Allgemein

Außenpolitik in Deutschland: Akteure und Prozesse

Bevor der Versuch gestartet werden soll, wesentliche Akteure und Prozesse der deutschen Außenpolitik darzustellen, ist es ratsam zu definieren, was Außenpolitik eigentlich ist. 

Hellmann, Wagner und Baumann (2014: 43) definieren Außenpolitik als „jene Handlungen staatlicher Akteure, die auf die Ermöglichung und Herstellung von kollektiv bindenden Entscheidungen in den internationalen Beziehungen abzielen“.

Dabei handeln besagte staatliche Akteur:innen innerhalb internationaler (internationale Diplomatie, Völkerrecht, historische Prozesse wie z.B. Globalisierung) und innerstaatlicher (Normen, Regeln und Praktiken) Rahmenbedingungen, die die Praxis außenpolitischer Entscheidungsfindung überhaupt erst möglich machen (Hellmann, Wagner, Baumann 2014: 43). Was die innerstaatlichen Rahmenbedingungen deutscher Außenpolitik betrifft, so sollen diese im Folgenden herausgestellt werden. 

Davor steht aber die Frage nach dem Hauptakteur deutscher Außenpolitik – Wer macht Außenpolitik in Deutschland?

Es ist dabei wichtig zwischen außenpolitisch aktiven, aber nicht legitimierten Akteur:innen und solchen Akteur:innen, denen die formale Kompetenz Einfluss (= Entscheidungen mit verbindlicher Wirkung) auf Außenpolitik zu nehmen zugestanden wurde, zu unterscheiden (Hellmann, Wagner, Baumann 2014: 44). 

Die Instanz, die vom Grundgesetz dazu ermächtigt wird, Außenbeziehungen zu pflegen ist die Bundesregierung(„Die Pflege der Beziehungen zu auswärtigen Staaten ist Sache des Bundes“ Art. 32 Abs. 1 GG). Ferner hat der Bund die „ausschließliche Gesetzgebung“ (Art. 73 Abs. 1, Satz 1 GG), wenn es um außenpolitische oder verteidigungspolitische Fragen geht; die Länder müssen vom Bund „ausdrücklich ermächtigt“ (Art 71 GG) werden, um außenpolitisch aktiv werden zu können (Hellmann, Wagner, Baumann 2014: 44). Allerdings kam es auf dem Gebiet der Europapolitik zu maßgeblichen Zugeständnissen an die Länder. Dennoch gilt, die Exekutive hat Vorrang und ist als Hauptverantwortliche für das „Machen“ von Außenpolitik zu benennen, denn: „Sie schließt Verträge und andere internationale Vereinbarungen, sie vertritt Deutschland in internationalen Institutionen und gegenüber anderen Staaten. Die anderen Verfassungsorgane auf der Ebene des Bundes – Bundestag, Bundesrat und Bundespräsident – haben zwar zum Teil wichtige Mitwirkungsrechte, das Recht zur Initiative in der Außenpolitik liegt aber weitgehend bei der Bundesregierung“ (Hellmann, Wagner, Baumann 2014: 46).

Folgende Ressorts der Bundesregierung sind besonders mit deutscher Außenpolitik befasst: 

  • Kanzleramt
  • Auswärtiges Amt
  • Bundesministerium der Verteidigung
  • Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit
  • Bundestag: einzelne Abgeordnete, die meist Mitglieder einschlägiger Ausschüsse sind

Im Auswärtigen Amt (AA), unter Leitung des Außenministers, sind „die Zuständigkeiten für alle Bereiche der Außenpolitik gebündelt“ (Hellmann, Wagner, Baumann 2014: 49). Auch wenn andere Ministerien ebenfalls mit internationalen Fragestellungen betreut sind, hat das AA eine Vorrangstellung. Diese ergibt sich aus der Koordinierungskompetenz, die dem Auswärtigen Dienst vom Gesetz zugeschrieben wird (Hellmann, Wagner, Baumann 2014: 50-51). Außenpolitische Fragen, die das AA bearbeitet, werden von den ministeriellen Fachapparaten, in Kabinettsausschüssen oder informellen Arbeitsgruppen vorbereitet und schließlich dem Bundeskabinett vorgelegt, da „der Bundesregierung prinzipiell alle Angelegenheiten von allgemeiner innen- und außenpolitischer Bedeutung zur Beratung und Beschlussfassung vorzulegen sind“  (Hellmann, Wagner, Baumann 2014: 51).

