Ideengeschichte, die 367. – aber so langsam geht’s voran

Für interessierte Studierende gab’s am heutigen Mittwoch mal wieder das Gremien-Komplettpaket, bestehend aus Institutsrat (IR) und Fachbereichsrat (FBR), direkt nacheinander. Spannend für uns war dabei vor allem die Diskussion um die Zukunft der Ideengeschichte am OSI, die im Institutsrat verhandelt wurde.

Das OSI erhält in nächster Zeit gleich mehrere neue Professuren: eine für das Politische System der BRD (dazu später mehr), eine für Methoden und – hoffentlich – endlich auch wieder eine für Ideengeschichte und politische Theorie. Die Methoden-Professur ist dabei weitgehend unstrittig; es gibt eine feste Zusage vom Präsidium dafür, zudem hat das Dekanat ein Konzept entwickelt, das diese Professur für die Methodenausbildung des ganzen Fachbereichs vorsieht. Das OSI als mit Abstand größtes Institut des Fachbereichs Politik- und Sozialwissenschaften kommt dabei zur Hälfte für die Finanzierung auf.

Nach wie vor ungelöst ist aber die Frage nach einer Rekonstruktion der Ideengeschichte. Die komplette Vorgeschichte zu wiederholen, würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, daher verweisen wir an dieser Stelle auf das Archiv und die Suchfunktion unseres Blogs. Immerhin gibt es mittlerweile wohl intensive Verhandlungen des Dekanats mit dem Präsidium, außerdem engagiert sich Hajo Funke weiterhin in der Sache – und, last but not least, auch die Studierenden sind unvermindert aktiv in der Sache. In den letzten Monaten wurde nun erreicht, dass wir eine halbwegs geklärte Finanzierung für eine Vollprofessur Ideengeschichte haben. Diese besteht aus einer W1-Stelle (Juniorprofessur), die bereits für Ideengeschichte vorgesehen ist, sowie aus freiwerdenden Mitteln der Professur für Rechtliche Grundlagen. Diese ist zur Zeit als W3 (hohe Besoldung & Ausstattung) denominiert und wird für die Finanzierung von Prof. Hans-Joachim Mengel verwendet; nach Mengels Ausscheiden im Jahr 2012 soll daraus eine W2-Professur (nicht ganz so hohe Besoldung & Ausstattung) werden.
Allerdings brauchen wir weiterhin die Zustimmung des Präsidiums, da für die Ideengeschichte erneut eine Stelle im Strukturplan geschaffen werden müsste, sprich das OSI hätte am Ende eine Stelle mehr als jetzt. Wir finden das nicht weiter tragisch, das Präsidium ziert sich aber wohl zur Zeit noch etwas.

2012 – Das Jahr des Neubeginns

Nein, wir sind nicht unter die Esoterik-Spinner_innen gegangen. 2012 wird aber das Jahr sein, in dem das OSI frühestens wieder über eine eigenständige Ideengeschichtsprofessur verfügen könnte. Denn dann scheidet Mengel aus, damit kann der Lehrstuhl Rechtliche Grundlagen in seiner Größe etwas reduziert werden, damit wiederum kann eine Ideengeschichtsprofessur gegenfinanziert werden. Nun werden sich vielleicht einige fragen: „Häh, Ideengeschichte, ham wa doch, bin ich doch einmal die Woche in der Vorlesung!?!“ Das stimmt, ist aber nur eine Übergangslösung. Klaus Roth nimmt zur Zeit nach einer kurzen Zwangsunterbrechung im vergangenen Jahr wieder eine Vertretungsprofessur am OSI wahr. Damit verkompliziert sich die Angelegenheit ein wenig, denn alle Beteiligten haben zum einen ein Interesse an einer baldigen und verbindlichen Zusage für eine Ideengeschichtsprofessur, zum anderen sehen sich aber auch viele IR-Mitglieder bei Hr. Roth in der Pflicht, der immerhin mehr als 15 Jahre am OSI gelehrt hat. Ohne jemals eine „ordentliche“ Professur gehabt zu haben, wohlgemerkt. In diesem Spannungsfeld bewegte sich heute die Diskussion, bei der es v.a. darum ging, dem Dekanat für die anstehenden Verhandlungen mit dem Präsidium eine Art „Fahrplan“ an die Hand zu geben.

