Richtiges Zitieren: Mission Impossible?

Richtiges Zitieren ist nicht nur eine Frage der Ehre (wer will sich schon mit fremden Federn schmücken?), sondern auch des wissenschaftlichen Arbeitens und des Urheberrechts. Leider gibt es immer wieder Unklarheiten im Hinblick auf das richtige Zitieren. Dieser Artikel soll einen Einblick in die richtige Zitierweise geben.

Fußnoten, Quellenangaben, Zitate, Literaturverzeichnis: was ist was?

Zitate: Zitate sind fremde Gedanken, die man als solche kenntlich macht. Zunächst sprachlich durch Verwendung der indirekten Rede. Aber auch rein äußerlich durch setzen einer Fußnote am Ende des Zitates.

Fußnote: Die Fußnote führt vom eigentlichen Zitat ans Ende der Seite und gibt Auskunft über die Quelle des Zitates.

Quellenangabe: Sie befindet sich am Ende der Seite nach der Fußnote und gibt die Fundstelle (=Quelle) an, von welcher das Zitat stammt.

Literaturverzeichnis: Hier befinden sich separat aufgelistet (mit Ausnahme der Quellen für die Rechtsprechung) alle Quellenangaben.

In exakt dieser Reihenfolge erfolgt auch das Arbeiten mit Zitaten: erst findet man einen fremden Gedanken, den man in die Arbeit einbringt (Zitat). Dann macht man den fremden Gedanken kenntlich (Fußnote) und trägt die Herkunft des Gedankens ein (Quellenangabe). Anschließend trägt man die Quellenangabe noch in ein separates Verzeichnis ein (Literaturverzeichnis), damit der Leser auf den ersten Blick sehen kann, welche Literatur herangezogen wurde.

Was muss ich zitieren?

Kurz: alles, was nicht das Ergebnis des eigenen Denkens ist! Wenn fremde Gedanken in den eigenen Text aufgenommen werden, so sind diese auch als solche mit einer Fußnote und Quellenangabe kenntlich zu machen. Andernfalls kann der Leser (und auch der Korrektor) nicht erkennen, was eigene Leistung und was fremde Leistung ist. Der Verdacht liegt dann nahe, dass man eine fremde Leistung als eigene ausgeben wollte. Übrigens: das gilt auch für umformulierte Aussagen![1]

Muss ich wörtlich zitieren?

NEIN! Vermeide bitte wörtliche Zitate! Diese sind nur dann (und wirklich nur dann!) erlaubt, wenn es auf den exakten Wortlaut ankommt! Das ist jedoch sehr selten der Fall. Als Faustregel mag man folgendes sagen können: wenn eine Aussage bei anderen Autoren als wörtliches Zitat auftaucht, dann wird man als Student gut beraten sein, es ebenfalls wörtlich zu zitieren. Bei solchen wörtlichen Zitaten sind diese stets mit „Gänsefüßchen“ zu kennzeichnen und mit Fußnote und Quellenangabe zu versehen. Ansonsten bitte immer in indirekter Rede zitieren.

Bringen viele Fußnoten eine gute Note?

Studenten wird beigebracht, dass Fußnoten nicht dazu missbraucht werden sollen,

  • damit eine Arbeit wissenschaftlich aussehe[2] oder
  • zur Absicherung jedes Satzes ein Zitat verwandt würde[3] oder
  • weil der Leser den Eindruck gewinnen möge, dass viel Material durchgearbeitet wurde und daher nur gut und richig sein könne oder
  • um schlicht das Literaturverzeichnis aufzublähen.

Alle diese Aussagen sind meiner Meinung nach korrekt. Allerdings dürften auch folgende Aussagen korrekt sein:

  • Die Anzahl der Fußnoten sagt zwar noch nichts über die Qualität der Arbeit aus, doch wenn das Literaturverzeichnis arg dünn gerät und nur die wichtigsten Quellen herangezogen wurden („Isch nähm nur den Palland, dat reicht doch…“) gibt es Punktabzug, denn die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit einem Problem braucht eben mehr als nur den Palandt.
  • Fußnoten können zwar nicht verhindern, dass ein Satz angreifbar ist (das ist er immer!), aber ohne Fußnote muss man sich womöglich den Vorwurf gefallen lassen, dass man einen fremden Gedanken nicht gekennzeichnet hat. Es ist also das rechte Maß gefordert!

Und wie zitiere ich nun?

