4+1 = 3+2? RechenkünstlerInnen am Werk

Gestern fand ein vor allem von Seiten der Studierenden gut besuchtes Vorabgespräch zur Entwicklung eines achtsemestrigen Bachelor-Studiengangs am OSI statt. Inhaltlich kam leider wenig neues dabei heraus, die bereits nach dem Gespräch mit dem Präsidium vor knapp einem Monat (Link zum Artikel) offen gebliebenen Fragen konnten auch gestern nicht geklärt werden. Die Lage wurde eher noch verwirrender, weil im Laufe der Diskussion gestern noch weitere Optionen in’s Gespräch kamen.

Aber der Reihe nach. Cilja Harders, die die Moderation übernahm, schilderte noch einmal kurz die Hintergrundgeschichte und erläuterte ihre Sicht auf die Dinge: Das Diplom am OSI ist voraussichtlich schon bald Geschichte, da aber – maßgeblich durch studentische Initiative – der Institutsrat OSI und der Fachbereichsrat ihren Wunsch nach einem Festhalten am Diplom geäußert hatten, bot Dieter Lenzen himself im Akademischen Senat dem OSI die Möglichkeit an, einen achtsemestrigen BA einzurichten. Dieser bietet nach Harders‘ Meinung die Möglichkeit, Teile der Struktur und der Inhalte des Diploms zu erhalten; ausserdem spekuliert Lenzen vermutlich darauf, dass der sechssemestrige BA in seiner jetztigen Form bundesweit keine Zukunft hat und dass die FU dann wieder einmal an der Spitze des „Fortschritts“ steht. Harders sprach sich ausserdem dafür aus, den achtsemestrigen BA offensiv zu vertreten und als Alleinstellungsmerkmal des OSI zu „bewerben“.
In der Diskussion sollte zuerst grundsätzlich die Frage geklärt werden, ob wir diesen neuen BA überhaupt wollen, da damit ein nur noch einjähriges Masterprogramm verbunden wäre, oder ob eine grundlegende Überarbeitung des bestehenden BA mit einer Erweiterung des Masterzugangs nicht doch die bessere Lösung wäre. Kurz gefasst: 4+1 gegen 3+2 (jeweils in Jahren gerechnet).

Bei der anschließenden Diskussion zeigte sich grob ein Frontverlauf zwischen der geschäftsführenden Direktorin des OSI, Dagmar Vinz, ihrem Vorgänger Peter Massing und der ehemaligen Studiendekanin Sabine von Oppeln auf der einen und den Studierenden, Cilja Harders und Gisela Rossa-Dubray (Leiterin des Studien- und Prüfungsbüros am OSI) auf der anderen Seite ab. Erstere sprachen sich aus verschiedenen Gründen für eine 3+2-Lösung aus: es sei beispielsweise unklar, ob Studierende tatsächlich ein Jahr mehr studieren, nur um dann mit einem BA abzuschließen, was sie auch nach drei Jahren schon könnten. Auch den zweijährigen Masterprogrammen drohe eine Zukunft ohne OSI-Studierende, da diese womöglich nicht ein Jahr ohne BAFöG (Höchstbezugdauer in der Regel fünf Jahre, also 4+1, nicht 4+2) auskommen wollten. Die bestehenden Probleme im BA – etwa die schlechte Vereinbarkeit von Auslandsaufenthalten – ließen sich auch über eine erneute Reform des Studiengangs lösen, Peter Massing wies auch darauf hin, dass für die Lehramtsstudiengänge ohnehin nur ein dreijähriger BA in Frage käme.

Von Seiten der BefürworterInnen kam zum einen der Wunsch nach Klarheit in Sachen Studienordnungen, d.h. wenn es eine Reform geben wird, sollte nur ein Modell Gültigkeit erhalten. Knapp 20 Studienordnungen an einem Institut sind genug! Das bevorzugte Modell wäre dabei der vierjährige BA, am Besten mit einer ebenfalls angedachten Reform der Modul- und LP-Struktur. Die Argumente waren und sind bekannt: mehr Zeit, sich zurechtzufinden, ins Ausland zu gehen, sich in einzelne Themen zu vertiefen, etc. Sehr gut fanden wir – wie schon beim Gespräch mit dem Präsidium – dass es nach derzeitigem Planungsstand ein Projektkurs-Modul geben soll. Die erfreulicherweise zahlreich erschienenen BA-Studis aus dem zweiten bis fünften Semester schilderten eindringlich, vor welche Probleme die derzeitige Studienordnung sie stellt. An der grundlegenden Struktur von 30 zu absolvierenden Leistungspunkten (LP) pro Semester wird sich leider wenig ändern lassen, aber von Seiten aller Verantwortlichen kam die Zusage, dass sich an der Bemessungsgrundlage für die LPs – sprich, für wieviel Arbeit es einen LP gibt – noch „drehen“ ließe. Daphne Stelter (Prüfungsbüro OSI) lieferte auch eine interessante Erklärung für die gefühlt weit höhere Arbeitsbelastung der BA-Studis: ihrer Meinung nach liegt das an den „inflationär gestiegenen Kontrollen der Teilnahmeleistungen“ durch mid-term Klausuren, Anwesenheitslisten und was sich DozentInnen sonst noch so an Repressionsinstrumenten einfallen lassen. Auch in dieser Hinsicht signalisierten Cilja Harders und Gisela Rossa-Dubray ein erneutes Einwirken auf die DozentInnen am OSI.
Da beim Streik auch die Möglichkeit für einen Kombi-Bachelor Politikwissenschaft erörtert wurde, kam auch diese Möglichkeit auf den Tisch, so dass am Ende eine ganze Reihe von Vorschlägen diskutiert wurden:

1. Monostudiengang Politikwissenschaft: 3 Jahre BA + 2 Jahre MA (180LP + 120LP) – dies entspricht der derzeitigen Struktur, wobei gestern zahlreiche Stimmen für eine weitere Öffnung des Masters zu hören waren.
oder: 4 Jahre BA + 1 Jahr MA (240LP + 60LP) – die vom Präsidium vorgeschlagene Variante; hier steht es den Studierenden frei, auch einen zweijährigen Master zu besuchen – allerdings ein Jahr ohne BAFöG.

2. Kombistudiengang Politikwissenschaft: 3 Jahre BA + 2 Jahre MA (90LP PolWiss + 90LP anderes Fach + 120LP MA) – diesen Studiengang gibt es bisher nicht.
oder 4 Jahre BA + 1 Jahr MA (180LP PolWiss + 60LP Nebenfach + 60LP MA) – dieser Vorschlag wurde nur kurz von Seiten der Studierenden angedacht und nicht weiter diskutiert.

3. Lehramtsstudiengang Sozialkunde: 3 Jahre BA + 2 Jahre MA oder 3 Jahre BA + 1 Jahr MA – diese beiden Studiengänge gibt es bereits und müssten auch weiterhin angeboten werden, wenn das OSI nicht komplett auf die LehrerInnenausbildung verzichten will.

Streit um’s weitere Vorgehen

Nach der inhaltlichen Diskussion wurde darüber gesprochen, wie wir weitermachen sollen. Alle Beteiligten waren sich recht schnell einig, dass ein schneller, positiv ausfallender Beschluss des Institutsrats nicht realistisch ist. Fr. von Oppeln plädierte dafür, das Thema zunächst auf einer DozentInnen-Versammlung zu erörtern, und zog sich damit den Unmut der Studierenden zu – wir wollen schließlich weiterhin beteiligt bleiben. Einen Institutstag zu veranstalten ist dieses Semester wohl nicht mehr möglich, bei einer VollVersammlung aller Angehörigen des Instituts steht zu befürchten, dass sich die Diskussion völlig verfranst. Eine Idee von Seiten der FSI OSI war, zunächst über die ZEDAT an alle Institutsangehörigen einen Brief mit den grundlegenden Fakten und Hintergründen zu verschicken und anschließend auf einer VollVersammlung die verschiedenen Varianten zur Abstimmung zu stellen.
Loben möchten wir an dieser Stelle ausdrücklich die konstruktive Atmosphäre des Treffens und auch die ausdrückliche Ansage von Cilja Harders, dass die Ausarbeitung dieser neuen Studienordnung weiterhin öffentlich und mit starker Einbeziehung der Studierenden vonstatten gehen soll.

