Studentische Forschungsprojekte über japanische Küche im Sommersemester 2020

Trotz der erschwerten Bedingungen im coronabedingten Onlinesemester haben mittlerweile die Teilnehmer*innen der Forschungswerkstatt in zwei Gruppen spannende Projekte für eigene Forschung zur japanischen Küche in Berlin konzipiert. Wie immer dürfen wir auf die Ergebnisse gespannt sein!

Forschungsprojekt: Udon und Soba in Berlin

von Maritchu Durand

Ein Udon-Restaurant in Tōkyō (Foto: Maritchu Durand)

Wenn man in Japan abends mit leerem Magen aus der vollen Bahn steigt und sich in den sehr belebten ekimae nach einem Nudelrestaurant umschaut, entdeckt man nicht nur Ramen, sondern auch genauso viele Udon– oder Soba-Restaurants. Während die Verteilung verschiedener Nudelsuppengerichte in Japan ausgewogen scheint, ist dies in Berlin nicht der Fall: Ramen genießen in den letzten Jahren eine wachsende Beliebtheit, mit zahlreichen Neueröffnungen von modernen Restaurants mit hipper Atmosphäre. Dahingegen bleiben Udon und Soba in Berlin relativ diskret, und sind meist nur ein Bestandteil von Menüs japanischer Restaurants der Hauptstadt.

Unsere Gruppe interessiert sich somit für die eher weniger bekannten Nudelsuppengerichte, die aus Japan dennoch ihren Weg nach Berlin gefunden haben. Insbesondere wollen wir uns auf die Rolle der „Authentizität“ bei der Vermarktung dieser Gerichte auseinandersetzen. Dabei wollen wir uns sowohl mit Restaurantinhaber*innen und Mitarbeiter*innen sowie mit Kund*innen austauschen, um herauszufinden, ob für sie die „Authentizität“ von Udon und Soba in der Herstellung, im Verkauf und im Konsum eine Rolle spielt? Wie werden diese Gerichte entworfen, hergestellt und von der Berliner Kundschaft wahrgenommen?

Berlins japanische Restaurants in den sozialen Medien

von Sebastian Hempelmann

In unserem Projekt für die Forschungswerkstatt möchten wir uns mit Social Media beschäftigen, da diese in der heutigen Zeit eine immer größere Rolle spielen und für den Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens (in diesem Fall eines gastronomischen Betriebs) eine zentrale Rolle spielen.

Dabei werden wir uns auf die Präsentation von angebotenen Speisen und deren Einbindung in die Struktur des gastronomischen Betriebs anhand von geteilten Social Media-Posts konzentrieren. Die zentrale Frage unseres Projekts zielt auf die Beziehung zwischen Social Media Posts und Image des Restaurants ab: Wie repräsentieren die Posts das Image des Unternehmens? Dazu wollen wir die Art der Präsentation untersuchen und unter anderem analysieren, ob die Präsentation „japanische“ oder „asiatische“ Elemente enthält oder ob sie eher in einem modernen, minimalistischen oder verspielten Stil gehalten ist.

Für unser Projekt haben wir vor, einen komparativen Ansatz zu nutzen, indem wir verschiedene Betriebe untersuchen und miteinander vergleichen. Aus diesen Beobachtungen lassen sich dann hoffentlich verschiedene Aussagen über die Beziehung zwischen dem kulinarischen Angebot des Restaurants oder Cafés und dessen Präsentation in sozialen Medien treffen. Zum Beispiel wäre es interessant, herauszufinden, wie japanische Speisen über soziale Medien als „authentisch“ vermarktet werden.

Fotos: Webseiten von Kuchi, Minakami, Cocolo Ramen

Interviews mit japanischen Gastronomen über Covid-19

Seit dem 15. Mai sind Besuche in den meisten japanischen Restaurants in Berlin wieder möglich. Ich habe nicht nur die Gelegenheit genutzt, um endlich wieder Curryreis, Udon, Matchaeis und viele andere Leckereien aus Japan zu genießen, sondern auch um Gesprächstermine mit einigen Betreibern japanischer Restaurants und Cafés zu vereinbaren. In den letzten beiden Wochen habe ich mit ihnen über die Auswirkungen der Maßnahmen gegen Covid-19 auf ihre Restaurants, ihre Mitarbeiter und ihr persönliches Leben gesprochen.

