Theaitetos war ein griechischer Mathematiker, der im 4. Jhd. v.Chr. lebte und ein Schüler Platons war. Platon lässt ihn in seinem gleichnamigen Dialog mit Sokrates darüber diskutieren, was Wissen (griech: Episteme) eigentlich ist.
Hier geht es darum, dass es notwendig ist, das, was man meint, auch zu begründen. Hier geht es um Antworten auf Menschen, die der Meinung sind, sie bräuchten gar keine Wahrheitskriterien, und um Strategien, wie man dem begegnen kann, wenn sich jemand weigert, Gründe anzugeben.
Solche Strategien sind heute wichtiger denn je. Denn diejenigen, die Fakten einfach leugnen und sich in Netzwerke zurückziehen, die ihnen nur nach dem Mund reden, sind eben solche Verweigerer. Sie versuchen sich aus der Verantwortung für das, was sie denken und sagen, zu stehlen.
Unser Theaitetos setzt etwas dagegen. Und das ist alles andere als antiquiert, längst überholt oder angestaubt. Im Gegenteil: es rüstet uns gegen das Postfaktische.
Ein Beispiel: In dem Gespräch zwischen Sokrates und Theaitet in Platons Dialog wird auch der Homo mensura-Satz kritisch analysiert. Der Satz wird dem Sophisten Protagoras zugeschrieben. Er soll gesagt haben, dass jeder einzelne Mensch das Maß dafür ist, wie etwas ist und wie es nicht ist. Dem einen erscheint eine Johannisbeertorte, die vor ihm steht, als zuckersüß, dem anderen dieselbe Torte als sauer; für den einen fühlt sich das Wasser des Schwimmbeckens kalt an, dem anderen heiß. Hier soll nach Protagoras nun niemand kommen und sagen, wie die Dinge wirklich sind, sondern sich mit diesen unterschiedlichen, aber gleichermaßen berechtigten Meinungen zufriedengeben.
Sokrates und Theaitet nehmen die Grundlage für diese Argumentation genau auseinander. Sie zeigen gemeinsam, dass das lediglich eine wenig durchdachte erste Intuition ist. Tatsächlich müssen wir voraussetzen, dass es keineswegs egal oder gleichwertig ist, wie jeder ein und dieselbe Sache beurteilt, und dass wir nur nicht richtig differenziert haben und bei den uns plausibel erscheinenden Fällen nicht genau genug hingesehen haben: denn wenn dem einen die Torte süß erscheint und dem anderen dieselbe Torte als sauer, dann nicht deshalb, weil man das gar nicht entscheiden kann, wie sie denn nun wirklich ist, sondern weil der eine die gleiche Torte mit seinen Geschmacksorganen wahrgenommen hat, die eine andere Disposition hatten, als die des anderen. Der eine hatte zuvor nur Wasser getrunken, und sein Sinn war aufnahmefähig für die Geschmacksunterschiede der Torte, während der andere vielleicht gerade einen Karamellbonbon gegessen hatte. So war sein Geschmackssinn von dieser Süße noch gereizt. Wenn man die Situation also vollständig betrachtet, liegt gar kein Widerspruch oder lieegleichberechtigte Ansprüche vor.
Sokrates zeigt auch: Wir verhalten uns in der Praxis auch tatsächlich gar nicht so, dass wir uns nach dieser Auffassung richten, sondern wir machen Unterschiede und finden in den Eigenschaften von Dingen Gründe dafür, was von einem Gegenstand zutrifft und was nicht.
Theaitet jedenfalls ist ein gelehriger Schüler des Sokrates: Er lässt sich vom Reiz des Postfaktischen nicht locken. Er macht es stattdessen wie der Protophilosoph Sokrates: er will etwas wirklich wissen und nicht nur irgendwelche Meinungen vertreten.
Theaitetos ist daher kein schlechtes Modell. In dem Blog spielen diese und ähnliche Strategien, Analysen und Angebote eine zentrale Rolle.