Auch das nächste Treffen ist dementsprechend wieder öffentlich, wenn auch zu einer unangenehmeren Uhrzeit: und zwar nächsten Freitag, 10.7., um 10 Uhr. Der Ort wird bekanntgegeben, auch hier auf dem Blog. UPDATE: Das nächste Treffen für den vierjährigen BA ist an besagtem Freitag im Seminarraum E1 der Ihnestraße 22.

Vom Diplom zum „Bachelor of Honours“

Das Ende des OSI-Diploms ist abzusehen. Zwar wird der Studiengang wohl auch im kommenden Semester nicht komplett eingestellt, sondern (wie bereits im letzten Jahr) „nur“ niemand dafür zugelassen, doch es ist nur eine Frage der Zeit, bis der Akademische Senat auch formal den letzten Schritt macht. Alle Zusicherungen, die uns Studierenden damit seit der de-facto-Abschaffung des Diploms zum letzten Wintersemester gegeben wurden, sind damit dahin. Doch die Schuld liegt dieses Mal nicht beim Präsidium, im Akademischen Senat und schon gar nicht am Fachbereich oder am OSI. Der Druck, das Diplom einzustellen, kommt vom Berliner Senat, v.a. vom Bildungssenator Zöllner, und von den Richtlinien, welche die Kultusministerkonferenz (KMK) zur Umsetzung des Bologna-Prozesses in Deutschland erstellt hat.
Am OSI, wo viele Dozierende und Studierende den Diplom-Studiengang höher schätzen als den BA, setzen sich nun mehrere Personen (darunter die Studiendekanin Cilja Harders, Hajo Funke und die Leiterin des Studienbüros, Gisela Rossa-Dubray) für die Schaffung eines „großen Bachelors“ in Form eines abgespeckten Diploms ein. Die drei oben erwähnten VertreterInnen vom OSI sowie die studentischen VertreterInnen aus Instituts- und Fachbereichsrat waren am gestrigen Donnerstag zu einem ersten Gespräch über die neue Studienordnung ins Präsidium eingeladen. Die Stimmung im Gespräch mit Vizepräsidentin Christine Keitel-Kreidt und anderer VertreterInnen des Präsidiums war dabei weitgehend konstruktiv, auch wenn es erwartungsgemäß Differenzen gab.
Unterschiedliche Vorstellungen gab es bereits beim Namen: der auch im Titel dieses Artikels verwendete „Bachelor of Honours“ stieß beim Präsidium auf wenig Gegenliebe, denn die KMK macht auch bei der Namensgestaltung von konsekutiven Studiengängen überaus genaue Vorgaben. Vorerst bleibt also unklar, wie und ob sich eine Sonderstellung dieses vierjährigen BA-Studiengangs bereits im Namen ausdrücken lässt. Nach einem ersten Konzept, welches Harders und Rossa-Dubray für den neuen Studiengang entworfen hatten, sollte dieser wie folgt aussehen:
– das Grundstudium (Semester 1-4) bleibt identisch zum derzeitigen modularisierten Diplom und zum dreijährigen BA
– im Hauptstudium orientiert sich der neue Studiengang eher am Diplom, inklusive Projektkurs
– es ist möglich, nach dem 4. Semester nur noch zwei Semester zu studieren, und als „fast track“ mit dem bereits bestehenden BA abzuschließen
– um Leistungspunkte (LP) gegenüber dem Diplom zu „sparen“, müssen im Hauptstudium nur noch zwei Wahlpflichtmodule statt derzeit drei belegt werden, ausserdem reduziert sich das Pflichtpraktikum von sechs auf vier Monate
– die Abschlussarbeit gibt ebenfalls weniger LP (30 statt 38 im Diplom), darf dafür etwas kürzer als eine Diplomarbeit sein und beinhaltet eine mündliche Prüfung
– Regelstudienzeit: 8 Semester, nach denen mensch 240 LP erworben hat (alter BA: 180 LP, Diplom: 270 LP).
Von diesem ursprünglichen Konzept blieb kaum etwas übrig, da das Präsidium in mehreren Punkten Änderungsbedarf anmeldete. Der wichtigste Punkt ist dabei wohl, dass nach Einrichtung des vierjährigen BAs auch der jetzt existierende, dreijährige BA verschwinden wird. Ein Nebeneinanderher dieser zwei Studienordnungen samt Wechselmöglichkeit wird es nicht geben. Davon betroffen ist auch der Master Politikwissenschaft: Er wird auf ein Jahr zusammengestutzt werden müssen, da das Programm der ersten beiden MA-Semester bereits in den neuen BA integriert ist. Die übrigen, nicht-konsekutiven Masterstudiengänge, etwa der neue deutsch-französische Doppelmaster, bleiben davon unberührt. Einspruch legte das Präsidium auch bei der Gestaltung und vor allem der Punktevergabe der Abschlussarbeit ein. Hier zeigte sich exemplarisch der ganze Irrsinn der Bologna-„Reform“. Denn eine BA-Abschlussarbeit darf, egal wie lang die/der Studierende darauf studiert hat, maximal mit 15 LP bewertet werden. Ein Leistungspunkt entspricht aber, auch dies ist genau festgelegt, einer bestimmten Arbeitszeit. Daraus folgt wiederum, dass mensch für 15 LP keine Abschlussarbeit von 20 000 Wörtern (wie im Entwurf vorgesehen) fordern darf. Hier regte sich vor allem Funke ziemlich auf, aber auch Harders bemängelte, dass viele von ihr gelesene BA-Arbeiten geradezu „Unsinn“ seien und keinerlei Möglichkeit (und Platz) für Reflexion ließen. Längere Abschlussarbeiten seien deshalb unverzichtbar, auch und gerade wenn das Studium länger ist als der „normale“ Bachelor. Nachdem sich alle wieder etwas beruhigt hatten, sicherte Rossa-Dubray zu, nach weiteren Handlungsspielräumen, etwa über die Gestaltung des Projektkurs-Moduls, zu suchen.
Diskutiert wurde im Anschluss noch über die Promotionsberechtigung der künftigen BA-AbsolventInnen. Nach derzeit gültiger Regelung ist eine Promotion direkt im Anschluss an den Bachelor nur möglich, wenn die/der AbsolventIn einen Schnitt von 1,0 im Abschlusszeugnis vorweisen kann. Die Studierenden argumentierten hier, dass diese Regelung bei einem vierjährigen Bachelor gelockert werden müsse, schon um den Studiengang attraktiver zu machen. Ins Gespräch gebracht wurde auch der Umstand, dass viele Studierende unter enorm hohen Druck stünden, da im BA von Anfang an alle Noten zählen. Leider ist es aber auch bei längeren BA-Studiengängen anscheinend nicht möglich, diese absurde Regelung abzuschaffen. Die anwesenden Prüfungsberechtigten vom OSI sicherten allerdings zu, dieses Thema nochmal am Institut zu diskutieren und mehr Sensibilität für die Nöte der StudienanfängerInnen anzumahnen. Wir werden sie an diese Zusage erinnern. Leider verpuffte damit ein wenig die Chance, über eine komplette Reform der BA-Struktur zu reden.

