Premiere: Interviewpraxis via Videokonferenz

Auch in diesem Semester erhielten die Teilnehmer*innen der Forschungswerkstatt die Gelegenheit, erste Erfahrungen mit Interviews in deutscher und japanischer Sprache zu sammeln. Während die Interviewpartner*innen bisher in die FU kamen oder wir sie in ihren Restaurants besuchten, haben wir im coronabedingten Onlinesemester die Interviews via Videokonferenz geführt. Das war für alle eine Premiere und wir waren entsprechend aufgeregt. Wir hatten das große Glück, gleich drei sehr unterschiedliche Interviews mit Akteur*innen der japanischen Gastronomie in Berlin führen und sie über ihre Arbeit, Unternehmen und die Auswirkungen der Corona-Krise befragen zu können.

Den ersten Termin hatten wir mit Masataka Namba vereinbart, der im Prenzlauer Berg kakigōri (geschabtes Eis, das mit Sirup übergossen wird) und andere japanische Süßigkeiten, aber auch einige herzhafte Speisen anbietet. Er kam 2017 mit seiner Familie nach Berlin und gründete Tenzan Lab (www.instagram.com/tenzanlab/ ), weil er den Berlinern kakigōri als eine kulinarische und ästhetische Spezialität aus Japan vorstellen wollte, die hierzulande noch unbekannt ist. Gegen Portugal, wo er vorher lebte und für Berlin entschied er sich, weil er Berlin für die aufregendste Stadt Europas hält. Während der Corona-Krise musste Tenzan Lab starke Einbußen hinnehmen, obwohl das Café für Take-away geöffnet blieb. Statt kakigōri wurden nun japanische Lunchboxen (bentō) angeboten. Auch nachdem die Einschränkungen für die Gastronomie weitestgehend aufgehoben wurden, bleibt Tenzan Lab nur für Take-away geöffnet, um die Gesundheit von Mitarbeiter*innen und Gästen zu schützen. Herr Namba wollte auch einen Lieferservice anbieten, aber während der Corona-Krise waren die Lieferdienste so stark nachgefragt, dass es Wartelisten für Unternehmen gibt. Tenzan Lab kann man auch über den Kauf von Gutscheinen bei Helfen.Berlin unterstützen: https://helfen-shop.berlin/dein-unternehmen/tenzan-lab/

Unser nächster Gast war Thomas Donda von Nigi Berlin, einem Unternehmen, das onigiri – in Algen verpackte Reisdreiecke mit verschiedenen Füllungen – herstellt und vertreibt. Thomas Donda war schon öfter in der Forschungswerkstatt zu Gast und brachte bei seinen Besuchen immer auch onigiri mit. Darauf mussten wir dieses Mal leider verzichten. Nigi Berlin beliefert einige Läden in Berlin sowie Veranstaltungen von Unternehmen und ist auf allen Japanveranstaltungen in der Stadt mit einem Stand präsent. Daher ist das Unternehmen besonders hart davon betroffen, dass diese Veranstaltungen in diesem Jahr ausgefallen sind. Thomas Donda lobt jedoch die staatliche Unterstützung über Soforthilfen und ist dankbar dafür, dass er finanzielle Hilfe erhalten hat. Besonders gefreut hat er sich während der Zeit der Schließung auch darüber, dass er von seinen Kunden viele aufmunternde Nachrichten erhalten hat. Die Produktion bei Nigi Berlin ist mittlerweile wieder angelaufen und onigiri werden innerhalb Berlins ausgeliefert. Bestellungen sind über die Internetseite von Nigi Berlin möglich: https://nigi-berlin.de/.

Nach unserem Interview mit Thomas Donda, das auf Deutsch stattfand, führten wir das letzte Interview mit Akiko Watanabe wieder in japanischer Sprache. Frau Watanabe lebt seit neun Jahren in Berlin und betreibt einen Catering-Service. Sie bietet nicht nur japanische Gerichte an, aber beschreibt ihr Angebot als „mit in Europa erhältlichen Zutaten zubereitetes Essen, dass meiner japanischen Erfahrungswelt entspringt“. Vor der Corona-Krise belieferte sie vor allem Start-ups aus der IT-, Mode- und Designbranche Berlins für gemeinsame Mittagessen oder Veranstaltungen. Im Winter betrieb sie in einer Eisdiele ein Pop-Up Restaurant für japanische Nudelsuppen. Durch die Corona-Krise wurden alle Bestellungen und Aufträge storniert und auch jetzt, nach Ende der meisten Beschränkungen im Gastronomiebereich hat sie bisher keine neuen Aufträge bekommen. Daher war sie froh über die Soforthilfe von 5000 Euro, die sie erhalten hat. Nur so, berichtet sie, konnte sie in den letzten drei Monaten überleben. Frau Watanabe betreibt eine Internetseite, auf der sie über sich und ihre Catering-Angebote informiert und über die sie auch Aufträge und Bestellungen entgegennimmt: https://roku-berlin.com/

Die Interviews waren nicht nur aus methodischer Sicht eine wertvolle Erfahrung für die Studierenden. Sie machten uns auch eindrucksvoll deutlich, wie sehr die Corona-Krise das Leben von Gastronomen und Akteuren der Lebensmittelbranche in Berlin verändert hat, und sie trotz der als positiv wahrgenommenen finanziellen Unterstützung durch das Land Berlin und den Bund in existentielle Bedrängnis bringt.

 

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