Nach langer Diskussion kristallisierten sich vier Möglichkeiten heraus:

– Klaus Roths Vertrag wird bis über das Jahr 2015 hinaus verlängert, ab 2012 wird zusätzlich eine W2-Stelle für Politische Theorie und Ideengeschichte besetzt, das heißt mit dem Ausschreibungsverfahren müsste demnächst begonnen werden. Diese Variante ist äußerst unwahrscheinlich, denn sie kostet das Präsidium Geld und schafft außerdem eine Doppelstruktur im Bereich Ideengeschichte (auch das fänden wir übrigens nicht schlimm, andere Stellen an dieser Uni hingegen vermutlich schon).

– Klaus Roths Vertrag wird bis über das Jahr 2015 hinaus verlängert, ab 2012 kommt zusätzlich eine Juniorprofessur mit Tenure Track (=Möglichkeit der Entfristung nach 5-6 Jahren). Auch hier würde mit dem Ausschreibungsverfahren schon bald begonnen werden müssen. Klaus Roth bleibt solange am Institut, bis die/der Juniorprofessor_in schließlich entfristet wird. Diese Variante hat durchaus ihren Charme, und ist darüber hinaus nicht so gänzlich unwahrscheinlich, da eine Juniorprofessur günstiger ist als eine Vollprofessur. Eine Mehrheit im IR hat sich dafür ausgesprochen, dass das Dekanat gegenüber dem Präsidium diese Möglichkeit stark macht.

– 2012 kommt eine W2-Vollprofessur für Ideengeschichte, die jetzt bereits ausgeschrieben wird, um pünktlich in zwei Jahren besetzt zu werden. Klaus Roth verliert nach dem Vertragsbeginn des/der neuen Professor_in seine Stelle. Der Nachteil ist in diesem Fall ganz klar die – weitere und erneute – Prekarisierung von Klaus Roth, der Vorteil liegt darin, dass die Ideengeschichte zeitnah wieder im Strukturplan verankert wäre. Diese Variante fand im IR die zweitgrößte Unterstützung.

– Klaus Roths Vertrag wird bis über das Jahr 2015 hinaus verlängert, wenn er die Altersgrenze erreicht, kommt statt einer neuen Vertretungsprofessur eine „richtige“ W2-Professur. Diese Variante ist ein wenig spekulativ, schließlich weiß niemand, ob das Präsidium in 5, 6 oder gar 8 Jahren noch etwas von den im Sommer 2010 gemachten Zusagen wissen will. Zudem hat Klaus Roth weder Stimmrechte in den akademischen Gremien noch eine nennenswerte Ausstattung, um eigenständig forschen zu können – aber, und das ist ein großer Pluspunkt bei diesem Modell, mit Klaus Roth bliebe ein bei vielen Studierenden beliebter Dozent noch für längere Zeit am OSI. Diese Variante fand am wenigsten Unterstützung unter den Vertreter_innen im IR.

Wie geht’s jetzt weiter?

Es ist gut möglich, dass die Informationen und Varianten, die hier aufgelistet werden, zum Zeitpunkt der Veröffentlichung schon fast wieder obsolet geworden sind. Das Dekanat verhandelt(e) heute Nachmittag mit dem Präsidium, eine Abordnung von Studierenden ist morgen zum Besuch beim Präsidenten in dieser Sache eingeladen. Bis dahin werden wir mit Sicherheit mehr wissen – derzeit kann aber bei den Freund_innen der Ideengeschichte wieder ein wenig vorsichtiger Optimismus einkehren.

Wie ging’s im IR weiter?

Der Rest der Sitzung drehte sich vor allem um zwei Themen: die Ausbildungskommission (ABK) des OSI stellte nochmal kurz sich und ihre Arbeit vor und wagte eine kleine Rückschau auf den Prozess der Lehrplanung im letzten Semester. So ein KVV schreibt sich schließlich nicht von alleine. Vor allem die Kommunikationsstrukturen zwischen Dozierenden, Lehrkoordination und ABK, so das Fazit, sind noch verbesserungswürdig. Hier besteht aber noch Hoffnung, immerhin gibt es die Kommission erst seit eineinhalb Semestern. Rein formal musste auch die Umwandlung eines Proseminars in eine Vorlesung – Einführung in die Europäische Integration – noch beschlossen wurden, das geschah auch (einstimmig).