Wie geht es weiter?
Die Zeichen stehen gut, dass der neue BA zügig entworfen und umgesetzt wird, Rossa-Dubray rechnet bis etwa Ende des Jahres 2009 damit. Im nächsten Wintersemester werden daher nur Studierende für den dreijährigen Bachelor zugelassen werden, die aber ab dem Jahr 2010 bereits die Möglichkeit haben sollen, in den neuen Studiengang zu wechseln. Danach (ab Zulassung WiSe 2010/11) wird es nur noch den vierjährigen BA geben, ergänzt durch einen einjährigen politikwissenschaftlichen Master (der für Studierende von ausserhalb – die nach drei Jahren nur 180 LP haben – nicht ohne weiteres zugänglich sein wird) sowie durch die diversen, nicht-konsekutiven Masterstudiengänge, die auch den 240-LP-BA-AbsolventInnen offenstehen. Der Master Politikwissenschaft wird in den nächsten Jahren also ebenfalls einer Reform unterzogen werden müssen, um ihn auf zwei Semester zu kürzen. Pech haben diejenigen Studierenden, die jetzt im zweiten Semester sind: für sie gibt es keine Möglichkeit mehr, ins Diplom zu wechseln, und noch keine Möglichkeit, in den vierjährigen BA zu wechseln. Nun wird die genaue Ausgestaltung des neuen Studiengangs noch in den Gremien am Fachbereich besprochen werden. Auch hier zählt natürlich wieder, dass wir als Studierende unsere Vorstellungen mit einbringen – die Bereitschaft, uns zuzuhören, war gestern jedenfalls durchaus vorhanden, was wir sehr begrüßen.

Politikwissenschaftliches Gremien-Komplettpaket

Der heutige Mittwoch war ein stressiger Tag für die studentischen GremienvertreterInnen und andere interessierte Studierende, die sich regelmäßig das Geschehen in den Gremien antun. Denn heute tagten gleich beide Gremien am Fachbereich Politik- und Sozialwissenschaft, der Institutsrat (IR) des OSI und der Fachbereichsrat (FBR). Da wieder einmal mehrere für die Studierenden interessante Themen auf der Tagesordnung standen, war die Beteiligung von studentischer Seite verhältnismäßig groß.

Der Institutsrat – Auftakt um 8:30 Uhr

Der Sitzungsmarathon begann früh und im von einem frischen Wind umtosten Hörsaal B mit einer außerordentlichen Sitzung des Institutsrats. Diese war nötig geworden, nachdem ein Beschluss über die Ausschreibung der Ideengeschichtsprofessur im letzten FBR vertagt worden war, um letzte formelle Fehler zu beseitigen und dem IR nochmals Zeit zu geben, über den Ausschreibungstext zu diskutieren. Zunächst ging es jedoch um die Zukunft des OSI-Diploms, die finster aussieht. Das Diplom ist entgegen der Beteuerungen vom vergangenen Jahr wohl endgültig passé, politisch verantwortlich dafür ist der Berliner Senat und die Kultusministerkonferenz, die auf einer Umsetzung der Bologna-„Reformen“ bestehen. Das Präsidium der FU zeigt sich jedoch gegenüber einem auf acht Semester verlängerten Bachelor-Studiengang aufgeschlossen, für den es am OSI bereits einen ersten Entwurf gibt. Danach soll es sich bei diesem BA wohl um ein knapp gekürztes Diplom handeln, nach dessen Ende mensch 240 LP (statt 180 LP im „normalen“ BA und 270 LP im modularisierten Diplomstudiengang) erworben hat. Eine Reihe von Fragen blieben leider noch offen, etwa ob der längere BA zu einer Promotion berechtigt und wie die Möglichkeit des Weiterstudierens auf einen Master geregelt werden soll. Da sich die Entwicklung dieser Studienordnung jedoch noch ganz am Anfang befindet und noch weitere Gespräche mit dem Präsidium stattfinden werden (auch unter studentischer Beteiligung), sind wir zuversichtlich dass sich diese Fragen noch werden lösen lassen. Über weitere Entwicklungen halten wir euch natürlich an dieser Stelle auf dem Laufenden.
Anschließend begann eine sehr langwierige – und anstrengende – Diskussion über die Ausschreibung einer Professur auf Zeit mit dem Arbeitsgebiet „Öffentliches Recht, Völker- und Europarecht sowie Gleichstellungsrecht“. Diese Professur wird teilweise von der KFN (Kommission zur Förderung von Nachwuchswissenschaftlerinnen) und teilweise vom mittlerweile allseits bekannten SFB 700 bezahlt. Das Dekanat hatte die Ausschreibung an den IR zurückverwiesen, mit der Bitte die Stellenbeschreibung stärker auf Politikwissenschaft zuzuschneiden. Nach Auskunft von SFB-VertreterInnen seien aber keine grundlegenden Änderungen an der Ausschreibung möglich, da ansonsten die Förderung durch die KFN gefährdet sei. Die Diskussion vermischte anschließend drei Ebenen miteinander: erstens forderten mehrere Studierende und Hajo Funke, dass vor einer Klärung der Ideengeschichtsprofessur von weiteren Berufungen und/oder Ausschreibungen abgesehen werden sollte. Zweitens zweifelten Sabine Berghahn und die Studierenden an der Rechtmäßigkeit des Berufungsverfahrens, das durch den eindeutigen Zuschnitt auf eine Person den Grundsatz der Bestenauslese verletze. Drittens machte sich vor allem Fr. Berghahn Sorgen, dass eine Berufung auf eine derart beschriebene Stelle die Situation im Bereich „Rechtliche Grundlagen der Politik“ langfristig verschlechtern könnte, da dann eine weitere SFB-nahe Person mit Schwerpunkt auf Internationale Beziehungen/Governance bereit stünde, die Rechtlichen Grundlagen zu übernehmen. Bei allen drei Punkten widersprachen die VertreterInnen des SFB, wiesen auf die angebliche Zeitknappheit für die Ausschreibung hin und beteuerten, dass selbstverständlich eine konsequente Abgrenzung zum Bereich Rechtliche Grundlagen gezogen werde. Letzlich überzeugten diese Argumente die Studierenden jedoch nicht: sowohl der Beschluss über den Ausschreibungstext als auch der Vorschlag einer Berufungskommission scheiterten am studentischen Gruppenveto.
Ganz kurz – die Sitzung des FBR sollte gleich beginnen – ging es dann noch um die Ideengeschichte, die ja eigentlich der Grund für die IR-Sitzung war. Tanja Börzel forderte, dass der IR sich im FBR für Nichtbefassung mit dem Thema aussprechen solle, da keine Zeit mehr gewesen sei, über das Thema zu diskutieren. Dieser Vorschlag rief großen Unmut bei den Studierenden hervor. Immerhin wird über die Professur im Bereich Ideengeschichte seit ziemlich genau einem Jahr gestritten. Börzels Forderung wurde dennoch von einer Mehrheit im Institutsrat unterstützt, scheiterte letztlich aber erneut am studentischen Gruppenveto.

Interessant war noch, dass den IR-Mitgliedern eine gedruckte Aufstellung der Strukturstellen am OSI ausgehändigt wurde (eine Forderung der OSI-VV vom 12.5.). Insgesamt verfügt das OSI demnach über 110 aus Haushaltsmitteln bezahlten Stellen, ProfessorInnen, SekretärInnen, Wissenschaftliche MitarbeiterInnen und Studentische Hilfskräfte. Von diesen 110 Beschäftigten entfällt genau die Hälfte, nämlich 55, auf den Bereich IB/Regionalstudien, weitere 31 arbeiten im Bereich Politische Systeme und Comparative Politics. Für den Rest des Instituts bleibt da nicht viel übrig: im Bereich Grundlagen der Politik sind gerade einmal sechs Personen beschäftigt. Dazu kommen noch die komplett aus Drittmitteln finanzierten Stellen, bei denen der Bereich IB/Governance ebenfalls deutlich vorne liegen dürfte. Gegen dieses Ungleichgewicht sollte das Institut dringend etwas unternehmen, allein schon deswegen, weil im Lehrplan auch die personell schwachen Bereiche verpflichtend sind (was ja auch richtig und wichtig ist).