Der erste Interviewtermin führte mich nach Charlottenburg in ein Restaurant, das japanische Hausmannskost anbietet. Schon vor der offiziellen Schließung der Restaurants am 22. März hatte die Zahl der Gäste merklich abgenommen, so der Betreiber, weil insbesondere mittags viele Gäste aus den umliegenden Büros und Geschäften zum Essen kamen. Diese hatten ihre Mitarbeiter aber Mitte März bereits ins Homeoffice geschickt und das Restaurant machte nur noch ein Fünftel des normalen Umsatzes. Vom 22. März bis zum 15. Mai war das Restaurant geschlossen und bot auch keinen Take-Away-Service an. Laut Betreiber sei das Essen nicht zum Mitnehmen geeignet.

Neben dem Betreiber arbeiteten vor dem Lockdown 18 Teilzeitkräfte in Küche und Servicebereich des Restaurants. Nach der Wiedereröffnung sind 14 wieder aktiv. Nur eine Mitarbeiterin ist aus gesundheitlichen Bedenken nicht in das Restaurant zurückgekehrt. Um seine eigene Gesundheit macht sich der Besitzer des Restaurants keine Sorgen. Für alle Mitarbeiter*innen wurde während der Schließzeit Kurzarbeit beantragt. Da die Kommunikation im Restaurant fast ausschließlich auf Japanisch stattfindet, hat der japanische Betreiber, der seit mehr als zehn Jahren in Berlin lebt, alle Maßnahmen, die Abstand- oder Maskenpflicht betreffen, für die Mitarbeiter*innen ins Japanische übersetzt.

Auch wenn nun wieder Gäste kommen, sind es längst nicht so viele wie vor der coronabedingten Schließung und der Restaurantbesitzer macht sich Sorgen um die Zukunft. Insbesondere eine zweite Welle wäre problematisch. Während die Beantragung der Soforthilfen und des Kurzarbeitergelds gut funktionierte, ist es für viele seiner Mitarbeiter derzeit schwierig, Angelegenheiten mit der Ausländerbehörde zu klären. Darüber hinaus ist unsicher, wann er wieder nach Japan fliegen kann.

 

Die japanischen Restaurants sind wieder da!

Während der Coronakrise waren einige japanische Restaurants geschlossen.

Seit dem 22. März 2020 waren die meisten Restaurants in Berlin geschlossen oder boten lediglich einen Liefer- oder Abholservice an. So auch die japanischen Restaurants in Berlin, die recht unterschiedlich mit der Situation umgingen. Rings um die Kantstraße waren z.B. nur drei der vierzehn japanischen Restaurants geschlossen. Alle anderen Imbisse oder Restaurants waren für Abholer geöffnet oder/und belieferten ihre Kunden weiter mit Sushi, Rāmen & Co.

Corona-Informationen vor einem Café.

Dabei wurde die Einhaltung des vorgeschriebenen Abstands von 1,5 m zwischen Mitarbeiter*innen und Kund*innen und zwischen den Kund*innen ganz unterschiedlich gewährleistet. Einige Restaurants stellten Tische in den Eingang, um Bestellung und Abholung zu ermöglichen, andere kommunizierten durch Fenster oder erlaubten Kund*innen zwar das Betreten der Restaurants, schützten ihre Mitarbeiter*innen aber durch eine Plexiglasscheibe auf manchmal eigens konstruierten Podesten. Vor den Restaurants organisierten teils aufwendig geklebte Markierungen die Abstände in der Warteschlange.

     

Damit Kund*innen nicht ins Restaurant             Eine Plexiglasscheibe schützt Kund*innen und
kommen müssen, wurden Bestellungen              Mitarbeiter*innen voreinander.
am Eingang entgegengenommen.

Bei meinem letzten Rundgang in der Kantstraße in der ersten Maiwoche berichteten Gastronomen noch, dass die Soforthilfen kaum ausreichten, um die Kosten für einen Monat zu decken und blickten aus Angst um die eigene Gesundheit und die Gesundheit ihres Personals eher skeptisch auf die ab dem 15. Mai geplante Wiedereröffnung der Restaurants. Am 16. Mai waren jedoch fast alle Restaurants wieder geöffnet und es wirkte auf den ersten Blick beinahe so, als hätte die Coronakrise nie stattgefunden. Auf den zweiten Blick zeigten sich aber zahlreiche Veränderungen: die Abstandsregelungen wurden durch freie Tische zwischen den Gästen gewährleistet, das Personal trug Masken, teilweise fehlte Personal und die Restaurantbetreiber sprachen über Zukunftsängste und die Rückzahlung von Krediten. Während weiterhin in Geschäften und öffentlichen Verkehrsmitteln Masken getragen werden müssen, ist das in Restaurants nicht der Fall. Sich wieder an diese neue alte Normalität zu gewöhnen, in der Menschen wieder gemeinsam Restaurants besuchen oder in Straßencafés sitzen, wird wohl noch eine Weile dauern.