Das andere große Thema war die sogenannte „S-Professur“ für Afrika-Forschung. Das „S“ in „S-Professur“ steht für „sektoral“; ein_e S-Professor_in hat deutlich geringere Lehrverpflichtungen und gehört eigentlich einer außeruniversitären Lehreinrichtung an. Im konkreten Fall ging es um einen Professor vom GIGA, dem German Institute of Global and Area Studies. Erneut wäre hier eine Professur ad personam ausgeschrieben worden, die berufene Person hätte zudem inhaltlich in die gleiche Kerbe gehauen wie viele der SFB-Forscher_innen. Saluah Nour, die derzeit das Afrika-Lehrangebot am OSI betreut, sprach sich denn auch strikt gegen die vorgeschlagene Person aus, die Studierenden forderten im IR eine weitere Diskussion. Der tatsächliche Verlauf der Sitzung sprach dem Hohn: nach einer kurzen Einleitung, dass „man sich ja im Professorium einig ist“, durfte die Vertreterin des akademischen Mittelbaus ein Sätzchen sagen, dann ein Vertreter der Studierenden, dann hieß es „auf zur Abstimmung“. Letzlich blockierten die Studierenden mit einem Veto die Zustimmung zur Einrichtung dieser S-Professur. Daraufhin wurde vor allem Marianne Braig vom LAI, die die S-Professur ausgehandelt hatte, sehr emotional, fast schon ausfallend. Wir nahmen es gelassen – die inszenierte Aufregung, weil angeblich „die Zeit wirklich sehr knapp ist“, haben wir schon oft genug mitgekriegt.

Hiermit geloben wir: wenn diese Professur bis zum Ende des Wintersemesters tatsächlich nicht eingerichtet ist, erhält jede_r, der/die diesen Artikel ausgedruckt mit zu unserem Stammtisch bringt, ein Gratis-Getränk.

Im Fachbereichsrat ging es zum Glück sehr viel weniger aufgewühlt zu; Hauptdiskussionsthemen im öffentlichen Teil waren die Ausschreibung für das Politische System der BRD und die Immatrikulationsfeierlichkeiten zu Beginn des nächsten Semesters.
In den Ausschreibungstext für politisches System wollten vor allem Vertreter_innen der Soziologie dringend einen Verweis auf Methodenfähigkeiten – das wirkte stellenweise etwas seltsam, schließlich gehen wir davon aus, dass eine Person, die sich auf eine Professorenstelle bewirbt, schon öfter wissenschaftlich gearbeitet hat. In dem Punkt wurde der Ausschreibungstext letztlich noch etwas verändert, außerdem wird die Stelle nicht mehr als W3 ausgeschrieben, sondern als „W2/W3“. Der Schrägstrich bedeutet, dass der/die Bewerber_in zwar nach W3 besoldet werden kann (etwa bei besonderer Eignung), dies aber nicht passieren muss.

Der „Gute-Laune-TOP“: die Immafeier

Zum Schluss ging es noch um die Gestaltung der Immatrikulationsfeier im nächsten Wintersemester. Das Präsidium will auch nach Lenzens Abgang nicht zu der zuletzt etwas konfliktträchtig gewordenen zentralisierten Feierlichkeit zurückkehren, sondern bevorzugt das letztes Jahr eingeführte Modell der dezentralen (Fachbereichs-)Immafeiern. Diese Behandlung der Thematik sorgte für viel Unverständnis im FBR, die häufigen Anspielungen auf Lenzen und seinen nicht gerade souveränen Umgang mit der auf Immafeiern geäußerten Kritik dagegen eher für Erheiterung. Letztlich will sich unser Dekanat dafür einsetzen, dass die FU wieder eine zentrale Immatrikulationsfeier abhält. Da das wahrscheinlich nicht klappt, wird es wohl wieder eine fachbereichsweite Feier geben.

Sommerfest des FU- und HU-AStAs

Am 15. 07. findet das Sommerfest des AStA FU statt, diesmal in Kooperation mit dem ReferentInnenRat der HU und der Historischen Kommission des StuPa HU. Flexibel wie FU-Studierende heutzutage sein sollen, weichen wir deshalb auch auf den ungewohnten HU-Campus in Mitte aus – und freuen uns mit euch über die kürzere Anfahrt…

Neben dem großen Arbeiter_innenlieder-Contest der Historischen Kommission erwarten euch verschiedenen DJ_anes (Elektro/ Indy/ Punk/ Ska/ Sommermucke), Kicker und Tischtennisplatte, Kuchen, Zines sowie jede Menge Infos. Außerdem gibts natürlich genug Raum, um einfach nur mit einem Cocktail in der Hand die Sonne zu genießen.