Nahtlos ging es weiter…

… und zwar im Fachbereichsrat. Der erste Tagesordnungspunkt „Haushalt“ wurde auf Antrag der Studierenden vertagt, da sich die studentischen VertreterInnen noch nicht ausreichend mit der Materie vertraut machen konnten. Fr. Börzel versuchte anschließend auch in diesem Gremium, die Abstimmung über die Ideengeschichte zu vertagen, scheiterte jedoch knapp. Die anschließende Diskussion drehte sich einerseits um die Ausschreibung, andererseits um die Finanzierung der Stelle. Der neue Dekan Klaus Beck – dessen Stil, die Sitzung zu leiten, übrigens um Längen angenehmer ist als der seiner Vorgängerin Barbara Riedmüller – informierte zunächst über den neuesten Stand aus dem Präsidium. Dieses hat eindeutig gesagt, dass niemand auf eine wie auch immer geartete Stelle berufen wird, solange der Rechtsstreit zwischen Klaus Roth und dem Fachbereich noch anhängig ist. Desweiteren besteht das Präsidium auf einem „Talent scouting“ vor der Veröffentlichung des Ausschreibungstextes. Diese Prozedur ist angeblich Standard bei neuen Berufungen und dient zur vorherigen Sondierung potenzieller KandidatInnen. Zudem sei das Präsidium mittlerweile wieder eher einer Juniorprofessur (Besoldungsstufe W1) zugeneigt als einer Professur auf Zeit (W2, etwas höhere Besoldung), würde eine W2-Professur aber eventuell absegnen, wenn die Finanzierung geklärt sei. Auf die Frage, ob eine W1- oder eine W2-Professur vorzuziehen sei, und wie diese jeweils finanziert werden sollen, konzentrierte sich denn auch die Diskussion, die über eine Stunde dauerte. Die Studierenden sprachen sich für eine W2-Professur auf Zeit (5 Jahre) aus, da diese deutlich höhere Lehrverpflichtungen hat als eine Juniorprofessur (9 Semesterwochenstunden statt 4). Zudem sei eine W2-Professur ohne Ausstattung (Sekretariatsstelle usw.) nicht teurer als eine Juniorprofessur, die Finanzierung damit geklärt. Bei einer Professur auf Zeit besteht zudem immer noch die Chance, Klaus Roth darauf zu berufen, was bei einer Juniorprofessur völlig ausgeschlossen wäre. Diesen Argumenten, v.a. im Bezug auf die Finanzierung, wurde teilweise widersprochen. Die W2-Professur würde etwa bereits binnen fünf Jahren die selbe Summe erfordern, wie eine Juniorprofessur in sechs Jahren. Damit sei der Vorschlag nicht kostenneutral. Auch die Frage, wie es nach fünf Jahren weitergehen soll, bleibt erst einmal ungeklärt.
Irgendwann kam Bernd Ladwig auf die Idee, vorerst nichts zu beschließen und auf eine „belastbare, schriftliche Stellungnahme“ des Präsidiums zu warten. Diesem Vorschlag wurde widersprochen, da viele Anwesende mittlerweile eine Art Patt-Dreieck erkennen konnten. Auf der einen Seite wartet das Präsidium auf einen Beschluss des FBR und einen Ausgangs von Klaus Roths Klage; auf der zweiten Seite wartet der FBR auf ein Signal vom Präsidium, um Klaus Roth möglicherweise als Gegenleistung für ein Zurückziehen der Klage eine Stelle anbieten zu können; und auf der dritten Seite steht Klaus Roth, wartet auf ein Signal vom Fachbereich und auf den Ausgang seines Gerichtsverfahrens. Vor allem die Studierenden forderten, dass der FBR diese Blockade durchbrechen müsse. Als es schließlich fast so weit war – die Studierenden ergänzten gerade einen letzten Satz am Ausschreibungstext – meldete sich Tanja Börzel zu Wort und forderte auf ziemlich aggressive Weise, der Ausschreibung nur zuzustimmen, wenn das OSI keine zusätzlichen Kosten tragen muss. Es ergab sich erneut eine hitzige Diskussion, die damit endete, dass in den Beschluss über die Ausschreibung ein Kostenvorbehalt eingefügt wurde.
Schließlich wurde der Ausschreibungstext mit großer Mehrheit beschlossen, damit schreibt das OSI bzw. der Fachbereich Politik- und Sozialwissenschaft nun eine W2-Professur auf Zeit im Bereich Ideengeschichte aus.

Fazit

Beide Sitzungen hätten sicherlich besser laufen können. Ärgerlich ist vor allem die Abwicklung des Diploms, und wir werden versuchen, wenigstens für die im Wintersemester 2008/09 neu Immatrikulierten eine Lösung zu finden. Die Diskussion über die Internationales-Recht-Professur hat gezeigt, wie verhärtet die Fronten zwischen dem SFB und seinen KritikerInnen teilweise immer noch sind, quer durch die Statusgruppen hindurch. Der erneute Verzögerungsversuch im IR im Bezug auf die Ideengeschichte ist hingegen ein Unding – seit einem Jahr wird über diese Stelle gestritten, es gab Podiumsdiskussionen, Vollversammlungen und Aktionen, von unzähligen IR- und FBR-Sitzungen ganz zu schweigen. Nun auf einmal Diskussionsbedarf anzumelden, erweckt keinen redlichen Eindruck. Ein großer Fortschritt ist, dass die Ideengeschichtsprofessur nun immerhin schon mal ausgeschrieben ist. Nun wird sich zeigen, wie das Präsidium auf diesen Beschluss reagiert und ob uns weitere Steine in den Weg gelegt werden. Ausserdem bleiben zwei wichtige Fragen zu klären: wer vertritt im nächsten Wintersemester die Ideengeschichte (es ist unwahrscheinlich, dass rechtzeitig jemand berufen wird), und was passiert nach dem Ablauf der fünf Jahre, auf die die W2-Professur befristet ist? Auch der Finanzierungsvorbehalt könnte noch zum Problem werden, obwohl sich Tanja Börzel und andere die Frage gefallen lassen müssen, wie sie sich denn die Lage am Institut vorstellen? Da ist ein kompletter Bereich vakant, der in allen Studienordnungen am OSI zum Erreichen eines Abschlusses notwendig ist. Mensch könnte auch argumentieren, dass das OSI hier fast schon verpflichtet ist, notfalls Geld in die Hand zu nehmen, um überhaupt seine Verpflichtungen auch gegenüber den Studierenden zu erfüllen. Zumal am Institut ja Geld da ist (zwar nicht so viel wie nötig, aber immerhin) – dieses Geld ist nur falsch verteilt. Elf Professuren und 44 andere MitarbeiterInnen im Bereich IB/Governance im Vergleich zu zwei Professuren und vier weiteren Beschäftigten im Bereich Grundlagen der Politik sprechen eine deutliche Sprache.

