Markus Schrenk 

(1) Wie rdest Du Deinen sozialen Hintergrund beschreiben?

Meine Eltern waren sehr jung, 17 und 19 Jahre alt, und selbst noch in Ausbildung, als ich zur Welt kam. Meine Mutter war Erzieherin, mein Vater Finanzbeamter. Wir lebten in einem Dorf in Rheinland-Pfalz, kulturelle Angebote waren eher rar und mein Gymnasium mehr oder weniger der einzige Ort, der Zugang zu Bildung, zu Kultur und Wissenschaft ermöglichte. Glücklicherweise hatte ich einige gleichgesinnte Schulfreunde, die auch an Philosophie interessiert waren, und Lehrer, die mein Interesse förderten. Meine Eltern haben mir auch nie Steine in den und, wo sie es konnten, einige aus dem Weg gelegt.

(2) Was waren für Dich besondere Schwierigkeiten, die mit Deinem Hintergrund zu tun hatten oder haben, und gibt es ein Beispiel für eine Erfahrung oder Anekdote, die diese gut veranschaulicht?

Dass viele meiner Kommiliton:innen unter Professor:innen, Lehrer:innen, Ärzt:innen, etc. aufgewachsen waren, habe ich besonders in Oxford, wo ich promovierte, oder auf Sommerakademien der Studienstiftung erfahren/ erspürt. Deutlich wurden diese Differenzen jedoch nicht in Uniseminaren, denn da ist die analytische Philosophie ja begrüßenswert egalitär, sondern besonders im außerakademischen Kontext: In vielen akademischen Elternhäusern geht man ja selbstverständlicher mit kulturellen Referenzen um, ist weiter gereist, geht häufiger aus, spricht ggf. mehrere Sprachen, etc. Das schüchterte schon ein. Auf einer Sommerakademie beeindruckte mich dann besonders, dass unser Prof nach der Wanderung erst einmal eine Runde Bier für alle bestellte: Was? Auch Professor:innen trinken Bier, nicht Wein?

(3) Was hat Dir dabei besonders geholfen, diese oder andere Schwierigkeiten zu überwinden, und gibt es auch hier ein Beispiel für eine Erfahrung oder Anekdote, die dies gut veranschaulicht?

Naivität! Es hat nämlich etwas gedauert, bis mir der Grund der Differenz explizit klar wurde. Glücklicherweise durfte ich mich zu diesem Zeitpunkt schon über akademische Erfolge freuen, so dass ich meistens damit umgehen konnte. Aber es gab durchaus Momente, in denen mir das nicht möglich war. Und dann fluktuierten die Emotionen zwischen dem Gefühl, inadäquat zu sein, und dem Selbstbewusstsein, es ja trotzdem „geschafft“ zu haben.

(4) Gibt es besondere Einsichten oder Perspektiven, die Du Deinem Hintergrund verdankst und die für Deine philosophische Forschung oder Lehre von besonderem Wert sind?

Zusammen mit dem Team von denXte, einer philosophischen Vortragsreihe für Bürger:innen in Düsseldorf, habe ich 2022 den Communicator-Preis der DFG und des Stifterverbands für Wissenschaftskommunikation verliehen bekommen. Das hat mich enorm gefreut und ich vermute, dass mir meine nicht-universitäre Vergangenheit hilft, wirklich auf Augenhöhe mit den Bürger:innen zu kommunizieren und die Brücke zwischen akademischer Wissenschaft und Menschen ohne philosophische Vorkenntnisse zu schlagen.

Markus Schrenk ist Professor für Metaphysik und Sprachphilosophie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

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