Wie die Gestaltung von Fußnoten und Literaturverzeichnis aussehen soll, ist nicht einheitlich zu beantworten. Man wird sich bei der Erstellung einer Hausarbeit zunächst an der Zitierweise des Dozenten orientieren. Allerdings ist auch das kein Erfolgsrezept, denn der Korrekturassistent mag vielleicht lieber eine andere Zitierweise. Es gibt jedoch viele Bücher, die sich mit den Vor- und Nachteilen sowie auch den No-Gos bei der Zitierweise und der Erstellung des Litersturverzeichnisses beschäftigen. Für uns Studenten empfehlenswert halte ich:

Holm Putzke, Juristische Arbeiten erfolgreich schreiben, 3. Auflage 2010
Byrd/Lehmann, Zitierfibel für Juristen, 2007
Thomas Möllers, Juristische Arbeitstechnik und wissenschaftliches Arbeiten, 5. Auflage 2010

Die Top 5 der Zitierfehler:

Nr. 5: Die Willenserklärung des A ist daher nichtig.1

Auweia! Der Autor, der hier im Zitat herangezogen wird, kennt den Sachverhalt der Hausarbeit gar nicht! Es wird sich daher kein Beleg finden lassen, dass die Willenserklärung des A (!) nichtig ist!

Nr. 4: Die erste Ansicht sieht das als Problem der Zulässigkeit.1
1 BGH in BGHZ 113, 234ff. (240), NJW 2004, 1234; JZ 2004, 567ff.; WM 2004, 332; JA 2004, 887 (fiktive Fundstellen)

Wenn ein Urteil in mehreren Fachzeitschriften abgedruckt ist, so bringt die bloße Aneinanderreihung dieser Fundstellen, in denen jeweils die selbe Entscheidung abgedruckt ist, keinen wissenschaftlichen Mehrwert.

Nr. 3: Damit ist der Vertrag zustande gekommen.1

1Grundlegend für das Zustandekommen von Verträgen: Medicus, AT…

Zusätzliche Informationen, die mit der Lösung des Falls nichts zu tun haben, gehören nicht in die Lösung und auch nicht in die Fußnote. Man mag sich zwar ärgern, dass man als Bearbeiter so viel gelesen hat und das Gelesene jetzt unbedingt „verwursten“ will, aber es hilft nichts: Zitate belegen fremde Gedanken, die man zur Lösung des Falls heranzieht. Was nicht zur Lösung gehört, gehört nicht in die Arbeit.

Nr. 2: Literaturverzeichnis fehlerhaft

Im Literaturverzeichnis müssen ALLE Quellen auftauchen, die auch in den Fußnoten erscheinen und ALLE in den Fußnoten erscheinenden Quellen müssen im Literaturverzeichnis auftauchen. Mathematisch ausgedrückt: Fußnoten = Literaturverzeichnis = Fußnoten. Eine Ausnahme bilden die Quellen für Entscheidungen der Rechtsprechung, welche nicht ins Literatur(!)verzeichnis aufgenommen werden dürfen. Hier entstehende Ungereimtheiten sind ein dickes (Punkte-)Minus, denn sie offenbaren mangelhafte wissenschaftliche Sorgfalt.

Nr. 1: Blindzitate

Da wird jeder Korrektor fuchsig! Auch wenn man es sich als Student nicht vorstellen kann: von jeder (!) Arbeit wird stichpunktartig überprüft, ob die Quellenangabe auch stimmt. Sollte in dieser Stichprobe, zu der sich der Korrektor extra durch juris quält oder (noch schlimmer!) in die Bibliothek geht, sich bereits herausstellen, dass die Quellenangabe nicht stimmt, wird von einer Stichprobe zur umfangreichen Überprüfung übergegangen. Wer dann des Blindzitierens überführt wird, dem kann keine Brillanz in der eigentlichen Lösung mehr helfen.


[1] Putzke, Juristische Arbeiten erfolgreich schreiben,2.A. 2009, Rn. 151

[2] Byrd/Lehmann, Zitierfibel für Juristen, 2007, S. 73

[3] Putzke (Fn. 1), Rn. 151

2 Gedanken zu „Richtiges Zitieren: Mission Impossible?“

  1. Danke für diese hilfreichen Hinweise. Das Buch von Professor Dr. Holm Putzke gibt es inzwischen übrigens schon in der 3. Auflage (2010). Mehr braucht man für eine Haus- oder Seminararbeit nicht!

  2. Vielen Dank für dein Lob und den Hinweis auf die Neuauflage! Ich habe den Artikel bereits dahingehend abgeändert!

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