Hauptthemen des heutigen Institutsrates waren der Umgang der Katastrophe in der Lehrplanung, die Verabschiedung der Zielvereinbarungen, die Ergebnisse der Studienreformkommission und die damit verbundenen Konflikte und die Erstitage. Geprägt war die Sitzung auch von der massiven Präsenz der Studierenden, die uns einiges erleichtert hat.
Geld oder Leere
Das OSI mag innerlich zerstritten sein wie eh und je – wenn es darum geht, das Präsidium und den Berliner Senat wegen der katastrophalen Lage in der Lehrplanung unter Druck zu setzen, erwies es sich heute als äußerst konsensfähig. Zur Lage des Lehrangebots im nächsten Semester, zur nach dem neuen BerlHg obligatorischen Besoldung von Lehraufträgen und Tutorien und den desaströsen Folgen für die Lehre berichteten wir hier und hier. Im Institutsrat wurde heute einstimmig beschlossen, das von der Ausbildungskommission vorgelegte notwendige Mindestlehrprogramm (ähnlich wie das der letzten Semester) zu verabschieden. Dieses ist nicht finanziell abgedeckt. Parallel dazu werden alle der vom Institut zurückbehaltenen Leistungsmittel direkt an die Kostenstellen ausgeschüttet. Damit ist das OSI auf Konfrontationskurs, denn es wird große rote Zahlen schreiben, für die entweder der Fachbereich, das Präsidium oder der Senat aufkommen muss. Wenn die anderen Institute des Fachbereichs, die ebenfalls unter der neuen Besoldungsregelung zu leiden haben, dieselbe Strategie fahren wie das OSI, wird der Fachbereich mit einem großen negativen Budget ein Druckmittel gegen das Präsidium in der Hand haben. Parallel dazu hat das Präsidium ein Interesse daran, vom OSI und vom Fachbereich während den Untersuchungen zur Exzellenzinitiative nicht in die Parade gefahren zu bekommen oder im Vorfeld schlechte Presse zu bekommen. Die Chancen das Präsidium ein wenig zu melken stehen also nicht schlecht.
Riskant an dieser Strategie ist zweierlei. Sie kann einerseits schiefgehen und damit die Zusammenstreichung des Lehrangebots lediglich herauszögern. Andererseits hätte das OSI durch die sofortige Ausschüttung der Leistungsmittel zunächst seine Handlungsfähigkeit verspielt. Sie stellt aber, so die Überzeugung aller präsenten Institutsratsmitglieder, die am wenigsten schlechte Alternative des Umgangs mit der Lehrproblematik dar. Das Verabschieden eines zusammengestrichenen Lehrangebots würde ein Studium in Regelstudienzeit am OSI unmöglich machen, so Thomas Eimer, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Arbeitsstelle für politische Ökonomie. Ferner wären die Studienbedingungen bei einem ohnehin kalkulierten Aufwuchs von Studis durch die gedoppelten Abiturjahrgänge bei einer 25%igen Verminderung des Lehrangebots unerträglich und würden vermutlich zu Klagen führen. Auch die Möglichkeit, überhaupt kein Lehrangebot zu verabschieden wurde im Institutsrat abgelehnt, denn es wären noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft die Situation zu lösen. Der Ball liegt nun beim Fachbereich und beim Präsidium. Falls diese nicht nachgeben, freuen wir uns mit Frau Börzel auf einen „heißen Herbst“.
Was im Busch?
Die im Winter 2010 begonnenen Verhandlungen mit dem Dekanat über die Zielvereinbarungen für die kommenden zwei Jahre, wurden heute vom Institutsrat mit Enthaltung der studentischen Vertreter zur Unterzeichnung freigegeben. Die Überschriften „Internationalisierung“, „Qualitätssicherung der Lehre“, „Verbesserung der Institutsorganisation“ signalisieren bereits, dass das Dekanat Mängel des OSI vor allem in der Lehre feststellt. Näheres zu den Zielvereinbarungen findet ihr hier. Strittig war heute vor allem der Punkt der Besetzung einer vollen, dauerhaften WiMi-Stelle für die Lehrplanung. Das OSI hat erst 2015 die Möglichkeit eine freigewordene dauerhafte WiMi-Stelle für die Lehrplanung umzuwidmen. Bis dahin ist es darauf angewiesen, sich eine solche Stelle gegen Vollkostenerstattung vom Fachbereich „auszuleihen“. Dabei war der Unwillen einiger Professor_innen sichtbar, die Zielvereinbarungen im Detail im nichtöffentlichen Bereich zu besprechen. Dieser war so offensichtlich, und so wenig begründet, dass wir „was im Busch“ vermuten. Erst durch das beherzte Aufstehen und Hinausgehen von Studis konnten wir in den kritischen Punkten nachhaken. Das war großartig! Kernpunkt der Diskussion war vor allem die Lastenverteilung zur Aufbringung der notwendigen Mittel. Einige Kostenstellen schneiden dabei besser ab als andere. Wir setzten uns an diesem Punkt für ein transparentes, für alle Betroffenen ersichtliches Verfahren ein. Verteilungsfragen stehen laut Zielvereinbarungen bald auch bei der Vorlegung einer mittelfristigen Planung für die Besetzung von Stellen der wissenschaftlichen Mitarbeiter_innen an. Anhand der Vergabe von WiMi-Stellen werden wichtige strukturelle Entscheidungen bezüglich des Wachstums oder der Schrumpfung von Bereichen getroffen. Wir werden uns dafür einsetzen, das bisherige Ungleichgewicht an der Stellenverteilung besser und gerechter auszubalancieren.
Wo ist die Basis?
