Andreas Hüttemann

Wie würdest Du Deinen sozialen Hintergrund beschreiben?

Mein sozialer Hintergrund in Stichworten: Landwirtschaft, vier Generationen unter einem Dach, höchste Bildungsabschlüsse der Eltern: Hauptschule und Realschule; Anzahl Klaviere /Anzahl Museumsbesuche mit Eltern jeweils: 0.

Auch wenn der Hintergrund formal betrachtet bildungsfern war, waren meine Eltern überzeugt, Bildung führe zu sozialem Aufstieg. Die Kinder, die nicht den Hof übernehmen, sollten daher idealerweise studieren. Da es BAFöG gab, stand – trotz Geldferne – nie in Frage, dass sich das auch realisieren lässt. 

Was waren für Dich besondere Schwierigkeiten, die mit Deinem Hintergrund zu tun hatten oder haben, und gibt es ein Beispiel für eine Erfahrung oder Anekdote, die diese gut veranschaulicht?

Ich habe (anders als andere, mit denen ich darüber gesprochen habe) keine besonderen Schwierigkeiten erlebt, die mit meinem Hintergrund zusammenhingen und habe mich gefragt woran das lag. Meine vorläufige Antwort: Einem guten Schüler/einer guten Schülerin gegenüber verhalten sich selbst die Lehrer/innen, die auch anders können, meistens freundlich (entsprechend auch an der Universität). Die guten Noten übertrumpfen den Hintergrund. Wahrgenommen wurde er durchaus. Als mich die Schulleiterin für die Studienstiftung vorschlug, gab sie mir noch den Ratschlag, im Falle eines Interviews auf „watt“ und „datt“ zu verzichten und lieber „das“ und „was“ zu verwenden. Durch die guten Noten wurde der einfache Hintergrund nicht zu einem Nachteil, sondern zu einem charmanten Feature. 

Was hat Dir dabei besonders geholfen, diese oder andere Schwierigkeiten zu überwinden, und gibt es auch hier ein Beispiel für eine Erfahrung oder Anekdote, die dies gut veranschaulicht?

Zu studieren, wenn die Eltern Akademiker sind, ist ja nichts Besonderes, mit einfachem Hintergrund schon eher. Den einfachen Hintergrund habe ich nicht als Makel empfunden oder mir als solchen einreden lassen, eher war ich stolz darauf, einen eigenen Weg zu gehen. 

Gibt es besondere Einsichten oder Perspektiven, die Du Deinem Hintergrund verdankst und die für Deine philosophische Forschung oder Lehre von besonderem Wert sind?

Vielleicht hat mich die analytische Philosophie, in der es – zumindest ihrem Selbstverständnis nach – um Argumente geht, in meiner Studienzeit in Heidelberg mehr als z. B. die hermeneutische Tradition angesprochen, in der kulturelles Kapital eine größere Rolle spielte.

Andreas Hüttemann ist Professor für theoretische Philosophie der Neuzeit und Gegenwart an der Universität zu Köln.

Ein Gedanke zu „Andreas Hüttemann“

  1. Vielen Dank an Professorn Hütteman

    Ich frage mich ob der letzte Punkt den internationalen Kontext – statt analytische Philosophie selbst – betrifft. In Amerika nämlich spielt kulturelles Kapital eine grössere Rolle bei den Analytkern, diese aber hängt ganz an Besonderheiten an die kaum von Äuslandern wahrnehmbar sind. Das kulturelle Kapital das bei Hermeneutikern eine Rolle spielt, in Heidelberg oder irgendwo, wird umgekehrt von uns nicht wahrgenommen.

    Kevin Harrelson

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