Also kommt vorbei!
Sommerfest

Wissenschaft und Kritik am OSI – this time for real

veranstaltungslogo

Unter dem Motto „Wissenschaft und Kritik“ organisieren die Fachschaftsinitiativen an der FU in diesem Sommersemester eine Reihe von Vorträgen und Diskussionsveranstaltungen, die eine kritische Perspektive auf die jeweilige Disziplin oder Teilbereiche derselben eröffnen sollen.

Stützwerk oder Sprengstoff? Die Politikwissenschaft zwischen Legitimation und Kritik des Bestehenden am Beispiel der Internationalen Beziehungen

Eine kritische Perspektive auf die Politikwissenschaft zeigt, dass diese grundsätzlich in bestehende Verhältnisse eingebunden ist und spezifischen Interessen folgt. Wie sich Politikwissenschaft zu gesellschaftlichen Verhältnissen positioniert und welche Folgen dies für Forschung und Ergebnisse hat, gilt es sowohl für Sozialwissenschaftler_innen als auch Politikinteressierte in den Blick zu nehmen: Aus welchem Interesse heraus wird mit welchen Zielen die Analyse von Politik und Gesellschaft berieben, welche Fragen gestellt oder ausgeblendet, welche Befunde geliefert oder verdeckt, welche Funktionen erfüllt und welche politischen Konsequenzen forciert? Werden in einer affirmativen Manier etwa bestehende Macht- und Herrschaftsverhältnisse legitimiert oder gar Herrschaftsstrukturen, Unterdrückung, Ausbeutung oder Diskriminierung (re-)produziert? Welche Perspektiven kritischer Wissenschaft hinterfragen die bestehenden Verhältnisse oder bringen diese gar zum Tanzen? Diese Fragen nach einer Kritik der Politikwissenschaft und kritischen Politikwissenschaft sollen am Beispiel der Internationalen Beziehungen auf dem Feld der Entwicklungspolitik diskutiert werden.

mit Jenny Simon
organisiert von der FSI OSI

Das komplette Programmheft mit vielen weiteren spannenden Vorträgen gibt es hier als PDF.

Vakanzen Tanzen! – Die Woche der vakanten Professuren startet

Es ist soweit: nach langer Vorbereitung, vielen anstrengenden Plena, Zu-, Ab- und schließlich doch wieder Zusagen angefragter Referent_innen, nach vielen Stunden vor Layout-Programmen, dem Kopierer im AStA und Flyerverteilerei, ist es nun so weit: die Woche der vakanten Professuren unter dem Motto „Vakanzen tanzen“ startet am Montag. Bereits gestern fand eine gut besuchte und informative VollVersammlung im Hörsaal 21/A des OSI statt. Inputs über die Situation der Lehrplanung und die Lage der Wissenschaftlichen Mitarbeiter_innen am Institut boten einen Einstieg, anschließend gab es eine kurze Vorstellung des Programms der Aktionswoche.
In der darauf folgenden Diskussion wurde letztlich beschlossen, uns in der nächsten Woche die Hörsäle A und B in der Ihnestraße 21 für unsere Veranstaltungen anzueignen – denn auch die Raumsituation am OSI spricht Bände über die derzeitige Ausstattung dieses ach so exzellenten Instituts. Auf diese Weise soll die Aktionswoche auch im Institutsalltag sichtbar werden.

Aber erstmal genug von uns, für weitere Informationen verweisen wir auf den Blog von Vakanzen tanzen -> http://vakanzentanzen.blogsport.de/, das Programm -> als PDF , und auf den Verteiler -> vakanzen_tanzen@lists.spline.inf.fu-berlin.de .

Kommt vorbei, hört euch die Vorträge an, diskutiert bei den Diskussionen mit, habt Spaß auf der Party nächsten Freitag…

Die Verhältnisse am OSI zum Tanzen bringen!