    

Bislang geschlossene oder nur für Take-Away geöffnete Restaurants eröffneten am 15. Mai wieder für Gäste.

 

Forschungswerkstatt in Zeiten von Covid-19

Auch im Sommersemester 2020 findet die Forschungswerkstatt „Japanische Küche in Berlin“ mit Masterstudierenden der Japanologie an der Freien Universität Berlin statt. Dieses Jahr befindet sich die Gastronomie allerdings in einer bisher nie gekannten Lage. Um die Verbreitung des Covid-19 Virus einzudämmen, sind seit dem 22. März 2020 alle Restaurants geschlossen. Das betrifft natürlich auch die japanischen Restaurants in Berlin. Während einige Restaurants vorübergehend geschlossen bleiben, bieten andere einen Lieferservice an oder haben eingeschränkte Öffnungszeiten, um es Kunden zu ermöglichen, Speisen abzuholen. Darüber hinaus können in vielen Restaurants oder über die Webseite Helfen.Berlin (https://helfen-shop.berlin/) Gutscheine erworben werden, die Kunden später einlösen können, wenn die Restaurants wieder geöffnet sind.

Eine japanische Konditorei in Schöneberg weist im Schaufenster darauf hin, dass das Geschäft geöffnet ist.

Eine Nachricht am Eingang eines japanischen Restaurant in Steglitz wirbt für den Abhol- und Lieferservice in einer anderen Filiale

Unter diesen Bedingungen wird die Forschungswerkstatt nicht wie gewöhnlich Exkursionen durchführen und Gäste einladen können. Wir werden aber verstärkt über digitale Ethnographie und Video-Interviews versuchen, so viel wie möglich über die Situation der japanischen Gastronomie in der Corona-Krise herauszufinden, Betroffenen ein Forum geben, ihre Erfahrungen zu teilen und – wenn möglich – zu helfen.

Ein Zettel an der Tür eines japanischen Restaurants in Steglitz informiert die Kunden in drei Sprachen über die vorübergehende Schließung

ASIEN: Japanese Foodscapes in Berlin: Teaching Research Methods Through Food

As the third anniversary of this blog and project went by quietly, the creative effort students, guests and the instructor have put into the method lessons and seminars time and time again bears its fruit in forms beyond the posts here; it is introduced in issue no. 149 „Fieldwork in Japan: New Trends and Challenges“ of ASIEN The German Journal of Contemporary Asia (2018, edited by Cornelia Reiher) setting an example as to how method education in Japanese Studies can be accomplished through the study of food. The abstract reads: Weiterlesen

Exkursion ins Macha Macha

Nach vielen Sitzungen in denen wir uns theoretisch mit Methoden der Datenerhebung beschäftigt hatten, fand am 14. Juni endlich die lang ersehnte Exkursion in die japanische Teestube Macha Macha in Kreuzberg statt. Bei 30 Grad verlegten wir den Unterricht von Dahlem zum Hermannplatz, um die theoretisch erworbenen Kenntnisse zur teilnehmenden Beobachtung in die Praxis umzusetzen. Mit der Aufgabe, die Interaktion zwischen Kunden und Personal, Japanbezüge und die Arbeitsabläufe im Café zu beobachten, bestellten wir zunächst Iced Kinako Latte, kalte Tees und Süßspeisen wie veganen Matcha Cheese Cake oder Créme de Mame.

Die Studierenden diskutierten über die veganen und vegetarischen Variationen japanischer Gerichte wie Tenpeh Donburi und die von einem dōjō inspirierte Deckeninstallation. Dank einer Absolventin der Japanologie erhielten wir die Gelegenheit, mit Yumi, der Managerin des Macha Macha ein spontanes Interview auf Japanisch zu führen und erhielten unter anderem interessante Einblicke in die Rekrutierungspraxis von Servicekräften. Die hauptsächlich japanischen Bedienungen kommen mit einem Working-Holiday Visum nach Berlin und verlassen Deutschland danach wieder, daher müssen die Stellen immer wieder in der japanischen Community ausgeschrieben werden.

