Interview mit Takeshi Kon vom japanischen Restaurant Kushinoya

Das Kushinoya in Charlottenburg gehörte zu den japanischen Restaurants, die während des Corona-Lockdowns geschlossen waren. Am 15. Mai eröffnete Takeshi Kon sein Restaurant wieder. Kurz darauf verabredeten wir uns zu einem Interview im Kushinoya, das es schon seit 2002 in Berlin gibt. Die Spezialität des Restaurants sind kushi. Das sind Bambusspießchen mit Fleisch, Fisch und Gemüse die frittiert und mit verschiedenen Soßen serviert werden. In Japan existieren zwei weitere Kushinoya-Restaurants, von denen das Restaurant in Berlin aber unabhängig agiert. Takeshi Kon arbeitet seit 2006 im Kushinoya. Seit 2012 betreibt er das Restaurant gemeinsam mit seiner Frau und zwei weiteren Mitarbeiter*innen.

Obwohl nach der Wiedereröffnung am 15. Mai nun etwas weniger Gäste kommen als vorher, haben sich einige Stammkunden sehr darüber gefreut, dass das Kushinoya wieder öffnete, erzählt Takeshi Kon. Auch das Kushinoya hat Soforthilfen erhalten und für die Mitarbeiter*innen Kurzarbeitergeld beantragt. Die Unterstützung reiche aber gerade für die Miete. Daher wünscht sich Familie Kon noch mehr finanzielle Unterstützung für die Gastronomie. Derzeit sorgen sich die beiden vor allem über eine mögliche zweite Corona-Welle. Da ihre Speisen für Take-away ungeeignet sind, müssten sie das Restaurant wieder schließen und dann vielleicht einen Kredit aufnehmen oder das Restaurant gar für immer zumachen. Mehr Informationen über Kushinoya gibt es hier: http://www.kushinoya.de/

 

Exkursion in ein japanisches Restaurant

Jedes Jahr unternehmen die Teilnehmer*innen der Forschungswerkstatt eine Exkursion in ein japanisches Restaurant, um dort Beobachtungstechniken zu üben und im Anschluss ihre Beobachtungen zu dokumentieren. Da in Berlin nach der Lockerung der Schutzmaßnahmen gegen Covid-19 Restaurantbesuche von bis zu fünf Personen wieder erlaubt sind, haben wir uns nacheinander in zwei kleinen Gruppen in einem japanischen Restaurant in Wilmersdorf getroffen. Es war für alle Kursteilnehmer*innen das erste Mal in diesem Semester, dass sie sich persönlich trafen. Für einige Studierende war es auch der erste Restaurantbesuch seit Monaten.

Die Beobachtungen der einzelnen Teilnehmer*innen konzentrierten sich auf unterschiedliche Themen. Besonderes Augenmerk legten wir aber auf die Hygienemaßnahmen, die im Kontext der Maßnahmen gegen Corona im Restaurant ergriffen wurden und deren Umsetzung durch Mitarbeiter*innen und Gäste.

Bereits vor dem Eingang des Restaurants, wies ein Schild Gäste auf Verhaltensregeln zum Schutz vor der Verbreitung von Covid-19 hin. Beim Betreten des Restaurants sollen Masken getragen werden und die Gäste müssen am Eingang warten, bis sie platziert werden. Wenn keine Plätze frei sind, müssen sie draußen warten. Direkt im Eingangsbereich stand ein Desinfektionsmittelspender, der aus Sperrholz gebaut und einem japanischen Tempeldach nachempfunden war. Ein ähnlicher Desinfektionsmittelspender befand sich auch vor den Toiletten. Fast alle Gäste desinfizierten sich beim Betreten des Restaurants die Hände.

Foto: Agata Olszewska

In der Mitte des Gastraumes standen lange Tische mit Desinfektionsmittel, Tüchern, Speisekarten und Kontaktformularen. Dort wurden die Speisekarten nach der Benutzung desinfiziert. Auch die Tische wurden jedes Mal desinfiziert, wenn die Gäste gegangen waren. Direkt nach der Platzierung erhielt jeder Gast ein Kontaktformular von den Mitarbeiter*innen, die Mundschutz und Handschuhe trugen. Tee und Speisen mussten sich die Gäste selbst vom Tablett nehmen. Sojasoße und Gewürze, die normalerweise auf den Tischen stehen, wurden entfernt. Auch das kostenlose Nachfüllen der Teetassen mit heißem Wasser erfolgte nicht mehr in Selbstbedienung, sondern durch die Bedienung.