OSI-VollVersammlung am Donnerstag

Am 10.6., einen Tag nach der großen Bildungsstreikdemo vor dem Roten Rathaus, lädt der Vorbereitungskreis der „Woche der vakanten Professuren – Vakanzen tanzen!“ zur VollVersammlung am OSI ein. Wir zitieren im weiteren aus dem VV-Aufruf des Vorbereitungskreises:

„Wir wollen gemeinsam überlegen, wie wir gegen die seit Jahren schlechter werdende (Studien-)Situation am OSI vorgehen können. Dazu wird es Inputs zu verschiedenen Themen geben, von der Lage bei der Lehrplanung, den aktuellen Stand in Sachen nicht besetzte Professuren, über die Situation der Wissenschaftlichen Mitarbeiter_innen bis zu einer Vorstellung der Aktionswoche. Anschließend wollen wir mit möglichst vielen Menschen diskutieren, welche Aktionen die Veranstaltungen der Aktionswoche begleiten können und sollen, damit wir die Verhältnisse wirklich zum Tanzen bringen!“

Donnerstag, 12-14 Uhr, im Hörsaal Ihnestraße 21/A.

Die FU verschleudert Hunderttausende

Wir alle kennen es: egal was wir von den Verantwortlichen an der FU fordern, egal ob im direkten Gespräch oder nach Vermittlung der Instituts- oder Fachbereichsleitung, egal ob überzeugend begründet („konstruktiv“, wie die LHG immer so gerne sagt) oder nur als Polemik gemeint – stets bekommen wir die gleiche Antwort. Dafür ist kein Geld da. Ideengeschichtsprofessur? Kann nicht finanziert werden. Bezahlte Tutorien? Kann nicht finanziert werden. Ausfinanzierte Projekttutorien? Kann nicht finanziert werden. Ein Fortbestehen der dezentralen Bibliotheken an der FU? Kann nicht finanziert werden.
Ein überflüssiges, aber prestigeträchtiges Auslandsbüro, das Gala-Dinners veranstaltet? Klar, dafür ist Geld da.

Wie – neben anderen Medien – der „Tagesspiegel“ aktuell berichtet (*klick*), hat die FU den „Friends of Freie Universität Berlin“ in New York in den vergangenen Jahren mehr als eine Million Euro gegeben. Dieser Verein, bestehend aus Alumni, sollte in den USA Geld für die FU sammeln, ganz nach dem Vorbild der US-amerikanischen Eliteunis, bei denen Alumni-Beiträge einen beträchtlichen Anteil des Budgets ausmachen. Aber gut gemeint ist halt noch lange nicht gut gemacht. Und so steckte die Zentralverwaltung der FU seit 2003 Jahr für Jahr Tausende Euro in ihr New Yorker Büro, ohne auch nur annähernd für die Investition etwas zurück zu erhalten. Gleichzeitig wurden in Berlin Bibliotheken und Institute geschlossen und Professuren gekürzt.

Henry-Ford-Bau: Sanierung doch nicht über Spenden finanziert?

Dabei hatten die „Friends“ einen recht beachtlichen Erfolg beim Geldeintreiben vorzuweisen: eine Großspende in Höhe von 600 000 Dollar für die Sanierung des Henry-Ford-Baus. Die etwas älteren Semester werden sich erinnern, die fand vor einigen Jahren statt und war pünktlich zur Verkündigung des Exzellenzstatus der FU abgeschlossen. Das Geld kam von der Max-Kade-Stiftung – das frisch sanierte Auditorium Maximum im HFB wurde denn auch prompt nach Max Kade benannt.
Sehr nett, könnte mensch jetzt sagen, aber wie so oft gibt es auch hier einen Haken. Von den 600 000 Dollar ist nämlich so gut wie nichts in Berlin angekommen. Oder, wie das Präsidium in einem internen Prüfbericht selbst zugibt, „die gesamte Renovierung des Henry-Ford-Baus [wurde] aus Mitteln der Freien Universität bestritten [..]“. Na sowas. Merkwürdig nur, dass mensch erst heute etwas davon erfährt, und nicht zu der Zeit, als am HFB noch gebaut wurde.
Allerdings dürfte der angeblich nicht nach dem Antisemiten Henry Ford sr. benannte Henry-Ford-Bau damit auch einen neuen Rekord aufgestellt haben: den für das einzige Universitätsgebäude, das es schafft gleich zwei Namensgebungen mit „Geschmäckle“ in sich zu vereinen. Wenn die FU schon spitze ist, dann wenigstens konsequent.

Eine Million Euro – so what?

Seit einiger Zeit geht ja der/dem geneigten/_m Leser_in ein wenig der Maßstab für Geldbeträge verloren. Kein Wunder, wenn für marode Immobilienbanken oder zur Stützung des Euro Dutzende, wenn nicht gar Hunderte von Milliarden locker gemacht werden. Was ist da schon eine Million?

