EinReisebericht – Wie soll das nur im Sommer werden?

Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erleben und genau das trifft auch auf eine Busfahrt von Berlin nach Lviv zu. Die allergrößte Mehrheit der Passagiere Ukrainer oder ukrainisch Stämmige, also waren alle Ansagen der Fahrer auf Russisch (sie sprachen augenscheinlich auch gar kein Deutsch). Da der Bus schon einige Stunden unterwegs war, gab es nur noch Einzelplätze und damit beste Möglichkeiten, mit den Sitznachbarn ins Gespräch zu kommen und ganz unkompliziert neue Leute kennenzulernen. Natürlich gab es auch Bordunterhaltung, es liefen mehrere Folgen der recht gewalttätigen russischen Serie „Joker“.

An deutsche Preise gewöhnt, kam die erste polnische Autobahnraststätte dem Paradies gleich, von den Bezinpreisen in der Ukraine ganz zu schweigen. Weit weniger paradiesisch ist gleichwohl die Qualität der Autobahnen in Polen, direkt hinter der Grenze wurde es sehr rumpelig, erst nach gut und gerne 30 Kilometern besserte sich die Fahrbahn. Alle, die im Sommer von Deutschland nach Wroclaw oder weiter nach Lviv wollen, können sich schon freuen.

In der Ukraine wurde die Autobahn zur Bundesstraße, dafür konnte sich der Asphalt sehen lassen, hier wurde offenbar einiges investiert. Allerdings muss sich der Reisende dann auf krasse und letztlich bedrückende Unterschiede zwischen arm und reich gefasst machen. In einem Dorf stehen unmittelbar nebeneinander schmucke neue Villen und verfallende, aber dennoch bewohnte Häuser. Am Busbahnhof in Lviv, der anders als der Flughafen keine EM-Schönheitskur erfahren hat, weitet sich der Blick auf Plattenbauten, deren beste Zeit lange vorbei ist. Dafür prangt über dem Wartebereich eine riesige Bierwerbung mit Jogi-Löw-Double.

Das „Highlight“ einer solchen Reise ist natürlich die Grenzkontrolle. 5 Stunden und 10 Minuten dauerte es, bis wir schließlich die Ukraine erreichten. Gute 4 Stunden davon verbrachten wir allein auf polnischer Seite, da hatte das eingesammelte Schmiergeld seine Wirkung verfehlt, zumal es an einen Grenzer ging, der mit der eigentlich Kontrolle nichts zu tun hatte. Wohlgemerkt an einen Grenzer auf polnischer Seite… Wir raten daher allen, die zur EURO oder auch sonst in die Ukraine einreisen, sich an etwaigen Schmiergeldsammlungen nicht zu beteiligen. Ein Einfluss des Geldes auf die Kontrolldauer ist jedenfalls nicht nachweisbar. Im Übrigen ging die Kontrolle auf ukrainischer Seite deutlich schneller – und auch freundlicher – vonstatten, als in Polen. Dort schrien sich Busfahrer und Wartepositionsanweiser schon Kilometer vor der Grenze an, dass man Angst haben musste, der Bus würde die Ukraine, wenn überhaupt, dann mit zwei Tagen Verzögerung sehen. Man fragt sich ernstlich, ob auch beim Fanreiseverkehr im Juni diese langen Abfertigungszeiten herrschen werden, denn selbst PKWs brauchten mehrere Stunden. Bei der nicht zu unterschätzenden Anzahl an Fans könnte sich ein veritables Chaos entwickeln. Vielleicht hilft aber auch eine Art EU-Bonus und Wagen mit Kennzeichen aus Schengen-Staaten werden schneller abgefertigt. Ansonsten würde sich schon auf dem Weg ins Ausrichterland viel Unmut bei den Fans anstauen, der alle geeigneten Bemühungen, sich als guter Gastgeber zu präsentieren, Makulatur werden ließe. Wie wird das wohl im Sommer werden?

Der Busbahnhof von seiner schönen Seite...
...und von seiner nicht so schönen