Nächste Termine

Nächste Sitzung des Institutsrats: Mittwoch, 10.6., wahrscheinlich 9 Uhr s.t. im Hörsaal B/Ihnestr. 21
Nächste Sitzung des Fachbereichsrats: Mittwoch, 17.6., wahrscheinlich 10 Uhr im Hörsaal B/Ihnestr. 21
Nächstes Treffen der FSI OSI an der Uni: Dienstag, 9.6., um 14 Uhr im/vorm Roten Café.
Bildungsstreik: 15.-19.6. – eine hervorragende Gelegenheit, selbst aktiv zu werden und mal ordentlich Druck auszuüben!

Offener Brief wegen Klaus Roths Kündigung

Wie bereits berichtet, hat das Präsidium die Finanzierung der Gastprofessur von Klaus Roth eingestellt. Das OSI und der Fachbereich Politik- und Sozialwissenschaften übernehmen die Kosten ebenfalls nicht, so dass Roth ab Beginn des Sommersemesters ohne Job dasteht. Verschiedene Menschen aus unterschiedlichen hochschulpolitischen Zusammenhängen (FSI, JuSos, Grüne Hochschulgruppe, Initiative für die Ideengeschichte usw.) haben einen offenen Brief verfasst, den wir an dieser Stelle ebenfalls veröffentlichen:

Offener Brief

An den Präsidenten der Freien Universität Berlin
Herrn Prof. Dr. Dieter Lenzen
Kaiserswerther Str. 16-18
14195 Berlin

An den Kanzler der Freien Universität Berlin
Herrrn Peter Lange
Kaiserswerther Str. 16-18
14195 Berlin
An den neuen Dekan des Fachbereichs Politik- und Sozialwissenschaften
Herrn Prof. Dr. Klaus Beck
Ihnestraße 21
14195 Berlin

An den geschäftsführenden Direktor des Otto-Suhr-Instituts für Politikwissenschaft
Herrn Prof. Dr. Peter Massing
Ihnestraße 22
14195 Berlin

An die Mitglieder des Fachbereichsrates
Politik- und Sozialwissenschaften

An die Mitglieder des Institutsrates
des Otto-Suhr-Instituts für Politikwissenschaft

Betreff: Situation am Arbeitsschwerpunkt Theorie und Ideengeschichte im Sommersemester 2009
Berlin, d. 11.03.2009

Sehr geehrter Herr Präsident Prof. Dr. Lenzen, sehr geehrte Damen und Herren,

vor einigen Tagen mussten wir erfahren, dass die Vertretungsprofessur in Politischer Ideengeschichte am Fachbereich Politik- und Sozialwissenschaften, momentan ausgeführt durch Priv.-Doz. Dr. Klaus Roth, überraschenderweise nicht für das Sommersemester verlängert wird.
Die Vollprofessur Politische Ideengeschichte ist seit der Emeritierung von Herrn Prof. Dr. Göhler vakant und wurde seitdem von Herrn Priv.-Doz. Dr. Roth in Form einer Vertretungsprofessur vertreten. Durch eine Änderung des Strukturplanes am Fachbereich wurde diese Vollprofessur schon im letzten Jahr zu Lasten der Ideengeschichte zu einer Juniorprofessur mit Tenure Track heruntergestuft. Jetzt soll auch noch die Vertretungsprofessur gestrichen werden.
Wir fordern hiermit die verantwortlichen Stellen auf, diese Entscheidung unverzüglich zurückzunehmen um den Arbeitsschwerpunkt Theorie und Ideengeschichte am Institut nicht noch weiter zu schwächen. Darüber hinaus muss auf lange Sicht der Arbeitsschwerpunkt personell und finanziell wieder gestärkt werden, kurzfristig mindestens die Vollprofessur in Politischer Ideengeschichte wiedereingerichtet werden.

Zu den Gründen:
1. Da das Berufungsverfahren für die neu geschaffene Juniorprofessur noch nicht aufgenommen ist und eine Besetzung frühestens zum kommenden Wintersemester möglich ist, gäbe es im Sommersemester überhaupt keine laufende Professur in Politischer Ideengeschichte mehr.
2. Aufgrund der enormen Bedeutung der Politischen Ideengeschichte als Grundlage für jedes politikwissenschaftlich reflektierte Arbeiten sehen zurecht viele Bachelor– und Diplomstudienordnungen Politische Ideengeschichte als Pflichtmodul vor, was u.a. den Besuch der Vorlesung beinhaltet. Da diese Vorlesung ausfallen würde, wäre das Modul im Sommersemester für sehr viele Studierende nicht abzuschließen, und sie wären hinsichtlich der Planung ihres Studiums erheblichen Schwierigkeiten ausgesetzt.
3. Darüber hinaus würden die von Herrn Priv.-Doz. Dr. Roth angekündigten Seminare ausfallen, was das Lehrangebot im Bereich Theorie und Ideengeschichte noch weiter ausdünnen würde. Folge dessen wäre auch, dass sich die Platzsituation in den übrigen Lehrveranstaltungen noch einmal drastisch verschlechtert.
4. Insbesondere für die vielen Lehramtsstudierenden hätte der nicht vorhersehbare Ausfall der Lehrveranstaltungen schwerwiegende Konsequenzen. Da sich Veranstaltungen ihrer 3 Fachbereiche in der Regel überschneiden, muss ein reguläres Angebot dieser Veranstaltungen in jedem Semester gesichert werden. Ein Ausfall hätte für viele Studierende eine erhebliche Verzögerung ihres Studiums zur Folge.
5. Die Theoriesektion der Deutsche Vereinigung für Politische Wissenschaft (DVPW) hat in ihrem Offenen Brief an das Präsidium vergangenen Sommer erklärt, dass die Ideengeschichtsprofessur am Otto-Suhr-Institut eine bundesweite Bedeutung einnimmt. Gerade im Zuge der ohnehin stattfindenden Marginalisierung der Ideengeschichte am Institut ist es nicht akzeptabel, das Lehrangebot in diesem Bereich auch nur für ein Semester in dieser drastischen Form einzuschränken. Den Studierenden muss weiterhin die Relevanz der Ideengeschichte für die Politikwissenschaft deutlich sein. Das Lehrangebot im kommenden Semester setzt leider ein entgegengesetztes Signal.
6. Auch verurteilen wir den Umgang mit Herrn Priv.-Doz. Dr. Roth, der seit Jahren an der Freien Universität arbeitet und dem das erwartete Fortlaufen der Vertretungsprofessur unerwartet entzogen wurde. Die Lehrveranstaltungen von Priv.-Doz. Dr. Roth sind durch große fachliche Kenntnis gekennzeichnet. Damit hat er bei vielen Studierenden eine hervorragende Grundlage für das Verständnis des europäischen politischen Denkens gelegt. Vor allem die Vermittlung der Relevanz des Juden- und Christentums sowie des christlichen Mittelalters für das moderne politische Denken gehört zu seinen Leistungen. Nicht zuletzt wegen dieser fachlichen Stärke stellt Priv.-Doz. Dr. Roth eine große Bereicherung für das Institut dar und ist in der Folge auch
bei den Studierenden geschätzt.

Die Zeit bis zum Sommersemester drängt. Der Verbleib von Herrn Priv.-Doz. Dr. Roth am Fachbereich muss von Ihnen gesichert werden. Die angebotene Ersatzbesoldung am Fachbereich ist offensichtlich unzureichend. Es wäre fatal, wenn eine Universität, die vorgibt führend zu sein, es nicht einmal schafft, eine kontinuierliche Vertretungs- bzw. Vollprofessur in Politischer Ideengeschichte zu gewährleisten.