Nun, wer sich schon mal die Haushaltssitzungen des Instituts- oder Fachbereichsrats angesehen hat, wird sich wundern, mit welch schmalem Budget an der FU gewirtschaftet wird. Eine Million Euro entsprechen denn auch ziemlich genau dem Jahresbudget (!) des OSI; wir gehen nicht davon aus, dass das an anderen Instituten nennenswert anders sein dürfte. Der Fachbereich Politik- und Sozialwissenschaften musste in den letzten Jahren – also in genau dem Zeitraum, als die „Friends of Freie Universität“ in New York nutzlose Preise an Chefideologen des Neoliberalismus vergaben – kontinuierlich 7,5% des Haushalts pro Jahr einsparen. Das ging soweit, dass am OSI zwischenzeitlich das Klopapier aus den Kostenstellen vakanter Professuren bezahlt werden musste, weil dafür im regulären Haushalt kein Geld mehr da war.

Grundsätzlich macht sich wieder einmal bemerkbar, dass Intransparenz in Verbindung mit einer zu großen Machtfülle zu einer systematischen Verschwendung von Geldern führt. Beispiele dafür lassen sich genug finden, von der „Amigo-Affäre“ der bayerischen CSU über den Kölner Klüngel bis hin zum Berliner Bankenskandal. Wir erneuern daher unsere Forderung nach einer Abschaffung der Erprobungsklausel, die den Präsidialabteilungen aller Berliner Unis weitgehende Vollmachten eröffnet, und nach einer Einführung größerer Mitspracherechte aller Statusgruppen bei universitätsweiten Entscheidungen. Die Verlagerung von Kompetenzen aus den gewählten akademischen Gremien hin zu vom Präsidium verwalteten Exzellenz- und Strategiezentren muss aufhören!

Konsequenzen?

Es bleibt aber abzuwarten, welche Konsequenzen an der FU nun gezogen werden. Eine erste Folge dieser skandalösen Geldverschwendung steht schonmal fest, das Büro der „Friends“ in New York wird geschlossen. Spannend wird es eher bei der Frage, ob auch persönliche Konsequenzen gezogen werden. Dieter Lenzen hat es sich ja schon mal in Hamburg bequem gemacht. Darüber hinaus unterhält die FU im Rahmen ihrer Exzellenzstrategie der „Internationalen Netzwerkuniversität“ weitere Auslandsbüros in aller Welt – ein Vorhaben, das von Studierenden schon länger als Geldverschwendung kritisiert wird. Ob die Misswirtschaft des New Yorker Büros Auswirkungen auf das Wirken der anderen Auslandsbüros haben wird, ist ebenfalls noch nicht klar.

Klar ist dagegen: wir fordern die komplette Aufklärung dieser Mittelverschwendung, und wir fordern ein Ende der Sachzwangausreden als Absage an unsere Forderungen!

Nachtrag: Der „Tagesspiegel“ zu den Hintergründen und eher hilflosen Erklärungsversuchen des Präsidiums

Ein Kritiker weniger für das neue Präsidium

Am kommenden Mittwoch wählt der Erweiterte Akademische Senat (AS) der FU Berlin einen neuen Präsidenten und eine neue 1. Vize-Präsidentin. Überschattet wird die Wahl von Vorwürfen, dass das Ergebnis von vornherein fest stünde. Diese Vorwürfe kommen nun aber fast nur noch von Seiten der Studierenden – einer der prominentesten Kritiker des Präsidialamtes in den vergangen Jahren, OSI-Professor Hajo Funke, wurde vor Kurzem in einer fragwürdigen Aktion abgesägt.

