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Ein Beitrag von Julia Diekämper

Als He Jiankui im November 2018 in einem YouTube-Video bekannt gab, er verantworte die Geburt zweier Mädchen, deren Genom im embryonalen Zustand verändert worden sei, endete seine Botschaft mit einer Einladung: Der Einladung, ihm, He Jiankui, oder den Zwillingen Lulu und Nana zu schreiben.

Diese Idee der Interaktion haben wir in einem Kooperationsprojekt zwischen Universität Tübingen und Museum für Naturkunde Berlin mit dem Titel „ZukunftMensch“ aufgegriffen:

Auf ihrem Rundgang durch das Museum für Naturkunde begegneten Besuchende in der Zeit vom 15. Oktober bis zum 17. November 2019 He Jiankui in ständiger Wiederholung: Die Aufnahmen aus dem Labor, in dem sich He präsentiert, waren in einem kurzen Film arrangiert, mit der Berichterstattung über seine Experimente sowie einer Stellungnahme des Deutschen Ethikrates zu derartigen Keimbahneingriffen.

Geleitet war der Versuchsaufbau durch die Vorstellung, dass die bewegten Bilder zunächst Interesse stiften sollten. Unser Video endete mit dem Aufruf, wahlweise He Jiankui, Lulu und Nana oder Peter Dabrock (Vorsitzender des Deutschen Ethikrates 2016-2020) zu schreiben. Ein Postkasten sammelte die Antworten, die fortan über den Instagram-Account des Projektes geteilt wurden.

Indem die Besuchenden ihr Wort direkt in einer fiktiven Situation an die jeweiligen AdressatInnen richteten, eröffnete sich durch Empathie im Akt des Schreibens Ausdrucks- und Reflexionsmöglichkeiten. Insgesamt nahmen 162 Menschen an der Aktion teil und dokumentierten eindrücklich die Vielfalt verschiedener Intuitionen, Positionen und Urteile.

Schaue dir doch einmal an, was andere Personen geschrieben haben.

Was würdest du schreiben?

Illustrationen von Sheree Domingo