Startseite > Wie komme ich zu einem Urteil? > Bau dir ein Modell! > Urteilsbildungsmodelle

Urteilsbildungsmodelle

als „Checklisten“

Ein Beitrag von Julia Dietrich

  1. Epikur fand es sehr wichtig, dass man Unangenehmes vermeidet und Angenehmes anstrebt. Dabei ist es aber klug, so seine Überlegung, sich nicht allzu sehr aus der Fassung bringen zu lassen, damit das Leben nicht zu anstrengend wird.
    Auf seiner Checkliste stehen 3 Punkte.
  1. Aristoteles war der Ansicht, dass Menschen sich dadurch auszeichnen, dass sie sich selber Ziele setzen und diese dann auch klug umsetzen können. Allerdings müssen sie dies erst üben und das Ziel ist es dabei, auf jede Herausforderung eine angemessene Antwort zu finden, die weder unter- noch übertrieben ist. Hierfür kann es helfen, sich zu überlegen, was genau denn die Umstände der Situation sind und ob man schon einmal in derselben Situation war und wie man da gehandelt hat. Außerdem kann man sich an denjenigen orientieren, die schon mehr Erfahrung haben.
    Auf seiner Checkliste stehen 4 Punkte.
  1. Bentham und Mill hatten die Vision, dass man die Antwort auf ethische Fragen unabhängig von weltanschaulichen Fragen objektiv und für alle „ausrechnen“ kann. Dies stellten sie sich so vor, dass man schaut, welche Handlungsmöglichkeiten man hat, welche Folgen aus ihnen jeweils entstehen würden, ob diese Folgen gut oder schlecht wären und welche Gesamtbilanz sich daraus ergäbe. Die Handlungsmöglichkeit, welche die beste Gesamtbilanz hätte, setzt man dann um.
    Auf ihrer Checkliste stehen 5 Punkte.
  1. Kant war es sehr wichtig, dass man, wenn man vorhat etwas zu tun (oder zu unterlassen), das nicht einfach blindlings macht, sondern sich dafür eine Regel gibt. Diese Regel muss man dann daraufhin prüfen, ob sie wirklich stimmig und verallgemeinerbar, das heißt, für alle in derselben Situation gültig ist. Wenn ja, muss man dann aber auch machen, was man sich vorgenommen hat!
    Auf seiner Checkliste stehen 3 Punkte.
  1. Rawls stand vermutlich mal auf einer Party mit seiner Clique in der Küche und alle hatten Angst, dass er, wenn er den Kuchen verteilt, sich selbst ein größeres Stück abzweigen könnte. Sie verabredeten daher mit ihm, dass er den Kuchen zwar aufschneiden und auf die Teller verteilen darf, die anderen aber selber wählen können, welche Teller sie bekommen und welchen Teller er bekommt.
    Auf seiner Checkliste steht 1 Punkt.

Leider sind die Checklisten-Punkte durcheinander geraten und die Ethiker_innen haben sie sich auch etwas anders notiert, als sie oben beschrieben wurden.

Kannst Du sie wieder richtig zuordnen? (Manchmal sollte man auf die Reihenfolge innerhalb der Checkliste achten.)

Das kann man auch mit anderen zusammen spielen: Wer füllt die meisten Checklisten am schnellsten richtig aus?

Fertig? Alles richtig? Super!

➤ Versuch doch einmal, jede Checkliste auf die Frage anzuwenden, ob das Genome Editing beim Menschen eingeführt werden soll – zu welchem Ergebnis kommst Du? (In einer Gruppe kann man das auch aufteilen und jede_r bearbeitet eine Checkliste und stellt das Ergebnis zur Diskussion.)

➤ Welche Checkliste ist die beste? Und warum?
Oder hat jede Checkliste Vor- und Nachteile? Welche?

Du findest alle Checklisten irgendwie hilfreich? Auf der nächsten Seite erfährst Du unter dem Titel „Ethische Vielfalt“, wie man mit der Vielfalt verschiedener Modelle umgehen kann.

Wenn Du mehr über die Ethiker_innen erfahren möchtest und wie sie auf ihre Checklisten gekommen sind, dann kannst Du die Einführungen dazu lesen oder anhören, welche Dir erklären, wie man Normen und Werte begründen kann. Damit Du schnell die richtige findest, hier noch ein Tipp: Epikur findest Du unter dem Stichwort Lust, Aristoteles bei Glück, Bentham und Mill bei Nutzen, Kant bei Pflicht und Rawls bei Vertrag. Hier findest Du am Ende auch immer einige Ideen, welche Bedeutung der jeweilige Ansatz für das Genome Editing haben könnte.