Trotz der erschwerten Bedingungen im coronabedingten Onlinesemester haben mittlerweile die Teilnehmer*innen der Forschungswerkstatt in zwei Gruppen spannende Projekte für eigene Forschung zur japanischen Küche in Berlin konzipiert. Wie immer dürfen wir auf die Ergebnisse gespannt sein!
Forschungsprojekt: Udon und Soba in Berlin
von Maritchu Durand
Ein Udon-Restaurant in Tōkyō (Foto: Maritchu Durand)
Wenn man in Japan abends mit leerem Magen aus der vollen Bahn steigt und sich in den sehr belebten ekimae nach einem Nudelrestaurant umschaut, entdeckt man nicht nur Ramen, sondern auch genauso viele Udon– oder Soba-Restaurants. Während die Verteilung verschiedener Nudelsuppengerichte in Japan ausgewogen scheint, ist dies in Berlin nicht der Fall: Ramen genießen in den letzten Jahren eine wachsende Beliebtheit, mit zahlreichen Neueröffnungen von modernen Restaurants mit hipper Atmosphäre. Dahingegen bleiben Udon und Soba in Berlin relativ diskret, und sind meist nur ein Bestandteil von Menüs japanischer Restaurants der Hauptstadt.
Unsere Gruppe interessiert sich somit für die eher weniger bekannten Nudelsuppengerichte, die aus Japan dennoch ihren Weg nach Berlin gefunden haben. Insbesondere wollen wir uns auf die Rolle der „Authentizität“ bei der Vermarktung dieser Gerichte auseinandersetzen. Dabei wollen wir uns sowohl mit Restaurantinhaber*innen und Mitarbeiter*innen sowie mit Kund*innen austauschen, um herauszufinden, ob für sie die „Authentizität“ von Udon und Soba in der Herstellung, im Verkauf und im Konsum eine Rolle spielt? Wie werden diese Gerichte entworfen, hergestellt und von der Berliner Kundschaft wahrgenommen?
Berlins japanische Restaurants in den sozialen Medien
von Sebastian Hempelmann
In unserem Projekt für die Forschungswerkstatt möchten wir uns mit Social Media beschäftigen, da diese in der heutigen Zeit eine immer größere Rolle spielen und für den Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens (in diesem Fall eines gastronomischen Betriebs) eine zentrale Rolle spielen.
Dabei werden wir uns auf die Präsentation von angebotenen Speisen und deren Einbindung in die Struktur des gastronomischen Betriebs anhand von geteilten Social Media-Posts konzentrieren. Die zentrale Frage unseres Projekts zielt auf die Beziehung zwischen Social Media Posts und Image des Restaurants ab: Wie repräsentieren die Posts das Image des Unternehmens? Dazu wollen wir die Art der Präsentation untersuchen und unter anderem analysieren, ob die Präsentation „japanische“ oder „asiatische“ Elemente enthält oder ob sie eher in einem modernen, minimalistischen oder verspielten Stil gehalten ist.
Für unser Projekt haben wir vor, einen komparativen Ansatz zu nutzen, indem wir verschiedene Betriebe untersuchen und miteinander vergleichen. Aus diesen Beobachtungen lassen sich dann hoffentlich verschiedene Aussagen über die Beziehung zwischen dem kulinarischen Angebot des Restaurants oder Cafés und dessen Präsentation in sozialen Medien treffen. Zum Beispiel wäre es interessant, herauszufinden, wie japanische Speisen über soziale Medien als „authentisch“ vermarktet werden.


Fotos: Webseiten von Kuchi, Minakami, Cocolo Ramen



Der Projektbericht präsentiert Fotos und Texte der Projektgruppe und kann
vielen Sitzungen in denen wir uns theoretisch mit Methoden der Datenerhebung beschäftigt hatten, fand am 14. Juni endlich die lang ersehnte Exkursion in die japanische Teestube Macha Macha in Kreuzberg statt. Bei 30 Grad verlegten wir den Unterricht von Dahlem zum Hermannplatz, um die theoretisch erworbenen Kenntnisse zur teilnehmenden Beobachtung in die Praxis umzusetzen. Mit der Aufgabe, die Interaktion zwischen Kunden und Personal, Japanbezüge und die Arbeitsabläufe im Café zu beobachten, bestellten wir zunächst Iced Kinako Latte, kalte Tees und Süßspeisen wie veganen Matcha Cheese Cake oder Créme de Mame.



