Erfahrungen von drei Austauschstudenten
von Rory Raabe
„Bevor ich nach Berlin gekommen bin, konnte ich mir nicht vorstellen, im Ausland zu leben.“ Das erzählt Nazareth Fernandez. Sie stammt aus dem südspanischen Grenada und studiert seit einem Jahr an der Freien Universität Berlin Rechtswissenschaften. Mittlerweile fühlt sie sich so wohl in Berlin, dass sie sich gut vorstellen kann, hier zu leben. Auch ihr Kommilitone Thomas Crane war vor seinem Studium im Ausland skeptisch, in einem fremden Land dauerhaft zu wohnen. Das Rechtswissenschaftsprogramm an der Freien Universität war ein einflussreicher Faktor für ihn, nach Berlin zu kommen. „Ich genieße das Leben in der Stadt so sehr, dass ich länger in Berlin bleiben möchte“, erzählt der 24-Jährige. Er ist vor einem Jahr aus dem schottischen Glasgow in die deutsche Hauptstadt gekommen. Seine Familie wohnt in England, aber er verbrachte seine frühe Kindheit in Deutschland. Obwohl es sich um Thomas erstes Auslandsstudium handelt, spricht er fließend Deutsch. Seine Familie hat oft zu Hause Deutsch gesprochen, seine Mutter ist eine Deutsche. Nazareth und Thomas teilen die Erfahrung der internationalen Studierenden in einem fremden Land. In diesem Sinne ähneln sich ihre Erfahrungen im Ausland mit denen von jemandem, der ohne Familie noch nie außerhalb seines Heimatlandes gewesen ist.
Ganz anders ist Laura Wilding. Die 23-jährige US-Amerikanerin ist in Frankfurt am Main geboren, in New York war sie auf der deutschen High School, ihr College hat sie in Pennsylvania gemacht, ging als Lehrerin nach Nizza. Von der französischen Mittelmeerküste kam sie zum Studium der Politikwissenschaft nach Berlin. Das Diplomatenkind ist das Reisen gewöhnt. „Für mich war es nie ein Problem, mir vorzustellen, dauerhaft im Ausland zu leben“, ist sie überzeugt. Auch sie spricht fließend Deutsch. Ihr Hauptgrund nach Berlin zu kommen war, die kulturellen Attraktionen kennenzulernen und die Chancen, in Berlin zu leben, zu nutzen. „Hier sind die Mieten, das Essen und die Universitäten billig. In Amerika hätte ich keine Chance auf einen guten Job“, sagt sie.
Nazareth, Thomas und Laura gehen zu den gleichen Partys, spielen gerne Fußball und besuchen Museen. Sie genießen das andere Leben. Laura hat mehr freie Zeit: „Es ist hier weniger intensiv als bei uns am College“, erzählt sie. Nazareth liebt den Enthusiasmus der Deutschen für Fußball. „Hier habe ich die meisten Freunde kennengelernt“, sagt sie. Thomas spielt mit Nazareth in einer Fußballmannschaft. „Ich genieße das Wetter, hier regnet es nicht so viel wie in Schottland.“
Thomas und Nazareth sind sich einig, dass sie Berlin genießen, weil es eine Metropole mit einer lebendigen, jungen Kunstszene ist. Als sie an einem heißen Julitag durch Neukölln schlendern kommentiert Nazareth: „Ich liebe es, hier Leute zu beobachten. Es gibt so viel Leben in den Straßen Berlins!“
Alle drei sind sich nun sicher: Sie würden dauerhaft im Ausland leben, wenn sie befriedigende Jobs hätten und sie den Standort mögen würden.
Die Autorin
Rory Raabe wurde 1990 in Washington geboren. Sie studiert Kommunikation und Deutsche Kultur an der University of Washington in Seattle. Sie arbeitet für das Campus-Radio und macht Programme für Rainy Dawg Radio und Hollow Earth Radio.