Gerhards als Dekan vorerst verhindert
Klaus Segbers lächelte entspannt und auch wir konnten uns ein triumphierendes Grinsen nicht verkneifen. Die übereilte Einladung zur Neukonstitution des Fachbereichsrates am Donnerstag, 17.2.2011, wurde vom jetzigen Dekan Beck zurückgenommen, und damit ein Dekanat aus den Reihen Gerhards, Lütz und Börzel vorerst verhindert. Dementsprechend kochten auch deren Anhänger_innen, fanden sie sich doch in der ungewohnten Position wieder, mit ihren Interessen gegen die Wand gelaufen zu sein und technisch-alternativlos verpackte Entscheidungen als politisch motiviert anprangern zu müssen.
Dekan Beck begründete seine Entscheidung, die Einladung zur FBR-Sitzung zurückzuziehen, hauptsächlich mit der Einschätzung des Rechtsamtes, die rechtlichen Risiken einer Einberufung des FBRs seien zu hoch. Einige FBR-Mitglieder hatten angemeldet, nicht ordnungsgemäß eine Woche vor der Neukonstitution der Sitzung eingeladen worden zu sein und das vorgebrachte Argument der Dringlichkeit sei einer politisch motivierten, selbst erzeugten Dringlichkeit geschuldet, gelte also nicht. Ob ein möglicher Prozess beim Verwaltungsgericht gewonnen werden könne, konnte das Rechtsamt nicht bestätigen, deswegen riet es dem Dekanat die Einladung zurückzuziehen, um zu vermeiden, dass sich das Wahlverfahren und damit das so gewählte Dekanat nach 6 Monaten als ungültig herausstellten.
Das klingt zunächst verschwurbelt und verdeckt die Interessen, die in dieser Entscheidung eigentlich zum Ausdruck kommen. Die Börzel/Risse-Fraktion hat von einem ihnen freundlich gesinnten Dekanat unter Riedmüller zwischen 2007 und 2009 erheblich profitiert. Ermöglicht wurde diese Form der Patronage mit Intransparenz, dem Frontalangriff auf die Ideengeschichtsprofessur und einer grundsätzlich studierendenfeindlichen Politik. Mit diesen schlechten Erfahrungen im Hinterkopf hat eine breite, heterogene Gruppe an Profs, WiMis, SoMis und Studis eine Petition unterzeichnet, die die Neuauflage eines solchen Dekanats durch die Verschiebung der Neuwahlen in den April verhindern sollte. Als Gegenmodell zu einem Dekanat unter Gerhards favorisieren die Unterzeichner_innen der Petition eher eine Lösung in Richtung des jetzt ausscheidenden Dekanats unter Beck, das in den letzten zwei Jahren durch seine transparenteren Verfahrensweise und den weitgehenden Verzicht auf Klientelpolitik erheblich zur Verbesserung des politischen Klimas am Fachbereich beigetragen hat. Die Vertagung der konstituierenden Sitzung des FBRs ermöglicht die längere Suche nach weiteren Kandidat_innen für ein solches Dekanat. Eine davon ist Frau Röttger-Rössler, die sich nach einigem Hin und Her dazu bereit erklärte, die Position der Forschungsdekanin zu übernehmen. Ein_e Alternativkandidat_in für den Dekanatssitz ist allerdings noch nicht in Sicht.
Der Schlagabtausch nach Verkündung der Entscheidung ging in allen Variationen und Tönen vonstatten. Während Gerhards anmerkte, dass Neukonstitutionen des FBRs noch im Wintersemester nichts Neues seien, und genug Zeit vorhanden gewesen sei, um Alternativkandidat_innen zu suchen, wies Harders darauf hin, dass die mögliche Kandidatin Röttger-Rössler sich momentan in Bleibeverhandlungen befinde und deswegen derzeit nicht zur Wahl antreten könne. Gerhards warf dem Rechtsamt Taktiererei vor, wogegen sich Verwaltungsleiter Brose entschieden zur Wehr setzte. Börzel monierte, der FBR sei an einem „Tiefpunkt der politischen Kultur“ angekommen und es sei unglaublich, dass politische Fragen nun anhand von Verfahrenstechniken gehandhabt werden. Oliver Wolff mahnte demgegenüber an, Demokratie beruhe darauf, eine Alternative zu haben, und dass es im Interesse aller Beteiligten sei, sich diese Alternativen zu suchen. Er hielt es nicht für nötig den technisch-rechtlichen Schleier aufrecht zu erhalten und zweifelte Gerhards Integrität öffentlich an, als er ihm vorwarf, der unbekannte dritte Profiteur der geheimen individuellen Zielvereinbarungen zu sein.
Wir finden die Verschiebung der FBR-Sitzung klasse und hoffen vorerst auf ein transparentes, kommunikationswilliges Dekanat, dem ein studifreundliches, fachlich breit aufgestelltes und kritisches OSI am Herzen liegt.
