Das Studium während einer Pandemie:

Zwischen Home-Office und Mental Health

(Ein Beitrag von Anonym)

Im Februar 2020 habe ich das letzte mal „normal“ in einem Seminarraum gesessen. Das dritte Fachsemester meines Studiums war fast beendet, noch ein paar Prüfungsleistungen, die Masterarbeit und ich war bereit fürs Berufsleben – ein oder zwei Semester würde ich noch brauchen, dann ging es in die große weite Welt hinaus.
Tja – und dann kam Corona. Damit gerechnet habe ich nicht, wie wohl keiner so richtig. So ein kleiner Virus. Vogelgrippe war ja auch schon da. Ach, das wird sich sicher bald erledigt haben.
Aber dass es noch eineinhalb Jahre später noch einen so großen Einfluss auf mein (Studien)Alltag haben würde, hätte ich beim besten Willen nicht gedacht. Die Semesterferien vergingen – der Forschungsbericht schrieb sich leider nicht von allein. Und auch als das neue Semester begann – verspätet und für die meisten digital. Ich habe ich nur im Home Office gesessen. Meine Präsenzveranstaltungen waren alle abgeschlossen, im vierten Mastersemester ist ausschließlich Zeit für die Masterarbeit eingeplant. Aber davon war ich weit entfernt – wie auch jetzt noch. Selbstisolation war das Stichwort – die Zeit von Puzzle, Zoom-Spieleabenden und Bananenbrot begann. Zunächst eigentlich ganz nett.

Eineinhalb Jahr später und noch immer hat sich für mich nicht viel verändert. Ich bin an 4 von 5 Tagen Zuhause, mehr oder weniger im Home Office. Bananenbrot gibt es mittlerweile weniger, Puzzeln war letztes Jahr irgendwie cooler und die Spieleabende finden manchmal mittweile sogar schon Zuhause statt – oder gar nicht mehr.
Dank des neuen Nebenjobs kann ich wenigsten einen Tag in der Woche mal raus aus meiner WG. Die selben vier Wände, das selbe Leben Tag für Tag. Einen Rhythmus und eine Tagesstruktur zu bekommen fiel mir früher nie schwer – heute ist das wie die größte Mammutaufgabe. Immer wieder aufs Neue muss ich mich aufraffen. Initiativen helfen oft nicht langfristig. Ich gebe schnell auf – die neue Netflix-Show ruft schon meinen Namen.
Die Tatsache, dass es vielen so geht, hilft, aber nach einer Weile kriegen alle ihre Leben wieder in den Griff – nur ich scheinbar nicht. Wann war ich eigentlich das letzte mal draußen? Ich müsste dringend mal wieder einkaufen.

Eine Corona-Depression gepaart mit genereller Anxiety und etwas, was meine Freundin ein akademisches Burnout nennt. Keine gute Kombi.

Und trotzdem – ich will das Studium abschließen. Die letzten Module noch und dann endlich die Masterarbeit. Jeden Tag denke ich dran: „Ich müsste ja eigentlich nur endlich mal wieder in einen guten Rhythmus kommen – einfach nur anfangen, dann ist alles halb so wild.“ Und dann vergeht wieder ein Tag an dem ich diese eine Schublade aufgeräumt habe, die schon seit Monaten durcheinander ist, und ein weiterer Tag, an dem ich echt gut mit dem Hörbuch weitergekommen bin, was ich schon so lange fertig hören will. Das Bananenbrot ist im Ofen und ich überlege, ob ich nicht eigentlich mal wieder anfangen sollte Sims zu spielen.
So richtig abschalten kann ich dabei nicht, weil steht’s das kleine Monster im Hinterkopf versucht mir ein schlechtes Gewissen einzureden. Warum eigentlich? Pausen machen ist wichtig. Stress reduzieren tut mir gut. Mental Health ist das große Stichwort. Aber zwischen aktivem Entspannen und einfach nur vor sich hin vegetieren liegen doch nochmal ein paar Welten.

Ich nehme mir also mal wieder vor:
Morgen geht’s los – vielleicht halte ich mich diesmal sogar dran?