Laut Hellmann, Wagner und Baumann (2014: 52) sind es die Akteur:innen des bürokratischen Unterbaus deutscher Außenpolitik, die letztendlich diejenigen, die tatsächlich Außenpolitik machen: „Tausende von Diplomaten und Beamten sind im Bundeskanzleramt, den unterschiedlichen Ministerien sowie den deutschen Botschaften und internationalen Organisationen im Ausland über vielfältige formelle und informelle Koordinierungsmechanismen miteinander verbunden, um Entscheidungen vorzubereiten und umzusetzen“ (Hellmann, Wagner, Baumann 2014: 52).

Organisatorische Abläufe sind stets hierarchischer Natur und werden den zuständigen Abteilungen oder Referaten nach den Geschäftsverteilungsplan zugeteilt. 

Abbildung (Hellmann, Wagner, Baumann 2014: 47).

Für die Erstellung von Entscheidungsvorlagen, die für die Rücksprache mit Minister:in oder Bundeskanzler:in von Bedeutung sind, sind vor allem die Leitungsebenen im Bundeskanzleramt oder den Ministerien zuständig, die die von Beamt:innen und Diplomat:innen erarbeiteten Berichte und Vorlagen auswerten, um Weisung geben zu können (Hellmann, Wagner, Baumann 2014: 53). Diese formellen Abläufe, die die Entscheidungsfindung vorbereiten tragen sich zumeist in schriftlicher Form zu.

Neben den formellen Abläufen sei den informellen Abläufen (wie z.B. Telefongespräche) allerdings ebenfalls eine große Bedeutung zuzumessen, auch wenn sie sich empirisch schwer greifen lassen. Hellmann, Wagner und Baumann (2014: 59) argumentieren, dass häufig „in formalen Entscheidungsinstanzen nur vollzogen [wird], was auf informellem Wege vorbereitet wurde“.  Auch die erstarkende Rolle von externen Beratern wie Forschungsinstitutionen (SWP, DGAP, CAP, usw.) oder ad hoc-Beratungskommissionen betonen Hellmann, Wagner und Baumann (2014: 59).

Da deutsche Regierungen zumeist aus Koalitionen gebildet werden und das Amt des/der Bundeskanzler:in und des/der Außenminister:in von Angehörigen beider Parteien bekleidet werden, gilt zuletzt noch das Koalitionsprinzipals ungeschriebenes Gesetz, dass „alle potenziell strittigen Fragen vorab in paritätisch besetzten Koalitionsrunden gelöst und somit an den verfassungsrechtlich eigentlich zuständigen Institutionen vorbei entschieden [werden]“ (Hellmann, Wagner, Baumann 2014: 59)

Bundestag und Bundesrat sind nur sehr indirekt in das außenpolitische Regierungsgeschäft verwickelt und haben nur in gesetzlich geregelten Ausnahmefällen Mitwirkungsrecht, was aber nie eine „Initiativ-, Gestaltungs- oder Kontrollbefugnis im Bereich der auswärtigen Beziehungen“ miteinschließt (Hellmann, Wagner, Baumann 2014: 55-57).

Organigramm Auswärtige Amt

https://www.auswaertiges-amt.de/blob/215270/e1f4e609307319ef2b7e3885c879ad66/organisationsplan-data.pdf

Organigramm Bundeskanzleramt

https://www.bundesregierung.de/resource/blob/975196/773044/965a4d1b633cb6529246be5f4b016d8d/druckversion-organigramm-bkamt-data.pdf?download=1

Literatur

Hellmann G., Wagner W., Baumann R. (2014) Wer macht deutsche Außenpolitik?. In: Deutsche Außenpolitik. Grundwissen Politik. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-05022-1_3

Roos U. (2017) Einleitung: Arenen, Diskurse und grundlegende Handlungsregeln deutscher Außenpolitik. In: Roos U. (eds) Deutsche Außenpolitik. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-15370-0_1

Segbers K. (2006) Politikberatung: Deutsche Außenpolitik. In: Falk S., Rehfeld D., Römmele A., Thunert M. (eds) Handbuch Politikberatung. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90052-0_47

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