Call for Papers: explOSIv – Anmerkungen zum Universitätsbetrieb

Call for Papers: explOSIv – Anmerkungen zum Universitätsbetrieb Schwerpunktthema: „Berufsverbote, akademische Freiheit und Extremismus(-theorie)“

Wir suchen nach Texten für unsere Ausgabe #2!
Deadline: 1. August 2022
Geplantes Erscheinen: Anfang Oktober 2022 zum Wintersemester

Wie? Textvorschläge bitte per Mail an explosiv-redaktion@riseup.net. Wenige Sätze bis einzelne Textteile reichen als Textvorschlag aus. Die endgültige Veröffentlichung wird durch ein inhaltliches und stilistisches Lektorat vorbereitet. Wer in der Redaktion mitarbeiten möchte, kann sich ebenfalls über die E-Mail bei uns melden.

Was? Zum Schwerpunktthema siehe unten. Freie Beiträge außerhalb des Schwerpunktthemas sind auch herzlich willkommen. Die Form der Beiträge kann vielfältig sein, von kurzen Texten, Essays, Interviews bis zu längeren Abhandlungen ist vieles möglich.

Zum Schwerpunkt

Das Verhältnis von Berufsverboten, akademischer Freiheit und Extremismus(-theorie) ist sehr spannungsreich. Universitäre Debatten um die Grenzen des Sagbaren und die Sanktionierung von menschenverachtenden Positionen von Dozierenden haben in letzter Zeit zugenommen. Gesellschaftlich werden diese Debatten oft sehr erhitzt unter dem ursprünglich rechten Begriff „Cancel Culture“ verhandelt, der sich gegen eine vorgebliche „Meinungsdiktatur“ und hauptsächlich gegen Linke und Liberale richtet. Weitreichend „gecancelt“ wegen ihrer politischen Haltung wurden in der Geschichte der BRD viele, aber nicht selten Linke. Der 50. Jahrestag des sogenannten Radikalenerlasses vom 28. Januar 1972 unter Bundeskanzler Willy Brandt hatte auch in Berlin zahlreiche Veranstaltungen zur Folge, die an die jahrzehntelange Praxis der Berufsverbote – bis heute – erinnern und dem, was damit verbunden war: politische Disziplinierungen, Massenüberwachungen, Grundrechtsverletzungen, Biographie- Beschädigungen und Tabuisierung. Auch an der FU Berlin und am OSI entfaltete der Radikalenerlass seine verheerende Wirkung, was bis heute noch unzureichend erforscht und aufgearbeitet ist.

Dieser Praxis liegt eine bestimmte Vorstellung des Radikalen bzw. Extremen zugrunde, die auch von (politik-)wissenschaftlicher Seite unter dem Namen „Extremismustheorie“ verteidigt wird und eng mit der Praxis von Sicherheitsbehörden wie dem sogenannten Verfassungsschutz verbunden ist. Die Mehrheit der heutigen Politikwissenschaft lehnt diese auch „Hufeisen“- Theorie genannte Schablone ab, doch an der FU treibt bis heute der „Forschungsverbund SED- Staat“ sein Unwesen, dessen Vertreter das Extremismuskonzept verteidigen. Gemeinsam ist den Extremismustheorie-Anhänger:innen der Glaube, die Demokratie durch ihre Verkürzung zu retten und „wehrhaft“ zu machen. Die scheinbar demokratische „Mitte“ wird dabei idealisiert. Eine andere, gar demokratischere gesellschaftliche Ordnung wird vorab aus dem Bewusstsein verdrängt und, wenn es nötig erscheint, polizeilich verfolgt.

Gleichzeitig ist im universitären Kontext ist der Wunsch nach einer gesetzlichen Handhabe, um die akademische Freiheit zu verteidigen, sehr nachvollziehbar, wenn rassistisch, sexistisch oder antisemitisch agitierende Dozierende diese für ihre Ideologien missbrauchen. Gerade solche Fälle und die Debatten um den Umgang damit verdeutlichen das Spannungsfeld aus Berufsverboten, akademischer Freiheit und Extremismus(-theorie).

An antifaschistischen Perspektiven auf staatliche (Berufs-)Verbote, Extremismus(-theorie) und (akademische) Freiheit wird schließlich deutlich, dass die wissenschaftliche und gesellschaftskritische Debatte keineswegs geklärt ist und eindimensionale Lösungen wenig plausibel erscheinen. Insofern ist dieser Call for Papers ein Aufruf, verschiedene Aspekte des Schwerpunktthemas zu beleuchten.

Folgende Beispielfragen könnten in den Beiträgen beantwortet werden:

  • Welche Menschen wurden an der FU oder speziell am OSI seit 1972 verfolgt und was können wir aus ihrer Geschichte lernen?
  • Wie zeigen sich der Radikalenerlass und „anti-extremistische“ Politik heute an der FU Berlin gegenüber Studierenden und Beschäftigten?
  • Welcher Extremismusbegriff findet heute an der FU Verbreitung – sowohl in den hochschulpolitischen Debatten, in Seminaren als auch in der Wissenschaft?
  • Welche (anekdotischen oder kontinuierlichen) Erfahrungen wurden in diesen (wissenschaftlichen, hochschulpolitischen oder alltäglichen) Debatten an der FU gemacht?
  • Welche theoretischen Alternativen zur Extremismustheorie gibt es und wie lassen sich diese auf akademische Freiheit bzw. die Institution Universität übertragen?
  • Welche praktischen (antifaschistischen, emanzipatorischen) Ansätze gibt es, um ohne Extremismustheorie und „Hufeisen“ gegen menschenverachtende Ideologien wie Rassismus, Antisemitismus oder Sexismus vorzugehen?
  • Wie ist der theoretische Zusammenhang aus Staatlichkeit, Freiheitsrechten (Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit insbesondere) und ihrer Umsetzung? Lässt sich eine Kritische Theorie des Staates, welche die Ambivalenz aus Freiheit und Souveränität festhält (Franz Neumann), vernünftig begründen? Wie lassen sich andere Organisations- und Befreiungsformen rechtfertigen?
  • Ist staatlicher und autonomer Antifaschismus ein notwendiger Widerspruch oder geht beides zeitweise zusammen?

Die Redaktion freut sich über die Einsendung zahlreicher Textvorschläge, von Studierenden am OSI, aber auch allgemein an der FU oder aus anderen Berliner Hochschulen, die zum Thema passen. Und natürlich schauen wir uns auch Vorschläge abseits des Schwerpunkts an. Wir sind sehr gespannt!

Viele Grüße,

Eure explOSIv-Redaktion

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