Hajo Funke – beliebter Dozent, schwieriger Verbündeter

Hajo Funke dürfte vielen am OSI ein Begriff sein. Als einer von mittlerweile wenigen Profs war er ein Überbleibsel aus der Zeit, als das OSI als „rote Kaderschmiede“ in der ganzen BRD bekannt (um nicht zu sagen: berüchtigt) war. Seine Stelle, Politik und Kultur, wurde schon vor Jahren aus dem Strukturplan gestrichen, Funke blieb als Inhaber einer „Überhangsprofessur“ jedoch weiterhin am Institut. Seine Seminare waren bei vielen Studierenden beliebt und folglich gut besucht; seine Forschungen zu Rechtsextremismus in der BRD und zu den politischen Verhältnissen in den USA machten ihn auch einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Darüber hinaus war Hajo Funke stets auch ein politischer Akteur im Institut, am Fachbereich, und im Akademischen Senat. Hier ist seine Rolle jedoch deutlich zwiespältiger zu bewerten als seine Leistungen in Lehre und Forschung. Zwar gab sich Funke häufig als einer der schärfsten Kritiker des BA-/MA-Systems, der Ökonomisierung der Uni, der IB-lastigen Ausrichtung des OSI und nicht zuletzt des Lenzen-Präsidiums. Sein tatsächliches Abstimmungsverhalten blieb jedoch oft weit hinter seiner Rhetorik zurück: so stimmte Hajo Funke mehrmals gegen das Diplom am OSI, trug die Hinhaltetaktik des alten Dekanats in Sachen Ideengeschichte zumindest teilweise mit und versuchte immer mal wieder, mit fragwürdigen Kompromissen die Positionen der studentischen Gremienvertreter_innen aufzuweichen – natürlich ohne, dass ein vergleichbares Entgegenkommen von professoraler Seite gefordert wurde oder eingetreten wäre. Diese Politik hat in den letzten Jahren – leider – zu einer Entfremdung zwischen vielen der politisch aktiven Menschen am OSI (auch aus dieser Fachschaftsini) und Hajo Funke geführt.

Wie fehlende Drittmittel zur politischen Waffe werden

Doch während den Studierenden allenfalls eine Schimpfkannonade beim abendlichen Bier nach der Institutsratssitzung bleibt, um ihrer Verärgerung über bestimmte Aktionen von Hajo Funke Ausdruck zu verleihen, stehen natürlich einem Präsidium – zumal einem so mächtigen wie dem der FU – ganz andere Mittel zur Verfügung. Denn bei aller Kritik an der von ihm vertretenen Politik, eins muss mensch Hajo Funke zu Gute halten: er war einer der hartnäckigsten Kritiker des Präsidiums und des „Die Uni bin Ich“-Präsidenten Dieter Lenzen (Zitat „ZEIT“). Sowohl bei der Affäre um die Berufung von Albert Scharenberg (dazu der Uni-SPIEGEL) als auch im Streit um die Bibliotheken des Fachbereichs Politik- und Sozialwissenschaft (wir berichteten) und bei der Nominierung der studentischen Vertreter_innen in die Kommission für Lehrangelegenheiten (KfL) bezog Hajo Funke konsequent und wortmächtig Stellung gegen das Präsidium.

Dass das Präsidium und vor allem die frühere 1. Vizepräsidentin Ursula Lehmkuhl nicht gut auf den OSI-Professor Funke zu sprechen war, ist seit Langem ein offenes Geheimnis. Umso anrüchiger wird die Ablehnung des Antrags auf Verlängerung von Funkes Stelle. Diese lief nämlich zum Ende des Wintersemester 2009/10 wegen Erreichen der Altersgrenze aus, auf gut Deutsch: Hajo Funke sollte in Rente gehen. Nun ist es für Hochschullehrer_innen möglich, ihren Vertrag bis zu dreimal um jeweils ein Jahr verlängern zu lassen. Eine solche Verlängerung verlangt aber die Zustimmung des Präsidiums, ausserdem muss die Finanzierung gesichert sein – das heißt, die Verlängerung erfolgt entweder auf einer vorgesehenen Stelle, für die ohnehin Geld da ist, oder wird durch Umlagen oder Drittmittel finanziert.

Hajo Funke stellte nun kurz vor Ende seiner Dienstzeit einen Antrag auf Verlängerung. Die Finanzierung aus Mitteln des Dekanats am Fachbereich PolSoz war gesichert, dem Präsidium wären keine Kosten entstanden. In einer internen Abstimmung sprachen sich drei von fünf Mitgliedern des Präsidiums für die Verlängerung aus. Doch nun schlug die Stunde der Ursula Lehmkuhl: als derzeit geschäftsführende Präsidentin machte sie von ihrer „Richtlinienkompetenz“ Gebrauch und lehnte die Verlängerung ab. Der (angebliche) Grund: die fehlende Beteiligung Funkes an Drittmittel-finanzierten Forschungsprojekten in den letzten Jahren. Der nicht nur von Studierenden erhobene Vorwurf lautet dagegen: hier sollte ein bekannter Kritiker des Präsidiums mundtot gemacht werden.

