Politikberatung

Wer macht Politikberatung?

In unserem Projekt beschäftigen wir uns mit wissenschaftlicher Politikberatung. Damit wir aber wissen, in welcher Landschaft der Politikberatung sich Wissenschaftler:innen bewegen.

In Deutschland unterscheiden Falk et al. zwischen Politikberatung innerhalb des Regierungs- und Gesetzgebungsapparats und von außerhalb (vgl. Falk et al. 2019: 173).

Politikberatung „von innen“

In den Parlamenten werden die Fraktionen von ihren Fraktionsmitarbeiter_innen sowie denen der Abgeordneten beraten, die über die Fraktionsspitzen ihren beraterischen Output „uploaden“ (Beck 2019; Eilfort 2019). Ein weiterer Kanal der Politikberatung ist der wissenschaftliche Dienst des Bundestags, der für die Abgeordneten und das Parlament als Ganzes tätig ist (Winter 2019).

Die höheren Entscheidungsebenen der Exekutive werden durch ihre Ministerien und Behörden beraten. Insbesondere die Minister:innen werden aber auch durch ihr unmittelbares persönliches Umfeld (z. B. Büroleiter:in), das gewissermaßen als Transmissionsriemen funktioniert, mit Informationen versorgt (Grunden 2009: 24f).

Implikationen für das Projekt: Wir müssen verstehen, wie und von welchen Akteuren die deutsche Außenpolitik gemacht wird. Daraufhin müssen wir entscheiden, welche Prozesse und Akteure wir untersuchen wollen. Diese müssen einerseits relevant, aber auch für uns realistisch untersuchbar sein. Das Büro des Außenministers Frank-Walter Steinmeiers mag zwar hochgradig interessant sein, ist aber im Gegensatz zum Auswärtigen Ausschuss auch abgeschlossener.

Politikberatung „von außen“

Die Informationsflüsse innerhalb des engeren politischen Systems werden durch Inputs von anderen Akteuren komplementiert.

Einige wesentliche Akteure sind die folgenden:

  • Ad-hoc-Expertenkommissionen werden zu spezifischen Fragestellungen ins Leben gerufen. Ihre Abschlussberichte fließen in die Arbeit des engeren politischen Systems ein (Siefken 2019). Ihre Funktion für die Politik unterscheidet sich. Sie können einerseits primär Informationen bereitstellen, können aber ebenso instrumentalisiert werden, um politischen Druck zu erzeugen, Entscheidungen herbeizuführen und legitimieren. Ein Beispiel für Letzteres ist die Hartz-Kommission (ebd.; Blogartikel zu Funktionen der Politikberatung). Neben ad-hoc-Kommissionen gibt es auch institutionalisierte Kommissionen. Ein Beispiel hierfür ist der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Obwohl auch er bzw. seine Ratschläge phasenweise ein Politikum sind, besteht seine Funktion im Gegensatz zur Hatz-Kommission in der Bereitstellung von Informationen zur effizienten Zielerreichung (Strätling 2019: 356).
  • Think-tanks sind von Staat wie Privatwirtschaft unabhängige, rechtlich gemeinnützige Organisationen, deren Ziel es ist, Einfluss auf politische Entscheidungen zu nehmen. Das Modell von Weaver und McGann klassifiziert Think-tanks in politische und nicht-politische Formen. Politische Think-tanks können parteigebunden sein oder für ein bestimmtes Thema Advocacy betreiben. Nicht-politische Think-tanks arbeiten entweder akademisch oder auf Vertragsbasis (Braml 2019: 261ff). Beispiele in Deutschland sind das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung, die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik oder zu einem gewissen Grad auch die politischen Stiftungen.
  • Verbände sind ein Produkt gesellschaftlicher Spaltlinien und wirtschaftlicher wie politischer Orientierungen. Sie sind vereinigen von rechtlichen wie natürlichen Personen, um ihre Interessen zu vertreten. In ihren jeweiligen Bereichen stellen sie der Politik ihre Expertise zur Verfügung, vertreten aber zugleich auch ihre Partikularinteressen. Insbesondere weil Verbände ein „Expertenpool“ sind, besteht eine große Nähe zur Politik (Mai 2019).
  • Stiftungen ist gemein, dass sie ein Stiftungsvermögen besitzen, das nur den in der Satzung bestimmten Stiftzweck verwendet werden darf. Es gibt Förderstiftungen, die Projekte Dritter im Sinne des Stiftzwecks finanzieren, und operative Stiftungen, die den Stiftzweck durch ihre eigenen Tätigkeiten zu erfüllen suchen. Für die Politikberatung sind vor allem die operativen Stiftungen interessant. Beispiele in Deutschland sind beispielsweise die Körber-Stiftung oder die Bertelsmann-Stiftung (Welzel 2019).
  • Darüber hinaus sind auch Unternehmensberatungen beispielsweise unterstützen einerseits die Verwaltung (Restruktusierung, Modernisierung), beraten aber auch persönlich oder wirken in Kommissionen mit. Auch Journalist:innen leisten einen Beitrag zur Politikberatung, da sie durch ihre Medienbeiträge einerseits die Debatte und andererseits durch Hintergrundgespräche die Politiker:innen beeinflussen (Bill/Falk 2019; Leif 2019).

