Eine Frau aus Simbabwe will nach ihrem Studium in Berlin eine Schule für Behinderte gründen
von Nora Hirshman
Saithembinkosi Dube ist keine durchschnittliche Studentin, gerade in Berlin. Erstmal spricht sie kein Deutsch und Thembi, so ihr Kurzname, ist 33 Jahre alt. Sie ist eine fröhliche aber auch selbstsichere Erscheinung, eine kurvenreiche Afrikanerin mit wilden Haaren und einem tiefen Lachen. Berlin war nicht ihr Traumort, um zu studieren, wie für viele andere, die nach Berlin fahren, um vor ihren Eltern zu flüchten und die ganze Nacht in hippen Diskos zu tanzen. Nein, obwohl Thembi aus Simbabwe kommt, behauptet sie: „Ich fliehe vor nichts.“ Sie ist weder deprimiert noch sieht sie kränklich oder unternährt aus. Sie hat zwei Töchter in ihrer Heimat gelassen. „Ich hätte sie nicht dort gelassen, wenn sie in Gefahr sein würden“, sagt Thembi. Ihre Schwestern sorgen um ihre Töchter, während Thembi in Berlin studiert. Sie spricht mit ihnen einmal pro Woche über Skype mit ihrem Computer, den sie von ihrem Stipendium gekauft hat.
Thembi kam einzig und allein nach Deutschland, um zu studieren. Weil sie kein Deutsch spricht, ist ihre Verbindung zu Deutschland eher pragmatisch. Die Deutschen, die sie hier kennenlernt, verstehen nicht, warum sie zurück gehen will. Ihr Studium in Berlin ist der dritte Teil eines Europäischen Masters, den der Deutsche Akademische Austauschdienst DAAD finanziert. Vorher studierte Thembi in Italien und den Niederlanden. Ihr Studienschwerpunkt liegt auf Sprachbehinderungen, besonders bei Kindern.
Bisher hat sie nur vier andere Personen aus Simbabwe kennengelernt, und diese wohnen in Potsdam. „Es ist eigentlich nicht ungewöhnlich für einen Simbabwer, in Deutschland zu studieren“, sagt sie fließend auf Englisch mit britischem Akzent. „Es war zum Beispiel einfach, ein Visum zu bekommen.“ Auch hat sie nicht wirklich nach anderen Landsleuten gesucht. In ihrem Programm ist sie nicht die einzige Person aus Afrika. Ein anderer Student kommt aus Kenia, einem besser funktionierenden Land Afrikas.
Simbabwe ist für seinen Präsidenten Robert Mugabe bekannt, der seit über 30 Jahren an der Macht ist und mittlerweile zu einem beklemmenden Diktator geworden ist. „Im Allgemein sind die Leute der Meinung, Simbabwe ist ein Kerker“, sagt sie. Daran würden die Medien teilweise Schuld tragen, weil sie nur über Politik und Korruption und nicht über das Alltagsleben der normalen Leute in Simbabwe schreiben. Thembi meint, dass die Ökonomie in Simbabwe zu schwach sei, weil die offizielle Währung der amerikanische Dollar ist. Aber der Dollar habe trotz Inflation die Lebensqualität verbessert. Zum Beispiel könne man jetzt Geschäfte mit anderen Ländern machen. „Simbabwe ist nicht schlechter als andere Länder. Alle Länder haben ihre eigenen Probleme und ihre eigenen benachteiligten Leute“, erklärt sie gelassen. Sie ist stolz auf Simbabwe und denkt, dass es jetzt mit der Koalitionsregierung zwischen Mugabe und der Opposition besser werde.
Allerdings ist Thembi Teil einer kleinen Minderheit von berufstätigen Menschen in Simbabwe, die zur Hochschule gegangen sind und bessere Chance im Leben haben. Sie arbeitet als Lektorin an der University of Zimbabwe in der Hauptstadt Harare. So hat sie Motivation und Zeit, durch Europa zu reisen und dort zu studieren.
Mit alle ihren neuen Erfahrungen, der Bildung und dem Geld möchte Thembi den Leuten in Simbabwe etwas zurück geben. Ihr Plan ist, nach Ende dieses Europäischen Masters und vielleicht auch einem anderen Studium in Australien, eine staatliche Organisation für sprachbehinderte Kinder zu gründen. „Ich möchte dies mit der Arbeit an der Universität verbinden, wo ich auch forschen kann“, sagt sie.
Auf der letzten Station ihrer Reise hat Thembi Berlin als ein großartige Stadt empfunden, und auch als einen guten Ort für Ausländer. Nach ihrer Zeit in Italien, wo sehr wenige Leute Englisch sprechen, sei Berlin viel freundlicher für Englisch sprechende Menschen. „Die öffentlichen Verkehrsmittel haben mir gefallen, weil sie so verlässlich sind und das Essen, besonders die verschiedenen Arten von Brot, mag ich sehr.“ Aber ganz egal, was die Leute hier sagen, Thembi hat große Lust auf ihre Rückkehr nach Simbabwe, besonders darauf, das erste Mal nach einem Jahr ihre Familie wiederzusehen. Im August ist es soweit.
Die Autorin
Nora Hirshman ist in Brooklyn, New York geboren und ist in ihrem letzten Jahr an der Columbia Universität, New York, wo sie Germanistik und Englisch Literatur studiert. Sie macht im Juli und August 2010 ein Praktikantin für die Jüdische Zeitung, Berlin.