Foto: Agata Olszewska

Diese Schutzmaßnahmen wirkten alle gut organisiert, aber die Studierenden äußerten, dass sich dieser Restaurantbesuch sehr von Restaurantbesuchen vor der Corona-Krise unterschied. Einige Handlungsabläufe, die sonst bei einem Restaurantbesuch selbstverständlich waren, haben sich durch die Covid-19 Schutzmaßnahmen verändert. Dazu gehörte z.B., dass das Essen derzeit nicht von den Mitarbeiter*innen auf den Tisch gestellt wird oder dass sich Gäste beim Betreten eines Restaurants die Hände desinfizieren müssen. Erst jetzt wurde ihnen bewusst, wie sehr sie solche Routinen verinnerlicht hatten. Die Ergebnisse der Beobachtungen während der Exkursion werden wir in den nächsten Sitzungen, die wieder online stattfinden, diskutieren.

Premiere: Interviewpraxis via Videokonferenz

Auch in diesem Semester erhielten die Teilnehmer*innen der Forschungswerkstatt die Gelegenheit, erste Erfahrungen mit Interviews in deutscher und japanischer Sprache zu sammeln. Während die Interviewpartner*innen bisher in die FU kamen oder wir sie in ihren Restaurants besuchten, haben wir im coronabedingten Onlinesemester die Interviews via Videokonferenz geführt. Das war für alle eine Premiere und wir waren entsprechend aufgeregt. Wir hatten das große Glück, gleich drei sehr unterschiedliche Interviews mit Akteur*innen der japanischen Gastronomie in Berlin führen und sie über ihre Arbeit, Unternehmen und die Auswirkungen der Corona-Krise befragen zu können.

Den ersten Termin hatten wir mit Masataka Namba vereinbart, der im Prenzlauer Berg kakigōri (geschabtes Eis, das mit Sirup übergossen wird) und andere japanische Süßigkeiten, aber auch einige herzhafte Speisen anbietet. Er kam 2017 mit seiner Familie nach Berlin und gründete Tenzan Lab (www.instagram.com/tenzanlab/ ), weil er den Berlinern kakigōri als eine kulinarische und ästhetische Spezialität aus Japan vorstellen wollte, die hierzulande noch unbekannt ist. Gegen Portugal, wo er vorher lebte und für Berlin entschied er sich, weil er Berlin für die aufregendste Stadt Europas hält. Während der Corona-Krise musste Tenzan Lab starke Einbußen hinnehmen, obwohl das Café für Take-away geöffnet blieb. Statt kakigōri wurden nun japanische Lunchboxen (bentō) angeboten. Auch nachdem die Einschränkungen für die Gastronomie weitestgehend aufgehoben wurden, bleibt Tenzan Lab nur für Take-away geöffnet, um die Gesundheit von Mitarbeiter*innen und Gästen zu schützen. Herr Namba wollte auch einen Lieferservice anbieten, aber während der Corona-Krise waren die Lieferdienste so stark nachgefragt, dass es Wartelisten für Unternehmen gibt. Tenzan Lab kann man auch über den Kauf von Gutscheinen bei Helfen.Berlin unterstützen: https://helfen-shop.berlin/dein-unternehmen/tenzan-lab/

Unser nächster Gast war Thomas Donda von Nigi Berlin, einem Unternehmen, das onigiri – in Algen verpackte Reisdreiecke mit verschiedenen Füllungen – herstellt und vertreibt. Thomas Donda war schon öfter in der Forschungswerkstatt zu Gast und brachte bei seinen Besuchen immer auch onigiri mit. Darauf mussten wir dieses Mal leider verzichten. Nigi Berlin beliefert einige Läden in Berlin sowie Veranstaltungen von Unternehmen und ist auf allen Japanveranstaltungen in der Stadt mit einem Stand präsent. Daher ist das Unternehmen besonders hart davon betroffen, dass diese Veranstaltungen in diesem Jahr ausgefallen sind. Thomas Donda lobt jedoch die staatliche Unterstützung über Soforthilfen und ist dankbar dafür, dass er finanzielle Hilfe erhalten hat. Besonders gefreut hat er sich während der Zeit der Schließung auch darüber, dass er von seinen Kunden viele aufmunternde Nachrichten erhalten hat. Die Produktion bei Nigi Berlin ist mittlerweile wieder angelaufen und onigiri werden innerhalb Berlins ausgeliefert. Bestellungen sind über die Internetseite von Nigi Berlin möglich: https://nigi-berlin.de/.