Mit freundlichen Grüßen,
(es folgen die Namen der Unterzeichnenden Personen und Gruppen

Wie Klaus Roth vom Institut abserviert wird

Vor einigen Tagen lief eine E-Mail über die einschlägigen studentischen Verteiler, die einen weiteren Tiefpunkt in Sachen Umgang mit kritischen WissenschaftlerInnen an der FU beschrieb. Dieses Mal geht es um Klaus Roth, der bis letztes Semester den Bereich Politische Ideengeschichte am OSI betreute und seit Sommer 2006 mit einer Gastprofessur die vakante Stelle in diesem Bereich vertrat. „Moment mal,“ werden sich manche jetzt fragen, „bis letztes Semester?!?“ Leider ja, denn der Kanzler der FU, Herr Lange, hat auf Anweisung des Präsidialamtes verfügt dass die Gastprofessur nicht mehr vom Präsidium bezahlt wird. Das OSI hat sich, noch unter dem alten Geschäftsführenden Direktor Peter Massing, natürlich mit dieser Vorgabe abgefunden. Ob und mit wieviel Nachdruck Widerspruch eingelegt wurde, ist leider nicht bekannt. Ebenso unklar ist die Motivation des Präsidiums. Lange soll jedoch dem OSI vorgeschlagen haben, die Gastprofessur doch über die Mittel des Fachbereichs Politik- und Sozialwissenschaften zu bezahlen; der Fachbereich PolSoz ist zwar angeblich der reichste Fachbereich der FU, ist aber dennoch hoch verschuldet und gerade das OSI versucht seit gut eineinhalb Jahren beharrlich, Überhangstellen abzubauen (siehe bspw. hier). Dementsprechend wurde daraus natürlich nichts. Als einziges „Entgegenkommen“ gegenüber Roth bot die Institutsleitung ihm an, seine bisherige Arbeit auf Basis besoldeter Lehraufträge weiterzumachen – dafür gibt es allerdings nur noch ein Drittel so viel Geld wie für die (ohnehin nicht üppig bezahlte) Gastprofessur. Roth lehnte dieses Angebot denn auch als „sittenwidrig“ ab. Ein kleiner Trost für seine (ehemaligen) Studierenden: Roth übernimmt weiter die bereits zugesagten Betreuungen aus vergangenen Semestern – Diplom- und B.A.-Prüfungen, Hausarbeits- und Klausurenkorrektur usw.
Nach dieser – völlig richtigen – Entscheidung sieht es nun noch einmal düsterer für die Politische Ideengeschichte aus, als ohnehin schon. Zum einen entfallen natürlich die Lehrveranstaltungen, die Roth im Sommersemester angeboten hätte. Zum anderen hat der Bereich Politische Ideengeschichte nun vorerst keinen prüfungs- und damit betreuungsberechtigten (Gast-)Professor mehr an der Spitze. Hauptseminare, Projektkurse und die darin geschriebenen Arbeiten dürfen aber nur Lehrenden mit Habilitation durchgeführt bzw. bewertet werden (anders als Proseminare, wo eine Promotion reicht). So betrifft der Weggang von Roth vermutlich mehr Veranstaltungen, als nur die von ihm selbst angebotenen. Es sei denn, aber hier betreten wir das Reich der Spekulation, ein anderer Professor übernimmt die Betreuung für Veranstaltungen und Notenvergabe im Modul Ideengeschichte. Bernd Ladwig würde sich hier natürlich wegen fachlicher „Nähe“ anbieten, ausserdem hat er schon mehrmals erwähnt dass er bereit wäre die Ideengeschichte mit zu betreuen. Das könnte – Betonung auf dem Konjunktiv – letzten Endes dazu führen, dass die Ideengeschichte entweder jetzt oder nach dem Auslaufen der neu eingerichteten Juniorprofessur doch komplett abgewickelt wird.

Was tun?

Diese Frage stellte sich schon Lenin, eindeutig beantworten können wir sie aber natürlich auch nicht. Allerdings gibt es mehrere Möglichkeiten: die politische Situation am Fachbereich und am Institut hat sich seit den Wahlen zu den akademischen Gremien deutlich verschoben. Das neue Dekanat und die neue Institutsleitung könnten durchaus bereit sein, das komplette Verfahren um den neuen Strukturplan (einer von vielen Artikeln dazu: hier) neu aufzurollen und der Ideengeschichte wieder zu mehr Gewicht zu verhelfen. Darauf verlassen sollten wir uns allerdings nicht. Und von allein passiert da sowieso nichts – deshalb wird es wohl darauf hinauslaufen (müssen), dass wir als Studierende wieder einmal selbst aktiv werden, ausserhalb der Gremien. In diesem speziellen Fall stehen auch die Chancen nicht schlecht, Unterstützung von anderen Wissenschaftlichen MitarbeiterInnen, PrivatdozentInnen und anderen Lehrenden zu erhalten.

Unsere Solidarität gilt in jedem Fall zunächst einmal Klaus Roth, dem ab Beginn des Sommersemesters (1. April) nur noch der Weg zum Arbeitsamt bleibt.

Unterschriftenkampagne gegen Schließung der Mensa I

Wie schon auf mehreren anderen Blogs – z.B. auf dem der FSI Wirtschaftswissenschaften – berichtet wurde, soll die Mensa I (auch bekannt als „kleine Mensa“ oder „JuristInnenmensa“) nach dem Sommersemester 2009 für Sanierungsarbeiten geschlossen werden. Für die Sanierung sind dabei sage und schreibe 24 Monate geplant. Angeblich sei dies notwendig, weil andernfalls Auflagen der Gesundheitsbehörde nicht mehr zu erfüllen seien. Seit dem Bekanntwerden dieser Information gibt es allerdings immer wieder widersprüchliche Informationen, was im Anschluss an die Sanierung mit dem Gebäude passiert. Ursprünglich hieß es noch, die Essensversorgung solle auf eine Cafeteria im Erdgeschoss beschränkt bleiben, während die oberen beiden Stockwerke „einer anderen Nutzung zugeführt“ werden. Die Cafeteria würde auch zu Normalpreisen wirtschaften, d.h. kein verbilligtes Essen für Studierende mehr anbieten.

Unklare Verhältnisse

Über die Art der „anderen Nutzung“ herrscht jedoch Unklarheit: auf mehrere Anfragen von Gabriel Babel (Vorsitzender des FSR Jura) schoben sich das Studentenwerk und das Präsidium gegenseitig die Bälle zu. Vor allem die Informationspolitik des Präsidiums lässt für hochschulpolitisch erfahrene Menschen nichts Gutes erahnen. Nachdem gegenüber Gabriel eine Verantwortung zunächst grundsätzlich abgestritten wurde, sicherte das Bauamt der FU ihm zu, eine Stellungnahme abzugeben. Das ist aber bis heute nicht passiert, trotz mehrerer Nachfragen von Seiten der Studierenden. Auch die Baubehörde Steglitz-Zehlendorf weiß noch von nichts, wie die LHG herausfinden konnte – die Behörde schreibt allerdings selber, dass bei baulichen Veränderungen im Inneren des Gebäudes eine Genehmigung ihrerseits nicht unbedingt erforderlich sei. Da das Gebäude unter Denkmalschutz steht, müsste allerdings auch das Denkmalschutzamt eingeweiht sein, doch auch dort wusste mensch noch von keinen (Um-)Bauplänen.
Nach mehreren Treffen von Studierenden der betroffenen Fachbereiche (Jura, Wirtschaftswissenschaften, Politik- und Sozialwissenschaft, Biochemie) aus verschiedenen Hochschulgruppen haben wir jetzt eine Unterschriftenliste erstellt, die die Verantwortlichen auffordert:

– die Mensa I dauerhaft zu erhalten
– die Sanierungszeiten auf ein für uns erträgliches Maß zu begrenzen
– die Studierenden und die Gremien der betroffenen Fachbereiche umfassend zu informieren
– die Versorgung der Studierenden zu studentischen Preisen zu sichern.

