Komm zum Institutsrat am 22.06.22!

Komm am Mittwoch (22.06.2022) um 9 Uhr in den Institutsrat des Otto-Suhr- Instituts (in der Ihnestr 21, Hörsaal b), um dich für den Erhalt der Erstsemester- Tutorien zur Einführungsvorlesung und gegen die Platzbeschränkungen einzusetzen!

Wieso die Tutorien so wichtig sind:

Im ersten Semester werden zur Einführungsvorlesung begleitende Tutorien von Studierenden in höheren Semestern angeboten. Diese bieten neben einer Wiederholung des Vorlesungsstoffes vor allem die Möglichkeit, sich kritisch mit den Lehrinhalten auseinanderzusetzen und die Behandlung von Themen, welche sonst nicht in den Vorlesungen behandelt werden. Außerdem vermitteln sie wichtige Grundfähigkeiten des Studierens, wie wissenschaftliches Arbeiten und das selbstorganisierte Lernen im Studium. Die Tutorien bieten zusätzlich eine erste Orientierung im Studium und die Unterstützung bei Organisationsaufgaben. Darüber hinaus haben sie auch einen sozialen Faktor. Besonders die Erfahrungen in der digitalen Lehre während der Pandemie haben die Notwendigkeit der Tutorien unterstrichen.

Es ist wichtig zu wissen, dass das jetzige Tutorienangebot Ergebnis eines jahrelangen Kampfes ist. Früher wurden die Tutorien als unbezahlte Praktika angeboten. Von einigen Professor*innen wurden die Tutorien – insbesondere seitdem diese wie die Arbeit von studentischen Hilfskräften entlohnt werden müssen – nicht sonderlich wertgeschätzt. So standen sie 2015 kurz vor der Abschaffung.

Auch jetzt steht der Erhalt der Tutorien wieder auf der Kippe. Aktuell sind die Tutor*innen für die Einführungsvorlesung nur für ein halbes Jahr im Wintersemester beschäftigt. Die Ausschreibung von SHK-Stellen mit einer Befristung auf 6 Monate widerspricht den Bestimmungen des Tarifvertrags für studentische Beschäftigte im Land Berlin. Der Personalrat der studentischen Beschäftigten hat das OSI aufgefordert, die tariflichen Bedingungen zu erfüllen. Die Tutor*innen müssen deshalb für 2 Jahre beschäftigt werden und somit können Tutorien nicht nur im Wintersemester, sondern auch im Sommersemester angeboten werden. Die zusätzlichen Kosten für die tarifgemäße und faire Beschäftigung von Tutor*innen kann der OSI-Haushalt, der seit Jahren einen deutlichen Überschuss verzeichnet, tragen“

Die Reaktion einiger Professor*innen ist nun lediglich einen Appell an den Studentischen Personalrat, Ausnahmeregelungen für das OSI einzuführen, um die nicht mit dem Tarifvertrag vereinbare, halbjährlich befristete Anstellung beizubehalten. Wir wollen uns im Institutsrat für eine faire Beschäftigung der Tutor*innen für 2 Jahre einsetzen und Tutorien für das Winter- als auch das Sommersemester fordern.

Hinweis: Auch die Tutorien, die aktuell parallel zu den Grundlagenvorlesungen angeboten werden, werden aus Corona-Sondermitteln finanziert, die aber im SoSe 2023 auslaufen. Danach verfallen auch diese Tutorien, da das Institut nicht bereit ist, sie aus eigener Tasche zu finanzieren.

Komm in den Institutsrat, um auf die Notwendigkeit der Tutorien hinzuweisen und für ihren Erhalt zu kämpfen!

Warum die Platzbeschränkungen nicht die richtige Lösung sind:

Die uneingeschränkte Seminarwahl ist fester Bestandteil des freien Studiums und wichtig für Studierende, um nach eigenem Interesse studieren zu können, sich ihr eigenes Profil zu bilden und möglichst die Seminarwahl mit Care- und Lohnarbeit vereinbar zu gestalten. Die freie Seminarwahl am OSI ist eine zentrale Komponente der OSI-Identität und wurde über Jahre studentisch erkämpft und verteidigt.

Im nächsten Institutsrat wird über die Einführung von Platzbeschränkungen, geframed als „Höchstgrenze“, für Seminare ab dem Wintersemester abgestimmt. Wir sprechen uns gegen jede Art von Platzbeschränkungen aus, da dadurch die ohnehin immer stärker schrumpfende Freiheit und Wahlmöglichkeit im Studium weiter eingeschränkt wird. Platzbeschränkungen können sogar möglicherweise den Studienabschluss verzögern, wenn benötigte Seminare nicht belegt werden können.