Nach unserem Interview mit Thomas Donda, das auf Deutsch stattfand, führten wir das letzte Interview mit Akiko Watanabe wieder in japanischer Sprache. Frau Watanabe lebt seit neun Jahren in Berlin und betreibt einen Catering-Service. Sie bietet nicht nur japanische Gerichte an, aber beschreibt ihr Angebot als „mit in Europa erhältlichen Zutaten zubereitetes Essen, dass meiner japanischen Erfahrungswelt entspringt“. Vor der Corona-Krise belieferte sie vor allem Start-ups aus der IT-, Mode- und Designbranche Berlins für gemeinsame Mittagessen oder Veranstaltungen. Im Winter betrieb sie in einer Eisdiele ein Pop-Up Restaurant für japanische Nudelsuppen. Durch die Corona-Krise wurden alle Bestellungen und Aufträge storniert und auch jetzt, nach Ende der meisten Beschränkungen im Gastronomiebereich hat sie bisher keine neuen Aufträge bekommen. Daher war sie froh über die Soforthilfe von 5000 Euro, die sie erhalten hat. Nur so, berichtet sie, konnte sie in den letzten drei Monaten überleben. Frau Watanabe betreibt eine Internetseite, auf der sie über sich und ihre Catering-Angebote informiert und über die sie auch Aufträge und Bestellungen entgegennimmt: https://roku-berlin.com/

Die Interviews waren nicht nur aus methodischer Sicht eine wertvolle Erfahrung für die Studierenden. Sie machten uns auch eindrucksvoll deutlich, wie sehr die Corona-Krise das Leben von Gastronomen und Akteuren der Lebensmittelbranche in Berlin verändert hat, und sie trotz der als positiv wahrgenommenen finanziellen Unterstützung durch das Land Berlin und den Bund in existentielle Bedrängnis bringt.

 

Interview mit Machiko Yamashita von der japanischen Bäckerei Kame

Die Inhaberin des Kame, Machiko Yamashita, kommt aus Fukuoka und lebt seit 1996 in Deutschland. 2016 eröffnete sie die japanische Bäckerei Kame gemeinsam mit ihrem Partner. Kurz darauf kam ein zweiter Standort in der Linienstraße dazu. Während einige japanische Restaurants während des Corona-Lockdowns komplett geschlossen waren, verkaufte das Kame am Standort in der Leibnizstraße in Charlottenburg weiterhin Backwaren wie Melonpan und Anpan, Süßigkeiten wie Mochi und Deftiges wie Onigirazu zum Mitnehmen. Der zweite Laden in Mitte war jedoch mehrere Wochen geschlossen.

Frau Yamashita zufolge fehlte während dieser Zeit vor allem die Laufkundschaft. Die Soforthilfe reichte leider nicht, um alle Mitarbeiter*innen zu bezahlen und nun arbeitet das Team in beiden Läden zu viert. Das ist kräftezehrend, da sich die Arbeit nun auf weniger Personen verteilt. Selbst in dieser Minimalbesetzung können die Cafés nur noch eine begrenzte Zeit weiterlaufen und Frau Yamashita macht sich große Sorgen um die finanzielle Zukunft der Bäckerei. Ein beantragter Kredit wurde nicht gewährt und nun versucht sie, das fehlende Geld über Crowdfunding aufzutreiben. Auf Startnext kann Kame unterstützt werden: https://www.startnext.com/kame-berlin

Studentische Forschungsprojekte über japanische Küche im Sommersemester 2020

Trotz der erschwerten Bedingungen im coronabedingten Onlinesemester haben mittlerweile die Teilnehmer*innen der Forschungswerkstatt in zwei Gruppen spannende Projekte für eigene Forschung zur japanischen Küche in Berlin konzipiert. Wie immer dürfen wir auf die Ergebnisse gespannt sein!

Forschungsprojekt: Udon und Soba in Berlin

von Maritchu Durand

Ein Udon-Restaurant in Tōkyō (Foto: Maritchu Durand)

Wenn man in Japan abends mit leerem Magen aus der vollen Bahn steigt und sich in den sehr belebten ekimae nach einem Nudelrestaurant umschaut, entdeckt man nicht nur Ramen, sondern auch genauso viele Udon– oder Soba-Restaurants. Während die Verteilung verschiedener Nudelsuppengerichte in Japan ausgewogen scheint, ist dies in Berlin nicht der Fall: Ramen genießen in den letzten Jahren eine wachsende Beliebtheit, mit zahlreichen Neueröffnungen von modernen Restaurants mit hipper Atmosphäre. Dahingegen bleiben Udon und Soba in Berlin relativ diskret, und sind meist nur ein Bestandteil von Menüs japanischer Restaurants der Hauptstadt.

Unsere Gruppe interessiert sich somit für die eher weniger bekannten Nudelsuppengerichte, die aus Japan dennoch ihren Weg nach Berlin gefunden haben. Insbesondere wollen wir uns auf die Rolle der „Authentizität“ bei der Vermarktung dieser Gerichte auseinandersetzen. Dabei wollen wir uns sowohl mit Restaurantinhaber*innen und Mitarbeiter*innen sowie mit Kund*innen austauschen, um herauszufinden, ob für sie die „Authentizität“ von Udon und Soba in der Herstellung, im Verkauf und im Konsum eine Rolle spielt? Wie werden diese Gerichte entworfen, hergestellt und von der Berliner Kundschaft wahrgenommen?

