Salz aus Tadschikistan

Ausländische Studenten kommen sich beim Essen näher

Von Julianna Samper

Der Geruch von gedämpftem Gemüse mit einer fremden Gewürzmischung schwebt in der Luft. Auf dem Tisch stapelt sich Brot, dazu ein Salat mit klein geschnittenen Gurken, Tomaten und Zitronensaft. Daneben steht eine Schüssel mit Gemüse – Broccoli, Karotten, Kartoffeln und Zwiebeln, dazwischen Rindfleisch. Die Gewürze, typisch für Tadschikistan – unter anderem Zira, Bergsalz vom Pamirgebirge und Curry – geben dem Gericht, Schurbo, eine subtile orangene Farbe. Alle Zutaten wurden zusammen gekocht in einem ursprünglich aus Tadschikistan und Usbekistan kommenden metallenen Kochtopf, Kazan–deg genannt.

Das Essen stellt eine Methode der Anpassung dar. Heute kann man überall typisches Essen unterschiedlichster Ethnien finden, besonderes in Großstädten wie Berlin. Aber man denkt oft nicht darüber nach, wie dieses typische Essen dort hingekommen ist, nicht an die Geschichte des Restaurants oder gar seines Eigentümers. Es sind nicht nur Menschen, die immigrieren, sondern auch das Essen. Beides hat eine beiderseitige Adaption ermöglicht.

Malika Avezova stammt aus Tadschikistan. Die 18-Jährige ist als DAAD-Stipendiatin zum Studium nach Berlin gekommen und hat hier keine Verwandten, sondern nur eine Gruppe von Freunden. Sie kommen aus verschiedenen Ländern und veranstalten gerne internationale Abende. „Auf jeden Fall bringt es die Leute zusammen“, sagt sie. „Es gibt viele Gerichte, die ich mag aber auch viele, die ich nicht mag“, erklärt sie bei diesen Internationalen Abenden, wo jede Person ein typisches Gericht mitbringen soll. Unter anderem isst sie gerne japanisches Sushi und kann sich ein Frühstück ohne das typisch deutsche Müsli nicht vorstellen.

Unter anderem, isst Avezova gerne in dem usbekisch-tadschikischen Restaurant „Café Taschkent“, um ein Bisschen ihre Heimat zu empfinden. Dieses Restaurant liegt im Berliner Stadtteil Pankow. Schon beim Eintreten bieten helle Farben wie Dämmerungsrosa, Gelb und Blau eine gemütliche Atmosphäre. Nahöstliche Dekoration hängen an den Wänden und die typischen Samoware stehen auf der Bar. Das alles gibt dem Restaurant einen eleganten und dennoch bescheidenen Eindruck.

Die Gaststätte gehört einer usbekischen Familie, die vor fünf Jahren nach Berlin gekommen ist, weil die wirtschaftliche Lage in ihrer zentralasiatischen Heimat schlecht war. „Es war am Anfang anstrengend, sich hier anzupassen“, sagt Regina Rajapova, die mit ihren Eltern Besitzerin des Restaurants ist.

Regina Rajapova kann in Berlin alle Zutaten für ihr Restaurant finden. Dennoch bestellt sie Gewürze aus Usbekistan, weil der Geschmack trotzdem ein bisschen anders sei. „Das usbekische Essen hat viel Fett“, erklärt die 26-Jährige. Deswegen habe sie gelernt, mit weniger Fett zu kochen, um das Essen an den deutschen Geschmack anzupassen. „Die Deutschen, die hierher kommen, lieben unser Essen. Sie kommen immer wieder.“ Aber sie habe auch viele russische, usbekische und tadschikische Kunden.

Man muss seine Kultur nicht aufgeben, sondern kann viele Dinge über andere Leute und ihr Leben lernen, um sich leichter anzupassen. Gleichzeitig hat man die Chance, anderen Menschen etwas über seine eigene Kultur zu zeigen. Unter anderem das, was nicht in den Büchern steht.

Es ist ganz klar, dass Kulturen sehr unterschiedlich sind. Aber Malika Avezova fühlt sich in Deutschland nicht fremd. „In Moskau war ich fremd, weil ich nicht zu der russischen Kultur gehörte. In Tadschikistan war ich fremd, weil die Leute denken, dass ich in der westlichen Kultur aufgewachsen bin, und meine eigene Kultur und Religion vergessen habe, obwohl es nicht so war. Ich schätze die tadschikischen Traditionen“, sagt Avezova. Sie findet im Gegenteil, dass in Berlin alles freiwillig ist und niemand etwas sagen kann gegen das, was sie macht. „Im Rahmen der Höflichkeit und Erziehung natürlich.“

Wenn man in ein anderes Land zieht, sucht man gewöhnlich nach einem Gefühl von Zuhause. Aber das kommt nicht, bis man sich an die Leute, die Sprache und das Essen gewöhnt hat … An das neue Leben eben.

Die Autorin

Julianna Samper ist in New York geboren, aber in Bogota, Kolumbien aufgewachsen. Im Jahr 2000 hat sie in den USA, in Florida, ihr Abitur gemacht. Sie begann ihr Studium der Journalistik an der University of Florida mit Französisch und Deutsch als Nebenfächer.  Sie wird im Dezember 2010 ihren Abschluss machen und strebt danach einen Master in Wirtschaft an. Journalistisch ist sie an sozialen Konflikten und dem Zusammentreffen unterschiedlicher Kulturen interessiert.

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