Dass sich das OSI immer mehr auf Kosten der Grundlagen und teilweise der Lehre „profiliert“, schlägt sich auch in der neukonstituierten „Studienreformkommission“ (SRK) nieder. In der SRK werden sowohl der Bachelor Politikwissenschaften als auch ein neues Masterkonzept erstellt. Einer der Hauptstreitpunkte ist alt: Sowohl das Pflichtmodul politische Ideengeschichte soll im Bachelor gekürzt werden, als auch die Möglichkeit im Master verwehrt bleiben, sich auf politische Theorie zu spezialisieren. Die rechtlichen Grundlagen sollen nach dem derzeitigen Konzept ebenso gestrichen werden. Damit werden zwei elementare Bereiche der Grundlagenforschung und -Lehre der Politik geschwächt, bzw. gestrichen. Kritische Reflektion bestehender Kategorien weicht damit einmal mehr funktionaler Ausdifferenzierung. Zu einem selbstbestimmten Studium trägt das nicht bei.
Inhaltliche und studiumsbezogene Argumente blieben angesichts eines darbenden Haushaltes und massiver (selbst hergestellter!) Probleme in der Bereitstellung des Lehrangebots in der Ideengeschichte wirkungslos. Der Verweis auf die große Nachfrage von Studis und das Anführen eines früheren Institutsratsbeschlusses zur Sicherung der Ideengeschichte wurden abgeschmettert mit Sachzwangargumenten und Verweisen auf die ablehnende Position des Präsidiums. Die Marginalisierung der Ideengeschichte schreitet weiter voran.
Besonders heiß her geht es aber in der Reform des Masters, der nicht mehr grundlagenorientiert, sondern spezialisiert und eigenständig werden soll. Das Grundmodell besteht darin, dass mensch nach einsemestriger Absolvierung der Pflichtmodule politische Theorie, Systeme und Internationale Beziehungen sich in verschiedene Teilbereiche spezialisieren kann. Im von der Kommission vorgelegten Vorschlag existieren die Spezialisierungsbereiche „Demokratie und Public Policy“, „Regionale Transformationsprozesse im Vergleich“, „Energie und Umwelt“. Da es bereits einen eigenständigen Masterstudiengang „Internationale Beziehungen“ am OSI gibt, taucht dieser nicht im allgemeinen Politikwissenschaftsmaster auf, soll auf Wunsch Risses aber vergrößert werden. Um die Anzahl der Spezialisierungsbereiche, sowie deren Namen gibt es einige Konflikte. Lütz sah in den bisherigen Bereichen die politische Ökonomie und die Friedens- und Konfliktforschung unterrepräsentiert während Segbers die internationalen Beziehungen stärker auch in den politikwissenschaftlichen Master verankern möchte, denn er ist bei dem eigenständigen IB-Master nicht integriert. Schreurs möchte dazu einen eigenständigen Umweltstudiengang. Bei allem Geplänkel drohen wichtige Komponenten wie Politische Theorie und Ideengeschichte sowie Gender hintanzufallen, sodass es vielleicht bald nicht mehr möglich sein wird, sich auf diese Bereiche zu spezialisieren. Der positivste Gesichtspunkt der Studienreform ist somit bisher ihre Nichtverabschiedung. Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen unsere inhaltlichen Punkte zu verankern.
Erstitage
Die Fachschaftsinitiative des Otto-Suhr-Instituts hat diese Sitzung einen Antrag eingereicht, die Erstitage zu organisieren. Wir hatten zuvor von der Studierendenschaft erhebliche Mängel kommuniziert bekommen. Hinzu kommt in diesem Semester die besondere Situation, dass es einen Stellenwechsel genau in der Zeit der Erstsemestertage geben wird. Wir hatten uns deswegen dazu entschlossen, einen Antrag an den Institutsrat über die Vergabe eines Werkvertrags über 1000 € für die komplette Organisation der Erstemestertage an uns zu stellen. Da wir ohnehin in der Vergangenheit bei der Durchführung der Erstitage unbezahlt zur Stelle waren, sowie die personellen und inhaltlichen Kapazitäten haben, bringen wir exzellente Voraussetzungen mit für den Job. Mit uns werden die Erstitage kompetenzberstend. Nicht zuletzt sind wir die mit dem Verständnis und den Keksen. Unverständlicherweise entschloss sich der Institutsrat jedoch, den Werkvertrag auf 500€ zu kürzen und die Lehrplanung mit der Ausschreibung zu beauftragen. Auch wenn wir überzeugt sind, ein offizielles Votum des Institutsrates für die Vergabe an uns, hätte für die nötige Transparenz gesorgt, stellen wir uns gerne dem studentischen Wettbewerb.
Sonstiges
Weiterhin ist heute vom Institutsrat unser Antrag zur Gasteinladung von Ulrich Brand, Birgit Sauer und Sonja Buckel zu einer Veranstaltung am 9.12.2011 mit dem Titel „Critical State and Governance Studies: Zum Erklärungspotential des Governance-Konzepts“ angenommen worden. Die Veranstaltung wird aus einem vierstündigen Workshop und einem zweistündigen Vortrag bestehen, in dem die drei Wissenschaftler_innen ihr neues Forschungsprojekt vorstellen. Die Veranstaltung wird in der Reihe „Wissenschaft und Kritik“ der Fachschaftskoordination stattfinden und wir freuen uns auf euer zahlreiches Erscheinen.
Das OSI wird als Reaktion auf Götz Alys Tiraden auf Tagesspiegel und Co. sich „nicht ein Konzept zum Umgang mit Plagiaten überlegen“, doch aber „das bestehende Konzept zu Papier bringen“. Auf die „Wir lassen uns nicht beeinflussen“- Töne, folgten später doch also beachtliche Initiativen.