Literaturverzeichnis

Beck, Andreas (2019): Die zweite Reihe im Zentrum der Macht: Politikberatung durch Fraktionsreferentinnen und wissenschaftliche Mitarbeiter in Abgeordnetenbüros. In: Svenja Falk, Manuela Glaab, Andrea Römmele, Henrik Schober und Martin Thunert (Hg.): Handbuch Politikberatung. 2. Auflage 2019. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH; Springer VS, S. 228–240.

Bill, Holger; Falk, Svenja (2019): Unternehmensberatungen in der Politikberatung. In: Svenja Falk, Manuela Glaab, Andrea Römmele, Henrik Schober und Martin Thunert (Hg.): Handbuch Politikberatung. 2. Auflage 2019. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH; Springer VS, S. 290–299.

Braml, Josef (2019): Wissenschaftliche Politikberatung durch Think Tanks. In: Svenja Falk, Manuela Glaab, Andrea Römmele, Henrik Schober und Martin Thunert (Hg.): Handbuch Politikberatung. 2. Auflage 2019. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH; Springer VS, S. 255–267.

Eilfort, Michael (2019): Fraktionen und Ausschüsse. In: Svenja Falk, Manuela Glaab, Andrea Römmele, Henrik Schober und Martin Thunert (Hg.): Handbuch Politikberatung. 2. Auflage 2019. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH; Springer VS, S. 189–197.

Falk, Svenja; Glaab, Manuela; Römmele, Andrea; Schober, Henrik; Thunert, Martin (Hg.) (2019): Handbuch Politikberatung. Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH. 2. Auflage 2019. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH; Springer VS.

Grunden, Timo (2009): Politikberatung im Innenhof der Macht. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Leif, Thomas (2019): Medien und Politikberatung – kommunizierende und konkurrierende Röhren. In: Svenja Falk, Manuela Glaab, Andrea Römmele, Henrik Schober und Martin Thunert (Hg.): Handbuch Politikberatung, 322-333. 2. Auflage 2019. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH; Springer VS.

Mai, Manfred (2019): Verbände und Politikberatung. In: Svenja Falk, Manuela Glaab, Andrea Römmele, Henrik Schober und Martin Thunert (Hg.): Handbuch Politikberatung. 2. Auflage 2019. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH; Springer VS, S. 268–274.

Siefken, Sven T. (2019): Expertenkommissionen der Bundesregierung. In: Svenja Falk, Manuela Glaab, Andrea Römmele, Henrik Schober und Martin Thunert (Hg.): Handbuch Politikberatung. 2. Auflage 2019. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH; Springer VS, S. 215–227.

Strätling, Ansgar (2019): Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. In: Svenja Falk, Manuela Glaab, Andrea Römmele, Henrik Schober und Martin Thunert (Hg.): Handbuch Politikberatung. 2. Auflage 2019. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH; Springer VS, S. 353–362.

Welzel, Carolin (2019): Politikberatung durch Stiftungen. In: Svenja Falk, Manuela Glaab, Andrea Römmele, Henrik Schober und Martin Thunert (Hg.): Handbuch Politikberatung. 2. Auflage 2019. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH; Springer VS, S. 276–289.

Winter, Thomas von (2019): Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages. In: Svenja Falk, Manuela Glaab, Andrea Römmele, Henrik Schober und Martin Thunert (Hg.): Handbuch Politikberatung. 2. Auflage 2019. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH; Springer VS, S. 188–2014.

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