Eine Nachfolge für den SFB 700?
Nach dieser langen und aufgeladenen Diskussion war der Rest der letzten Sitzung des FBRs hauptsächlich durch Zeitmangel geprägt. Noch relativ entspannt gingen die Mitteilungen und Anfragen über die Bühne. Beck berichtete von einem Gespräch mit Hr. Väth, dem Vizepräsidenten für Forschung, dass sich der FBR langsam Gedanken über die Nachfolge des SFBs 700 machen sollte. Auch wenn ein SFB für Herrschaftskritik derzeit wohl nicht zu verwirklichen ist, ist der Spielraum des FBRs dort sehr groß, soll er das neue thematische Konzept doch aus sich heraus entwickeln. Innerhalb der nächsten 7 Jahre, so lange läuft der SFB700 aller Voraussicht nach noch, wird sich also mitentscheiden, in welche Richtung das OSI und der FB künftig gehen.
Weitere Mitteilungen
Die Änderung des BerlHG hat zur Folge, dass WiMis demnächst mehr zur Lehre herangezogen werden. Für deren Sicherung bewilligt das Präsidium dem FBR 86700 €. Für mehr Geld sorgt auch Thomas Risse, dem es gelang, 250.000 € von der Einstein-Stiftung für die Kooperation mit der Hebrew-University einzuwerben. Die zweckgebundenen Gelder kommen, so Börzel, mittelbar z.B. durch Austausch der Dozierenden auch der Lehre zu gute. Die Fertigstellung der Lehrplanung zu diesem Semester hängt allerdings noch ein wenig. Die Umstellung der Software hat zu einigen Problemen vor allem bei der Raumplanung geführt. Personale Wechsel gab es beim Prüfungsausschuss, den Kirsten Jörgensen, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachbereich, für Christof Mauersberger, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Arbeitsstelle „Internationale Politische Ökonomie“ beitritt, und bei der Berufungskommission für die BRD-Professur, wo Katharina Lenner, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Arbeitsstelle „Politik des Vorderen Orients“ für Thomas Eimer, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Arbeitsstelle „Internationale Politische Ökonomie“ einspringt.
Das Konzept der Lehrevaluation
Unter dem Eindruck akuten Zeitmangels sollten auch noch weitere eigentlich äußert relevante Punkte knapp vor Semesterende durch den FBR gepeitscht werden. So auch das Konzept zur Lehrevaluation, dessen Ausarbeitung und Umsetzung eine zentrale Voraussetzung für die Systemakkreditierung des Fachbereichs ist . Von der dafür zuständigen Arbeitsgruppe wurde bisher ein Evaluationsverfahren erdacht, das zentral am Fachbereich, also nicht an den einzelnen Instituten, durchgeführt wird. Ziel der Evaluation der Lehre soll weniger die Kontrolle der Lehrenden als die Optimierung der Lehre auch im Hinblick auf die Lehrplanung sein. Das zentrale Instrument hierzu sind Fragebögen, die bereits in der Mitte des Semesters ausgegeben werden und deren Auswertungsergebnisse somit in die Gestaltung der laufenden Lehrveranstaltung einfließen sollen. Institutstage werden als Möglichkeit ins Auge gefasst, um die Gesamtsituation der Lehre anhand dieser Daten zu diskutieren.
Aufgrund der knappen Zeit konnten viele elementare Probleme nicht ausreichend behandelt werden, insbesondere die Frage, ob die Evaluation zentral am Fachbereich oder dezentral an den Instituten stattfinden solle. Auch die Frage nach der Konzeption des Fragebogens und der Bewältigung des enormen Rücklaufs von ca. 16.000 Fragebögen aus allen Veranstaltungen des Fachbereichs pro Semester blieb offen.
Qualitätssicherung und Masterstudiengang in wenigen Minuten
Noch weit oberflächlicher blieb dann die Diskussion über Strategiepapier zur Qualitätssicherung und den Masterstudiengang Climate, Environment and Energy Policy.
Am Qualitätssicherungspapier wurden Korrekturen von Seiten Rooses, Juniorprofessor am Institut für Soziologie, eingefordert, die es dem Fachbereich erlauben sollen, die finanzielle Belastung des Haushalts durch die Lehrevaluation flexibel zu halten. Von studentischer Seite wurde angeregt, die intensive Betreuung von BA- und MA-Studierenden in der Abschlussphase im Qualitätssicherungspapier zu verankern.
Die Diskussion über die Studienordnung des Umweltmasters „Climate, Environment and Energy Policy“ wurde aufgrund zahlreicher Einwände der studentischen Vertreter_innen vertagt. Am Konzept wurde insbesondere moniert, dass es zu wenige unterschiedliche Prüfungsformen beim Abschluss von Modulen gibt.