Es ist klar, dass übervolle Seminare eine Zumutung für Studierende und Lehrende sind. Einige Seminare im Grund- und Hauptstudium werden durchgehend von ca. 50- 60 Studierenden besucht. Mit dem Start des Semesters gab es sogar einzelne Seminare mit ca. 100 Teilnehmenden.

Zum einen ist jedoch anzumerken, dass wir uns durch die digitale Lehre während der Pandemie in einer Ausnahmesituation befinden. Einige Studierende haben weniger Seminare in den letzten Semestern belegt als unter „normalen“ Studienbedingungen. Die aktuellen Belegungszahlen können deshalb nicht als Berechnungsgrundlage der Teilnahmebeschränkungen dienen. Außerdem werden viele Seminare tatsächlich weniger stark frequentiert, vor allem im Laufe des Semesters, als die Zahlen bei Campus Management abbilden. Oft reduziert sich die Teilnehmer*innenzahl trotz 50- 60 eingetragenen Teilnehmenden nach einigen Wochen drastisch, da z.B. auch doppelte Seminarbuchungen möglich sind.

Zum anderen verdeckt die geforderte Obergrenze nur die wahren Probleme. Volle Seminare deuten auf einen Mangel an Lehrveranstaltungen in beliebten, aber an unserem Institut marginalisierten Bereichen hin. Anstatt einer restriktiven Problemlösung bedürfte es viel mehr einer inhaltsbezogenen Evaluation der Veranstaltungen, sodass das Seminarangebot besser an die wirklichen Bedürfnisse der Studierenden angepasst werden könnte.

Noch tiefergehend zeigt sich zudem, dass insgesamt zu wenig Geld in die Lehre investiert wird, wodurch logischerweise zu viele Studierende zu wenig Lehrveranstaltungen besuchen wollen.

Anstatt ein Pflaster auf die offenen Wunden zu kleben und somit die grundlegenden, strukturellen Probleme zu verbergen, sollten diese endlich angegangen werden! Zudem sollte die Ausrichtung der Lehre an studentischen Interessen und eine bessere Bezahlung für prekär beschäftigte Lehrende im Zentrum der Bemühungen stehen!

Setzt euch mit uns gegen die Platzbeschränkungen und für ein freies Studium im nächsten Institutsrat ein!

Eure FSI*OSI

Call for Papers: explOSIv – Anmerkungen zum Universitätsbetrieb

Call for Papers: explOSIv – Anmerkungen zum Universitätsbetrieb Schwerpunktthema: „Berufsverbote, akademische Freiheit und Extremismus(-theorie)“

Wir suchen nach Texten für unsere Ausgabe #2!
Deadline: 1. August 2022
Geplantes Erscheinen: Anfang Oktober 2022 zum Wintersemester

Wie? Textvorschläge bitte per Mail an explosiv-redaktion@riseup.net. Wenige Sätze bis einzelne Textteile reichen als Textvorschlag aus. Die endgültige Veröffentlichung wird durch ein inhaltliches und stilistisches Lektorat vorbereitet. Wer in der Redaktion mitarbeiten möchte, kann sich ebenfalls über die E-Mail bei uns melden.

Was? Zum Schwerpunktthema siehe unten. Freie Beiträge außerhalb des Schwerpunktthemas sind auch herzlich willkommen. Die Form der Beiträge kann vielfältig sein, von kurzen Texten, Essays, Interviews bis zu längeren Abhandlungen ist vieles möglich.

Zum Schwerpunkt

Das Verhältnis von Berufsverboten, akademischer Freiheit und Extremismus(-theorie) ist sehr spannungsreich. Universitäre Debatten um die Grenzen des Sagbaren und die Sanktionierung von menschenverachtenden Positionen von Dozierenden haben in letzter Zeit zugenommen. Gesellschaftlich werden diese Debatten oft sehr erhitzt unter dem ursprünglich rechten Begriff „Cancel Culture“ verhandelt, der sich gegen eine vorgebliche „Meinungsdiktatur“ und hauptsächlich gegen Linke und Liberale richtet. Weitreichend „gecancelt“ wegen ihrer politischen Haltung wurden in der Geschichte der BRD viele, aber nicht selten Linke. Der 50. Jahrestag des sogenannten Radikalenerlasses vom 28. Januar 1972 unter Bundeskanzler Willy Brandt hatte auch in Berlin zahlreiche Veranstaltungen zur Folge, die an die jahrzehntelange Praxis der Berufsverbote – bis heute – erinnern und dem, was damit verbunden war: politische Disziplinierungen, Massenüberwachungen, Grundrechtsverletzungen, Biographie- Beschädigungen und Tabuisierung. Auch an der FU Berlin und am OSI entfaltete der Radikalenerlass seine verheerende Wirkung, was bis heute noch unzureichend erforscht und aufgearbeitet ist.