Berlins japanische Restaurants in den sozialen Medien

von Sebastian Hempelmann

In unserem Projekt für die Forschungswerkstatt möchten wir uns mit Social Media beschäftigen, da diese in der heutigen Zeit eine immer größere Rolle spielen und für den Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens (in diesem Fall eines gastronomischen Betriebs) eine zentrale Rolle spielen.

Dabei werden wir uns auf die Präsentation von angebotenen Speisen und deren Einbindung in die Struktur des gastronomischen Betriebs anhand von geteilten Social Media-Posts konzentrieren. Die zentrale Frage unseres Projekts zielt auf die Beziehung zwischen Social Media Posts und Image des Restaurants ab: Wie repräsentieren die Posts das Image des Unternehmens? Dazu wollen wir die Art der Präsentation untersuchen und unter anderem analysieren, ob die Präsentation „japanische“ oder „asiatische“ Elemente enthält oder ob sie eher in einem modernen, minimalistischen oder verspielten Stil gehalten ist.

Für unser Projekt haben wir vor, einen komparativen Ansatz zu nutzen, indem wir verschiedene Betriebe untersuchen und miteinander vergleichen. Aus diesen Beobachtungen lassen sich dann hoffentlich verschiedene Aussagen über die Beziehung zwischen dem kulinarischen Angebot des Restaurants oder Cafés und dessen Präsentation in sozialen Medien treffen. Zum Beispiel wäre es interessant, herauszufinden, wie japanische Speisen über soziale Medien als „authentisch“ vermarktet werden.

Fotos: Webseiten von Kuchi, Minakami, Cocolo Ramen

Interviews mit japanischen Gastronomen über Covid-19

Seit dem 15. Mai sind Besuche in den meisten japanischen Restaurants in Berlin wieder möglich. Ich habe nicht nur die Gelegenheit genutzt, um endlich wieder Curryreis, Udon, Matchaeis und viele andere Leckereien aus Japan zu genießen, sondern auch um Gesprächstermine mit einigen Betreibern japanischer Restaurants und Cafés zu vereinbaren. In den letzten beiden Wochen habe ich mit ihnen über die Auswirkungen der Maßnahmen gegen Covid-19 auf ihre Restaurants, ihre Mitarbeiter und ihr persönliches Leben gesprochen.

Der erste Interviewtermin führte mich nach Charlottenburg in ein Restaurant, das japanische Hausmannskost anbietet. Schon vor der offiziellen Schließung der Restaurants am 22. März hatte die Zahl der Gäste merklich abgenommen, so der Betreiber, weil insbesondere mittags viele Gäste aus den umliegenden Büros und Geschäften zum Essen kamen. Diese hatten ihre Mitarbeiter aber Mitte März bereits ins Homeoffice geschickt und das Restaurant machte nur noch ein Fünftel des normalen Umsatzes. Vom 22. März bis zum 15. Mai war das Restaurant geschlossen und bot auch keinen Take-Away-Service an. Laut Betreiber sei das Essen nicht zum Mitnehmen geeignet.

Neben dem Betreiber arbeiteten vor dem Lockdown 18 Teilzeitkräfte in Küche und Servicebereich des Restaurants. Nach der Wiedereröffnung sind 14 wieder aktiv. Nur eine Mitarbeiterin ist aus gesundheitlichen Bedenken nicht in das Restaurant zurückgekehrt. Um seine eigene Gesundheit macht sich der Besitzer des Restaurants keine Sorgen. Für alle Mitarbeiter*innen wurde während der Schließzeit Kurzarbeit beantragt. Da die Kommunikation im Restaurant fast ausschließlich auf Japanisch stattfindet, hat der japanische Betreiber, der seit mehr als zehn Jahren in Berlin lebt, alle Maßnahmen, die Abstand- oder Maskenpflicht betreffen, für die Mitarbeiter*innen ins Japanische übersetzt.

Auch wenn nun wieder Gäste kommen, sind es längst nicht so viele wie vor der coronabedingten Schließung und der Restaurantbesitzer macht sich Sorgen um die Zukunft. Insbesondere eine zweite Welle wäre problematisch. Während die Beantragung der Soforthilfen und des Kurzarbeitergelds gut funktionierte, ist es für viele seiner Mitarbeiter derzeit schwierig, Angelegenheiten mit der Ausländerbehörde zu klären. Darüber hinaus ist unsicher, wann er wieder nach Japan fliegen kann.