Die Absage an Hajo Funke ging so kurzfristig ein, dass eine gerichtliche Einigung nicht mehr möglich war. Somit ist Hajo Funke seit dem 1.4.2010 offiziell im Ruhestand. Dem OSI geht damit eine der letzten kritischen Stimmen und einer der wenigen Verfechter der Ansicht, dass Politikwissenschaft mehr sein müsse als IB und Governanceforschung, verloren.

Das neue Präsidium – Perpetuierung der ALTen Zustände

Seitdem Dieter Lenzen nach Hamburg entschwunden ist und nun dort die Studierenden mit neoliberaler Konkurrenzscheiße, Exzellenzwahn und Top-Down-Verwaltung beglücken darf, sucht die FU eine_n neue_n Präsident_in. Ein transparentes Verfahren sollte es werden, in dem viele Bewerber_innen eine gleichberechtigte Chance haben sollten. Dass das nicht funktionieren würde, so lange der bisherige Lenzen-Klüngel im Akademischen Senat die Zügel in der Hand hält, hätte eigentlich klar sein müssen. In der Sichtungskomission für mögliche Kandidat_innen war gerade mal ein Sitz für die Studierenden reserviert; unter 14 Bewerber_innen wurde ein Einziger als Kandidat vorgeschlagen: Peter-André Alt, Literaturwissenschaftler und Direktor der Dahlem Research School. Selbst die Berliner Zeitung berichtete von einem abgekarteten Spiel, da gleichzeitig mit Alt das AS-Mitglied Monika Schäfer-Körting als 1. Vizepräsidentin gewählt werden soll. Schäfer-Körting ist über die Liste der so genannten „Liberalen Aktion“ in den AS gewählt worden, einer Wahlliste die den parlamentarischen Arm der „Notgemeinschaft für eine Freie Universität“ (NoFU) darstellte. Die NoFU machte in den 1970er und 80er Jahren von sich reden, weil sie (vermeintlich) linke Studierende bespitzelte und deren Namen an mehr als 1700 Stellen in der gesamten BRD verschickte, was für viele in Zeiten des Radikalenerlasses ein vorzeitiges Karriereende bedeuten konnte. (Vgl. auch Pressemitteilung des AStA FU vom 29.3.2010)

Um den Anschein einer demokratischen Wahl unter mehreren Kandidat_innen zu wahren, wurden schließlich noch ein Bewerber und eine Bewerberin eingeladen, sich vor dem AS vorzustellen: Raúl Rojas, Informatiker an der FU, und Christiane Lemke, Politikwissenschaftlerin von der Uni Hannover. Nach der Vorstellung ihrer jeweiligen Programme im Akademischen Senat zog Rojas seine Kandidatur direkt im Anschluss zurück; Christiane Lemke folgte zu Beginn dieses Semesters (Artikel im „Tagesspiegel“). Somit bleibt nur Peter-André Alt als Kandidat für das Amt des Präsidenten und Monika Schäfer-Körting als 1. Vizepräsidentin übrig. Das Studierendenparlament hat die studentischen Vertreter_innen im Erweiterten Akademischen Senat dazu aufgerufen, die Wahl zu boykottieren (Presseerklärung des AStA FU vom 23.4.2010). Da die professorale Mehrheit aber bereits im Vorfeld so wunderbar ausgeklüngelt wurde, ist durchaus mit einer Wahl von Alt und Schäfer-Körting zu rechnen.

Einen Kritiker weniger haben sie, dank des – nach dem Geziehe um die Juniorprofessur von Albert Scharenberg – erneut rechtswidrigen Eingriffs von Prof. Dr. Ursula Lehmkuhl in Personalangelegenheiten schon mal. Und auch worauf sich protestierende Student_innen unter dem neuen Präsidium gefasst machen können, gibt Monika Schäfer-Körting einen ersten Vorgeschmack: die Anzeigen gegen die Besetzer_innen des Hörsaals 1A, die am 14. Februar aus dem Gebäude geräumt wurden, werden von der Unileitung aufrecht erhalten.

Wahl des neuen Präsidiums durch den Erweiterten Akademischen Senat: Mittwoch, 12.5., um 15 Uhr im AS-Sitzungssaal (Henry-Ford-Bau). Kritische Stimmen sind mit Sicherheit erwünscht…