Dieser Praxis liegt eine bestimmte Vorstellung des Radikalen bzw. Extremen zugrunde, die auch von (politik-)wissenschaftlicher Seite unter dem Namen „Extremismustheorie“ verteidigt wird und eng mit der Praxis von Sicherheitsbehörden wie dem sogenannten Verfassungsschutz verbunden ist. Die Mehrheit der heutigen Politikwissenschaft lehnt diese auch „Hufeisen“- Theorie genannte Schablone ab, doch an der FU treibt bis heute der „Forschungsverbund SED- Staat“ sein Unwesen, dessen Vertreter das Extremismuskonzept verteidigen. Gemeinsam ist den Extremismustheorie-Anhänger:innen der Glaube, die Demokratie durch ihre Verkürzung zu retten und „wehrhaft“ zu machen. Die scheinbar demokratische „Mitte“ wird dabei idealisiert. Eine andere, gar demokratischere gesellschaftliche Ordnung wird vorab aus dem Bewusstsein verdrängt und, wenn es nötig erscheint, polizeilich verfolgt.

Gleichzeitig ist im universitären Kontext ist der Wunsch nach einer gesetzlichen Handhabe, um die akademische Freiheit zu verteidigen, sehr nachvollziehbar, wenn rassistisch, sexistisch oder antisemitisch agitierende Dozierende diese für ihre Ideologien missbrauchen. Gerade solche Fälle und die Debatten um den Umgang damit verdeutlichen das Spannungsfeld aus Berufsverboten, akademischer Freiheit und Extremismus(-theorie).

An antifaschistischen Perspektiven auf staatliche (Berufs-)Verbote, Extremismus(-theorie) und (akademische) Freiheit wird schließlich deutlich, dass die wissenschaftliche und gesellschaftskritische Debatte keineswegs geklärt ist und eindimensionale Lösungen wenig plausibel erscheinen. Insofern ist dieser Call for Papers ein Aufruf, verschiedene Aspekte des Schwerpunktthemas zu beleuchten.

Folgende Beispielfragen könnten in den Beiträgen beantwortet werden:

  • Welche Menschen wurden an der FU oder speziell am OSI seit 1972 verfolgt und was können wir aus ihrer Geschichte lernen?
  • Wie zeigen sich der Radikalenerlass und „anti-extremistische“ Politik heute an der FU Berlin gegenüber Studierenden und Beschäftigten?
  • Welcher Extremismusbegriff findet heute an der FU Verbreitung – sowohl in den hochschulpolitischen Debatten, in Seminaren als auch in der Wissenschaft?
  • Welche (anekdotischen oder kontinuierlichen) Erfahrungen wurden in diesen (wissenschaftlichen, hochschulpolitischen oder alltäglichen) Debatten an der FU gemacht?
  • Welche theoretischen Alternativen zur Extremismustheorie gibt es und wie lassen sich diese auf akademische Freiheit bzw. die Institution Universität übertragen?
  • Welche praktischen (antifaschistischen, emanzipatorischen) Ansätze gibt es, um ohne Extremismustheorie und „Hufeisen“ gegen menschenverachtende Ideologien wie Rassismus, Antisemitismus oder Sexismus vorzugehen?
  • Wie ist der theoretische Zusammenhang aus Staatlichkeit, Freiheitsrechten (Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit insbesondere) und ihrer Umsetzung? Lässt sich eine Kritische Theorie des Staates, welche die Ambivalenz aus Freiheit und Souveränität festhält (Franz Neumann), vernünftig begründen? Wie lassen sich andere Organisations- und Befreiungsformen rechtfertigen?
  • Ist staatlicher und autonomer Antifaschismus ein notwendiger Widerspruch oder geht beides zeitweise zusammen?

Die Redaktion freut sich über die Einsendung zahlreicher Textvorschläge, von Studierenden am OSI, aber auch allgemein an der FU oder aus anderen Berliner Hochschulen, die zum Thema passen. Und natürlich schauen wir uns auch Vorschläge abseits des Schwerpunkts an. Wir sind sehr gespannt!

Viele Grüße,

Eure explOSIv-Redaktion