Malerin und Kinderbuchautorin Manami Takamatsu die Forschungswerkstatt. Hiroshi Toyoda lebt seit sieben Jahren in Berlin und hat gemeinsam mit Yuki Shirono ein Kochbuch mit japanischen Rezepten auf Japanisch und Deutsch veröffentlicht. Übersetzt wurde das Kochbuch von Chika Kietzmann, die seit 30 Jahren in Deutschland lebt. Manami Takamatsu ist seit 12 Jahren in Berlin und hat gerade ein bilinguales (japanisch/deutsch) Kinderbuch über Süßigkeiten illustriert und veröffentlicht.
Im Gespräch erfuhren wir, dass alle GesprächsteilnehmerInnen sehr gern japanisch und deutsch kochen. Frau Takamatsu kocht immer abwechselnd japanische und internationale Küche für sich und ihren Mann. Herr Toyoda experimentiert gern mit Gemüsesorten, die es in Japan nicht gibt, wie z.B. Kohlrabi oder Knollensellerie. Wir sprachen über die Lieblingsrestaurants unserer Gäste in Berlin und stellten fest, dass allen der Geschmack und die Atmosphäre in japanischen Restaurants besonders wichtig ist.
Frau Kietzmann erzählte, dass sie es schön findet, wie sehr sich die Berliner heute für japanisches Essen begeistern. Alle Gäste freuen sich, dass immer mehr japanische Speisen und Lebensmittel in Deutschland bekannt werden. Dazu zählt Herr Toyoda z.B. die rote Bohnenpaste anko oder das Grünteepulver matcha. Beide Lebensmittel werden heute auch immer häufiger in der Fusionsküche verwendet.






Als Kunden bestellten wir zunächst Nudelsuppe und beobachteten aus der Kundenperspektive Abläufe im Restaurant. Jede(r) Studierende erhielt eine Fragestellung, die durch Beobachtung beantwortet werden sollte. Zu den Aufgaben gehörten z.B. herauszufinden, wie Kund*innen und Mitarbeiter*innen im Restaurant miteinander interagieren, welche Arbeitsabläufe von den Mitarbeiter*innen ausgeführt werden, welche Arbeitsteilung es gibt, wie die Kommunikation zwischen den Mitarbeiter*innen funktioniert oder welche Japanbezüge im Restaurant sichtbar sind. Darüber hinaus sollten die Studierenden darüber reflektieren, welche Informationen durch Beobachtung aus der Kundenperspektive überhaupt erhoben werden können.
Das Nudelrestaurant ist, abgesehen von seinem Namen und dem Speisenangebot, kaum als japanisch zu erkennen. Nach einem Umbau vor einem Jahr gibt es kaum noch Japanbezüge in der Einrichtung oder der Beschriftung von Speisekarten und Schildern. Das Interieur ist schlicht und modern, lediglich eine Winkekatze (maneki-neko) und ein japanischer Schriftzug an der Wand weisen auf Japan hin. Speisekarten und Hinweisschilder sind in deutscher und englischer Sprache verfasst, die Kunden kommen aus aller Welt. Da es sich um ein Selbstbedienungsrestaurant handelt, findet nur minimale Kommunikation zwischen Mitarbeiter*innen und Kund*innen statt. Der chinesische Besitzer betreibt eine weitere japanische Kneipe mit Restaurant in Mitte und ein koreanisches Barbecue-Restaurant – ebenfalls in Neukölln. In seinen Restaurants arbeiten europäische, japanische und koreanische Bedienungen und Köche und – wie in der Gastronomie in Berlin häufig üblich – kümmern sich afrikanisch-stämmige Küchenhilfen um das Geschirr und den Abfall. Die frischen Zutaten werden von einem türkischen Gemüsehändler geliefert. Die Mitarbeiter*innen kommunizieren hauptsächlich auf Englisch. Drei der vier Restaurants werden explizit als japanisch beworben und die angebotenen Speisen gibt es meist auch in Japan. Eine ehemalige Mitarbeiterin erzählte mir in einem Interview im vergangenen Jahr, dass die japanischen Köche nicht immer glücklich mit dem Geschmack der Suppen seien, da sie zu viel Sojasoße und Salz enthielten, um den Erwartungen der Kunden zu entsprechen.