Die Unterschriftenlisten liegen im AStA und in studentischen Cafés (Café Tatort bei den JuristInnen, Rotes Café bei PolSoz) aus und können ausserdem hier heruntergeladen und ausgedruckt werden. Abgeben kann mensch die ausgefüllten Listen im AStA oder im Café Tatort. Letzteres findet ihr in der Boltzmannstraße 3, das ist das alte Gebäude schräg gegenüber vom Vorplatz des Henry-Ford-Baus.

Von Bestandsbereinigung, Runden Tischen und Präsidialer Entscheidungsfindung

Neun Uhr morgens in der Ihnestraße 21. Die Mitglieder des FBR PolSoz, zahlreiche BibliotheksmitarbeiterInnen und Studierende haben sich eingefunden, um über ein Thema zu diskutieren, das derzeit für heftige Unruhe unter den Studierenden der Politikwissenschaft, der Ethnologie, Publizistik- und Kommunikationswissenschaft und der Soziologie sorgt: die Zusammenlegung der sozialwissenschaftlichen Bibliotheken, die später in einer Integration in den Bestand der Universitätsbibliothek (UB) gipfeln soll. Ein Prozess, an dessen Ende der Fachbereich nicht nur ohne eigene Bibliothek, sondern auch mit 200 000 bis 400 000 Büchern – über die Zahlen konnte auch heute keine Einigkeit erzielt werden – weniger dastehen würde. Bei der Sitzung vom 23.1. war nun erstmals eine Vertreterin des Präsidiums, Frau Lehmkuhl, anwesend. Sie sollte die Debatte „versachlichen“ und die Pläne des Präsidiums und der FU-Bauabteilung erläutern.
In einer ersten, derzeit bereits angelaufenen Stufe, soll der Bestand der publikationswissenschaftlichen Bibliothek in die Bibliothek des OSI eingegliedert werden. Dieser Prozess soll bis 1.4.2008 abgeschlossen sein; die PuK-Bücher nehmen dabei hauptsächlich Platz ein, der im Ost-Europa-Institut geschaffen wurde, durch Verlagerung der dortigen Literatur nach Lankwitz. Ziel ist es, so Lehmkuhl, eine „Lehrbibliothek“ mit häufig verwendeter Literatur in Dahlem zu schaffen, und eine „Forschungsbibliothek“ am abgelegenen Standort in Lankwitz. Dies zeigt, wie weit sich die FU vom einstigen Bildungsideal einer Einheit von Forschung und Lehre bereits entfernt hat.

Die zweite Stufe – der Plan „UB 2020“

Wirklich interessant wurde es dann, als es um die fernere Zukunft der PolSoz-Bibliotheken ging. Es ging erneut um die bekannten zwei Alternativen, als da wären: der Bau einer neuen, integrierten und eigenständigen Bibliothek für den Fachbereich PolSoz, der dem Platzmangel durch die Aufnahme der PuK- und Ethnologiebibliothek im OSI Rechnung trägt, oder die Erweiterung und Renovierung der UB, in die die Literatur der Politik- und Sozialwissenschaften anschließend aufgenommen wird. Letztere Lösung wird vom Präsidium, der OSI-Bibliotheks- und UB-Leitung und zumindest von Teilen des Instituts- und Fachbereichsrats favorisiert. Die Gründe dafür ergeben sich ganz einfach aus den üblichen „Sachzwängen“. Vor allem die chronisch knappen Kassen der Hochschulen und anstehende MÖGLICHE (nicht beschlossene) weitere Kürzungen im Jahr 2009 wurden als Begründung für die nötige „Bestandsbereinigung“ (Fr. Lehmkuhl) angeführt. Welchen Umfang diese „Bestandsbereinigung“ haben soll, konnte – wie schon letzte Woche im Institutsrat – nicht endgültig geklärt werden. Hier nahm die Debatte teilweise komische Züge an, etwa als Fr. Lehmkuhl ganz irritiert fragte, woher denn die Zahl von 350 000 ausgesonderten Büchern kam. Noch irritierter wurde sie, als ihr von studentischer Seite genüßlich aus einer Pressemitteilung des Präsidiums zitiert wurde, in der eben diese Zahl auftaucht. Es folgte das übliche, fast schon die Intelligenz beleidigende Schauspiel der Relativierung dieser Zahlen – es handele sich ja nur um Literatur von vor 1990, nur Dubletten wären betroffen (wobei die FU natürlich „niemals eine Ein-Buch-Politik“ verfolgt habe, meinte jedenfalls Fr. Lehmkuhl), wir Studierenden sollten „vielleicht erstmal Mathematik studieren“ (UB-Leiter Naumann), und im übrigen – Sachzwang, ick hör dir trapsen – wäre das nunmal notwendig. Schließlich, so die Leiterin der OSI-Bibliothek Fr. Zehrer, ginge es ja v.a. um „Geld und Raum“. Auf die berechtigten Einwände der Studierenden, dass schon jetzt vielfach zu wenig Literatur für ein effektives Studium vorhanden sei, wurde mit dem hanebüchenen Argument gekontert, dass ein Stadtstaat wie Berlin ja schließlich noch eine Staatsbibliothek und die Bibliotheken zweier weiterer großer Universitäten habe. Na dann ist ja alles in Ordnung.

Der „Runde“ Tisch oder: wie verkaufe ich Hinterzimmergeklüngel als demokratische Partizipation?

Auf die, auch von ProfessorInnenseite immer wiederkehrende Kritik an der bisherigen Entscheidungsfindung in der Sache der Bibliotheken, verkündete Fr. Lehmkuhl die Einrichtung eines „Runden Tisches“. Im Prinzip ja keine schlechte Sache, wenn mensch einmal davon absieht, dass eine derartige Partizipation eigentlich selbstverständlich sein sollte. Wie gesagt, im Prinzip. Auf mehrmaliges Nachfragen der FSI OSI kam nämlich heraus, dass an diesem „Runden“ Tisch lediglich das Präsidium und einE VertreterIn des Dekanats sitzen sollen. Beteiligung von Studierenden oder gar MitarbeiterInnen der PolSoz-Bibliotheken: Fehlanzeige, wie so oft an dieser Uni. Was nun folgte, könnte mensch als Lehrstück in Sachen Neusprech, „gelenkte Demokratie“ und Selbstherrlichkeit bezeichnen.
Fr. Riedmüller, die sich offensichtlich schnell mit dem Gedanken anfreunden konnte, an einem „Runden“ Tisch mit dem Präsidium zu klüngeln, verwies wie zur Beschwichtigung auf ihre Position, dass die Pläne „ein Zugewinn und keinen Verlust darstellen müssen“. Nur: wer definiert wie, was ein „Zugewinn“ ist? Sind die gebetsmühlenartig wiederholten längeren Öffnungszeiten ein Zugewinn? Sind aussortierte Dubletten in einer Größenordnung von mehreren Hunderttausend Bänden ein Verlust, oder doch ein (Effizienz-)Gewinn? Was, wenn wir Studierenden ganz andere Vorstellungen von „Zugewinnen“ und „Verlusten“ haben, als Fr. Riedmüller, Fr. Lehmkuhl und das Präsidium?
Auf die Frage, wie denn die Wünsche und Vorstellungen der Studierenden in das Projekt einfließen sollen, wenn deren Stimmen gar nicht gehört werden, antwortete Fr. Lehmkuhl mit der Aussage, sie wisse schon, was unsere Interessen seien. Schließlich wäre sie ja auch einmal Studentin gewesen. Diese Aussage brachte ihr schallendes Gelächter von Seiten der Studierenden ein. Als der Unmut über diesen „Runden“ Tisch zunehmend größer wurde, schlug die Stunde des Riedmüllerschen Neusprechs. Sie wolle ja niemanden ausschließen, hieß es dann, sie könnte ja ein paar Studierende mit einladen zu diesen „Runden Tischen“, bei den Institutsratssitzungen könnte mensch ja auch „mal“ zuschauen – das beweise doch, dass sie eine glühende Verfechterin der universitären Demokratie ist (Überspitzung v. Verf.). Es ist unglaublich, mit welcher Unverfrorenheit hier einfachste und elementarste demokratische Grundregeln als „Zugeständnis“ und „Entgegenkommen“ verkauft wurden. Nur zur Erinnerung: Instituts- und Fachbereichsratssitzungen sind GRUNDSÄTZLICH ÖFFENTLICH! Dazu kam noch das unsägliche Verhalten von Fr. Riedmüller, die sich auch nach mehrmaligem Protest nicht ihr vermeintliches Recht nehmen ließ, Redebeiträge zu unterbrechen, während Wortmeldungen mit ihrer Nachbarin zu reden oder sich einfach so auf die Redeliste zu setzen.