Neben zahlreichen japanischen Süßigkeiten und deren Varianten, onigiri, donburi und japanischen Teevariationen bietet das Macha Macha auch chinesische Tees an. Mein persönliches Highlight war die Verkostung des alkoholfreien Matcha Biers. Oolongcha als mein Lieblingsgetränk im Sommer wird es aber eher nicht ersetzen 😉

Interviews mit japanischen Gästen: Kochbücher und Geschichten über Süßigkeiten

Am 24. Mai besuchten der Food Photographer Hiroshi Toyoda, die Übersetzerin Chika Kietzmann und die Malerin und Kinderbuchautorin Manami Takamatsu die Forschungswerkstatt. Hiroshi Toyoda lebt seit sieben Jahren in Berlin und hat gemeinsam mit Yuki Shirono ein Kochbuch mit japanischen Rezepten auf Japanisch und Deutsch veröffentlicht. Übersetzt wurde das Kochbuch von Chika Kietzmann, die seit 30 Jahren in Deutschland lebt. Manami Takamatsu ist seit 12 Jahren in Berlin und hat gerade ein bilinguales (japanisch/deutsch) Kinderbuch über Süßigkeiten illustriert und veröffentlicht.

Bei Kaffee und Kuchen erhielten die Studierenden Gelegenheit, die japanischen Gäste auf Deutsch und Japanisch zu ihrem Leben in Deutschland, ihren Arbeiten und japanischem Essen in Berlin zu befragen. Nach one-on-one Interviews auf Japanisch, moderierten die Studierenden eine Gruppendiskussion auf Deutsch, in der die drei Gäste miteinander über ihre eigenen Kochgewohnheiten und die Entwicklung der japanischen Küche in Berlin sprachen. Im Gespräch erfuhren wir, dass alle GesprächsteilnehmerInnen sehr gern japanisch und deutsch kochen. Frau Takamatsu kocht immer abwechselnd japanische und internationale Küche für sich und ihren Mann. Herr Toyoda experimentiert gern mit Gemüsesorten, die es in Japan nicht gibt, wie z.B. Kohlrabi oder Knollensellerie. Wir sprachen über die Lieblingsrestaurants unserer Gäste in Berlin und stellten fest, dass allen der Geschmack und die Atmosphäre in japanischen Restaurants besonders wichtig ist. Frau Kietzmann erzählte, dass sie es schön findet, wie sehr sich die Berliner heute für japanisches Essen begeistern. Alle Gäste freuen sich, dass immer mehr japanische Speisen und Lebensmittel in Deutschland bekannt werden. Dazu zählt Herr Toyoda z.B. die rote Bohnenpaste anko oder das Grünteepulver matcha. Beide Lebensmittel werden heute auch immer häufiger in der Fusionsküche verwendet.

 

Die Forschungswerkstatt im Sommersemester 2019

Japanische Nudelrestaurants im Vergleich

Auch im Sommersemester 2019 erforschen Studierende des Masterstudiengangs Japanologie an der Freien Universität Berlin wieder japanisches Küche und japanisches Essen in Berlin, um erste Erfahrungen mit qualitativen sozialwissenschaftlichen Methoden der Datenerhebung und -analyse zu sammeln. Mit viel Elan bereiten vier Studierende ein Projekt zum Thema „Was macht ein japanisches Nudelrestaurant aus?“ vor.

Vergleichend sollen zwei Berliner Rāmenrestaurants aus Perspektive der Betreiber und der Gäste untersucht werden. Die Ergebnisse werden in diesem Jahr als Fotostory präsentiert. Wir sind gespannt auf die Ergebnisse und freuen uns darauf, gemeinsam Nudelsuppe zu essen!

Neues Video zur japanischen Küche in Berlin

Das Video der Teilnehmer*innen der Forschungswerkstatt im Sommersemester 2018 beschäftigt sich mit den Einkaufspraktiken japanischer Austauschstudierender in Berlin. Wann japanische Studierende in Asiamärkten gehen, was sie dort einkaufen und warum, erfahren Sie in diesem Video: