Editorial

SonnenuntergangMedienkrise und Selbstzensur

Journalisten aus Armenien, Russland und den USA am Internationalen Journalisten-Kolleg

Wie erleben amerikanische Journalisten die Medienkrise? Ist es wirklich gefährlich in Russland als Journalist zu arbeiten? Diese und viele andere Fragen zur Entwicklung der Medien, zur beruflichen Ethik und zum praktischen Journalismus haben in diesem Jahr junge Journalisten aus Osteuropa und amerikanische Journalistik-Studenten aus den USA am Internationalen Journalisten-Kolleg diskutiert. Sie sind Teilnehmer der Programme „Journalisten International“ und „internXchange“.

Seit zehn Jahren kommen Journalisten aus der ehemaligen Sowjetunion für drei Monate nach Berlin, seit drei Jahren auch Medienmacher aus den USA.

Sie nehmen an Seminaren und Exkursionen teil, lernen auf einer Reise den deutschen Föderalismus kennen und absolvieren Praktika in Berliner und Brandenburger Medienunternehmen.

Im Vorfeld ihres Praktikums haben sich die amerikanischen Journalisten und ihre Kollegen aus Russland und Armenien mit praktischen Übungen auf die Arbeit in den Redaktionen vorbereitet. In diesem Rahmen haben sie Artikel für eine gemeinsame Broschüre geschrieben und Beiträge für Radio und Fernsehen produziert. Unter der großen Überschrift „Migrationen“ sind die internationalen Nachwuchsjournalisten dem vielfältigen Verständnis von Wanderung nachgespürt. Ob über Ländergrenzen, vom Land in die Großstadt oder einfach das Zurückziehen in sich selbst: Russen und Amerikaner haben in und um Berlin recherchiert, fotografiert, gefilmt und geschrieben. Alle Beiträge mit vielen Fotos gibt es online in diesem Blog.

Ulrike Butmaloiu

Ballett ist Vision und Leidenschaft

Und das ist die Leiterin des Workshops, Penka Karow. Bei ihr gibt es keine Kompromisse mit der Sauberkeit der Bewegungen, auch wenn es um Hobbytanzen geht. Für ihre Stunde muss man auch sein Französisch Frisch halten. Die erfahrene Tänzerin, Pädagogin und Choreografin Penka Karow konnte auch als Rentnerin das Ballett nicht aufgeben. Seit 1996, nachdem sie in den Ruhestand ging, leitet sie Tanzworkshops an Schulen und Kindergärten, sowie auch in Tanzstudios wie diesem hier. Ballett war für sie seit der Kindheit eine Leidenschaft. Geboren und aufgewachsen in Bulgarien, hatte sie mit 18 die damals große Chance ihr Tanzstudium in der Sowjetunion zu machen – in Taschkent, dem heutigen Usbekistan. [zum Artikel]

Die Welt zwingt, sich zu drehen

In einem kleinen Klub im Keller eines Kreuzberger Wohnhauses drängen sich so viele Leute, dass ein Durchkommen kaum möglich ist. Die niedrigen Räume erinnern mehr an eine Sauna, als an eine Diskothek. T-Shirts kleben an den Körpern, der Schweiß tropft von der Decke, und auf die angelaufenen Türen ließen sich Hieroglyphen zeichnen. Durch die schwitzenden Körper hindurch drängt sich Natalia Pomozowa zum Pult des DJs. Die schlanke Blondine will sehen, wie er arbeitet, welche Platten er heute spielt. Natalia ist 25 Jahre alt und selbst DJ, Künstlerin und Designerin. [zum Artikel]

Ein Tor wird geschossen

Jetzt hat Deutschland zweimal hintereinander eine Migration in Richtung Nationalismus gemacht. Nachdem es den dritten Platz in der Fußball-Weltmeisterschaft gewonnen hat, sind die Leute auf die Strasse gegangen, haben gemeinsam gefeiert wie noch nie und haben Feuerwerke steigen lassen. Dieses Jahr, direkt nach dem Sieg gegen Argentinien, haben sie auch nicht damit aufgehört. Sie sind glücklich mit ihren Autos durch die Straßen gefahren, haben Passanten zugehupt, um mit ihnen zu feiern. Die Leute am Straßenrand haben laut zurück geschrien und mit den Fingern die Nummer Eins geformt. [zum Artikel]

Freiheit atmen

Saida (25) aus Russland, begann ihren Weg in Deutschland als Au-Pair-Mädchen in der kleinen norddeutschen Stadt Emden. Jetzt studiert sie Film- und Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin. Noch kann sie sich nicht als echte Berlinerin bezeichnen, aber langsam kommt dieses Gefühl. Um ein paar Fragen zu stellen, treffen wir uns in einem kleinem Berliner Pub, wo Saida sich etwas hinzuverdient. [zum Artikel]

Hier habe ich Freunde, hier bleibe ich

Sünke nimmt Lilit an die Hand und zieht sie auf die Tanzfläche. Jenia schwenkt seine Hüfte gegen Antoninas Schenkel. Nebenan tanzt Henri im Gleichschritt. Die fünf Tänzer kommen aus Polen, Litauen, Armenien, der Ukraine und Deutschland. Sie sind geistig und körperlich behindert. In der Evangelischen Jugendbildungs- und Begegnungsstätte Hirschluch haben sie sich für zehn sonnige Frühlingstage zu einem Jugendaustausch getroffen. Mitten im Wald an einem kleinen See leben die insgesamt 50 Leute in kleinen Hütten, deren Namen wie aus dem Märchen klingen. [zum Artikel]

Imagining A Life Abroad

„Bevor ich nach Berlin gekommen bin, konnte ich mir nicht vorstellen, im Ausland zu leben.“ Das erzählt Nazareth Fernandez. Sie stammt aus dem südspanischen Grenada und studiert seit einem Jahr an der Freien Universität Berlin Rechtswissenschaften. Mittlerweile fühlt sie sich so wohl in Berlin, dass sie sich gut vorstellen kann, hier zu leben. Auch ihr Kommilitone Thomas Crane war vor seinem Studium im Ausland skeptisch, in einem fremden Land dauerhaft zu wohnen. Das Rechtswissenschaftsprogramm an der Freien Universität war ein einflussreicher Faktor für ihn, nach Berlin zu kommen. [zum Artikel]

Integration durch Werte-Patriotismus?

Wie einst am Hafen von New York landen heute jeden Tag tausende von arbeitswilligen, hoffnungsvollen Migranten an den Stränden des Mittelmeers. Sie kommen, um ein besseres Leben zu suchen, wie damals in den USA. Der einzige kleine Unterschied: in New York wurden sie mit der Freiheitsstatue begrüßt. Auf Lampedusa grüßt zuerst mal das Auffanglager. Europa ist längst zu einem bedeutenden Einwanderungsziel geworden, aber es scheint dies noch nicht richtig begriffen zu haben. Migranten sind für Deutsche oder Franzosen immer noch keine Selbstverständlichkeit wie in den USA. [zum Artikel]

Israeli mit vielen Identitäten

Am Nachmittag vor dem Halbfinale der Fußballweltmeisterschaft war das Café „Taqueria Florian“ auf der Oranienstraße in Kreuzberg fast leer. Spanische Musik klang – wahrscheinlich ahnungsvoll – laut in der Lautsprecherbox. Ein paar Leute lasen Zeitung im sanften Licht und die unbeschäftigte Kellnerin schien gelangweilt zu sein. Draußen vor dem Café drehte ein Film-Crew eine Szene. Die Stille des Nachmittags war traumhaft. Plötzlich kam ein bärtiger Mann herein und mit ihm auch die Ausrede für seine Verspätung: „Der Bus fährt immer so langsam, es tut mir leid“, sagte er. [zum Artikel]

Jaqueline und der Rest der Welt

Jacqueline Patlakas ist Besitzerin der „Taverna Athene“ in der Nähe der Station Möckernbrücke im Berliner Stadtteil Kreuzberg. Obwohl sie griechisches Essen in einem griechischen Restaurant serviert, fühlt sie sich als Deutsche, besonders als Berlinerin. Beim Fussballspiel Deutschland gegen Argentinien sitzt eine Hand voll Gäste im Partyzimmer des Restaurants. Sie waren in Stimmung, mit Schminke, Hut und Vuvuzela. Mit jedem deutschen Tor bringt der Kellner einen freien Schuss Ouzo. Etwas, das mit dem dritten und vierten Tor durchaus zur Verpflichtung wurde. Direkt vor dem Spiel Deutschland-Argentinien haben wir mit Jacqueline Patlakas über die Fußball-WM und die Euro-Krise geredet. [zum Artikel]