Wie geht es weiter?

Der FBR beschloss letztendlich, die bestehende Bibliothekskommission um die noch nicht vertretenen Statusgruppen, d.h. vor allem Studierende, zu erweitern, und mit dieser erweiterten Bibliothekskommission die Entwicklungen und Planungen am FB PolSoz im Auge zu behalten. Der FBR soll nur auf Grundlage der Empfehlungen dieser Kommission eine Entscheidung über die Bibliotheksstruktur treffen, und – last but not least – der Fachbereich soll sich diese Entscheidung auch nicht aus der Hand nehmen lassen (laut Berliner Hochschulgesetz ist für solche Entscheidungen nämlich der Fachbereich, und zwar NUR der Fachbereich, zuständig). Dieser Beschluss ist in jedem Fall deutlich klarer und weniger windelweich als der des Institutsrats OSI von letzter Woche – dennoch gilt es, die weiteren Entwicklungen genau zu verfolgen.
Es wird am 31.1. Aktionen zu dem Thema geben, und es wird auch auf der Demo thematisiert werden.
Unter der Rubrik „Themen“ hier im Blog gibt es noch eine Zusammenfassung der Ergebnisse, welche auch als Flyer verteilt wird/wurde.

I-Rat vorerst gegen Bibliothekenzusammenlegung

Heute morgen haben sich die Mitglieder des I-Rates „vor dem Hintergrund des aktuellen Diskussionsstandes“ gegen die Integrierung der sozial-wissenschaftlichen Bibliotheken in die UB ausgesprochen.
Die eingeladenen UB-Vertreter Naumann und Kende konnten keine fachlichen Vorteile für eine Zusammenlegung vorbringen, ihre Argumente bezogen sich lediglich auf die üblichen Sachzwanglogiken ( zu wenig Geld für den Unterhalt mehrer Bib-Standorte; notwendige Personaleinsparungen etc.).
Entschieden wurde letztendlich jedoch nichts, da das zuständige Gremium hierfür der Fachbereichsrat ist.
Dieser tagt nächsten Mittwoch, 23.01.08, um 9.00 im Hörsaal B, Ihne 21. Es wäre super, wenn dann wieder so viele Studis wie heute morgen auftauchen!

Brief an Vizepräsidentin Lehmkuhl

Ein Beispiel, wie etwa der Protest per E-Mail oder Post ans Präsidium aussehen könnte, gibt es hier…

Sehr geehrte Frau Lehmkuhl,
ich bin Student/-in am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft. Mit Erschrecken mussten wir vor einiger Zeit erfahren, dass das Präsidium plant, die Bibliotheken des OSI, der Ethnologie, der Publizistik und Kommunikationswissenschaft sowie der Soziologie zu schließen und deren Bestände mit der Universitätsbibliothek zusammenzufassen. Wie mittlerweile an unserer angeblich so demokratischen „Freien“ Universität üblich, wurde diese Entscheidung natürlich von oben verkündet, statt sie im Dialog mit den Betroffenen – dazu gehören auch, und in diesem Fall vor allem, die Studierenden – zu erarbeiten. Selbst im Institutsrat waren etwa 3/4 der Anwesenden geschockt von der Nachricht, dass die Verlagerung bereits beschlossene Sache sei.
Viel schlimmer ist jedoch: zwischen 200 000 und 500 000 Bücher aus den Beständen der einzelnen Fachbereichsbibliotheken sollen „ausgesondert“ werden. Diese Bücher werden uns als Studierenden nicht mehr zur Verfügung stehen. Dass es sich dabei um Dubletten handelt, ist ein schwaches Argument: schon heute muss mensch oft wochenlang auf ein Buch warten. Wochen, in denen die Arbeit an Hausarbeiten, Referaten oder Forschungsprojekten gezwungenermaßen auf Eis liegt – sofern mensch sich die benötigte Literatur nicht anderswo kostenpflichtig beschafft. Diese Situation wird sich dadurch, dass jedes Buch nur noch einmal am Fachbereich oder gar an der gesamten FU vorhanden sein wird, deutlich verschärfen. Natürlich, sagen jetzt die BefürworterInnen Ihres Projekts (im Vertrauen, viele sind das nicht), aber dafür gibt es ja dann verlängerte Öffnungszeiten, besser ausgestatte Arbeitsplätze und und und in der neuen Bibliothek. Nur: was nützt mir eine tolle Internet-Multimedia-Arbeitsstation, wenn ich meine Literatur nicht kriege? Was nutzen mir verlängerte Öffnungszeiten, wenn die letzte U-Bahn nach Dahlem um Mitternacht fährt? Sollen die StudentInnen in der neuen Bibliothek übernachten? Wie kann es ausserdem sein, dass eine für FÜNFZEHN MILLIONEN Euro frisch ausgebaute Bibliothek, die die Literatur eines ganzen Fachbereichs beherbergen soll, für eben diese Literatur nicht genügend Platz hat? Aber vielleicht würde ein zu großes Magazin ja das Design stören, dem nächsten Stararchitekten an der FU unnötig Freiheiten bei der Gestaltung nehmen oder schlicht und einfach später zu viel Geld kosten – das musste ja schließlich schon für den Bau ausgegeben werden.
Das Präsidium begründet die Maßnahme unter anderem damit, dass in der OSI-Bibliothek zu wenig Platz sei. Wissen Sie auch wieso? Mit Sicherheit! Es handelt sich schließlich um ein vom Präsidium hausgemachtes Problem, nämlich die Umwidmung der Gebäude des Ethnologischen Instituts zu einer Privat-Uni in einer Public-Private-Partnership mit dem Klett-Verlag. Noch eine Maßnahme, über die die Betroffenen erst informiert wurden, als die Entscheidung bereits gefällt war. Nicht zuletzt durch die Aufnahme der Bücher aus der Ethnologischen Bibliothek herrscht jetzt Platznot am OSI. Ein durch autokratische Maßnahmen selbst geschaffenes Problem soll also durch eine weitere autokratische Maßnahme behoben, beziehungsweise, objektiv betrachtet, noch weiter verschärft werden.
Ein Vorschlag zum Schluss: das Präsidium wendet sich wieder der ursprünglichen Planung zu, die eine Sanierung der UB für sechs Millionen und eine Vergrößerung und Sanierung der OSI-Bibliothek für weitere sechs Millionen Euro vorsah. Das spart noch dazu drei Millionen Euro, die beispielsweise für die schon lange ausstehende Berufung einer Professur „Politische Ideengeschichte“ ausgegeben werden könnten. Oder für neue Bücher. Oder dafür, das gesamte Präsidium in den Ruhezustand zu schicken.
Keine freundlichen Grüße:

kopieren, einfügen, umändern, an vp1@fu-berlin.de schicken…