben haben. Danach bin ich mit Amélie, sowie mit Annika und Lisa, beide studieren an der Uni Freiburg und kennen natürlich Herrn Oser (…) Einkaufen gegangen. Daher habe ich jetzt auch eine chinesische Mobilfunknummer, mit der ich laut Auskunft der Frau und nach viermaliger Wiederholung (die Mädels haben sich ja auch eine SIM-Karte geholt) ab morgen Abend auch nach Deutschland telefonieren kann für scheinbar ca. 20 Cent. Da der Hunger drückte fuhren wir zurück zum Wohnheim und haben das erstbeste Restaurant gegenüber ausprobiert. Sehr leckeres Essen und zu meiner Freude eine große Auswahl an Gemüsegerichten. Satt und zufrieden gingen wir wieder in unser Wohnheim, um herauszufinden, wo wir uns denn zur Anmeldung einfinden sollten. Das Rätsel war schnell gelöst, denn es war einfach im Erdgeschoss im selben Gebäude, in dem ich auch wohne. Da ich heute mein Limit erreicht habe, kann ich erst morgen die Study Fee bezahlen, sodass ich nach den ersten drei Anmeldestationen jetzt Pause habe, um meine Eindrücke niederzuschreiben.
Später werde ich vielleicht gleich zur Polizei gehen, um meinen Wohnsitz anmelden zu lassen. Dann muss ich nur noch morgen die Anmeldung an der Uni abschließen und am Donnerstag meine Gesundheitskarte abholen, bevor ich endlich mein Visum bearbeiten lassen kann.
Die ganze Angst und Aufregung war also ganz unnötig, alles hat sich wunderbar ergeben und hat reibungslos (siehe folgende Berichte) geklappt.
TSCHAKKA!
不怕辣!辣,不怕!怕,不辣!
So, heute habe ich mich aufgemacht, um in die Innenstadt zu gelangen. Dabei habe ich natürlich die Hitze und den Maßstab meines Stadtplans gründlich falsch eingeschätzt. Als ich dann bei 新街口 ankam, schreibt mir Sarah, dass sie heute Nachmittag spontan Zeit hätte. Schwupps in ein Taxi gestiegen und wieder zurückgefahren. Wir sind dann ein wenig umhergelaufen und uns schließlich in eine art westliche Bäckerei gesetzt, wo es Kuchen, Sandwiches und sogar „German Quality“ Käse gibt. Nach ausführlichem Gequatsche und dem Einholen wichtiger Informationen geht es mir nun viel besser. Jemanden zu kennen, der einem erklärt, was so geht ist ungemein beruhigend. Danach bin ich noch kurz Obst kaufen gegangen und habe mir im Supermarkt mal dekadent Milch, Kabapulver und die einzige vegetarische Sorte Nudelsuppe geholt:
Geschmack: Recht scharf. Die Nudeln sind ziemlich glibberig, da sie nur aus Kartoffelmehl und Kartoffelstärke sind. Die weißen Bohnen sind irgendwie nussig und ebenfalls recht scharf. Gesamtnote: 3-
My Plastic Water Battle
Der Morgen graut, die Autos fangen zu hupen an und die Grillen zirpen nicht mehr. Der Tag wird wärmer und wärmer, die Luft feuchter. Da klopft es um kurz nach acht Uhr an meiner Tür. Hm, erst mal ignorieren. Erneutes, heftigeres Klopfen. Mist, da muss man wohl hingehen. Also schnell ein 请稍等! gerufen und was überziehen. Es ist eine nette Dame, die mir die Bettewäsche zum Wechseln bringt und mich dafür und für meinen Stromzählerstand unterschreiben lässt. Back to bed.
Nach etwas mehr Schlaf erst mal an den Rechner gesetzt und ein wenig gesurft. Nach und nach kamen dann auch Bekannte online. Da ich mich aber nicht ewig von meinen Erdnussgeschmackkeksen ernähren kann, ging ich eine Runde spazieren. Ein Mal um den Block, dabei zwei Teeläden, die Polizei und 1001 kleine Läden und Händler am Straßenrand gesehen. Schließlich einen Minisupermarkt gefunden und mich mit dem Nötigsten versorgt. Darunter einen so unerlässlichen kleinen Plastikbecher mit Schraubverschluss mit integriertem Kompass, laut Beipackzettel ein „Plastic Water Battle“. Auf in den Kampf!