Ach ja, es ist mal wieder Wahlkampf. Die Bäume an der ganzen FU leuchten in sämtlichen grellen Farben, in der Mensa ist es vor lauter Flyern schwierig, Sauce auf den Tisch zu tropfen und überall sieht mensch fleißige Menschen, die Plakate aufhängen, andere Menschen, die die Plakate wieder abreissen, und Menschen in lustigen Wahlkampf-Shirts („Mich kannst du wählen!“), die Flyer verteilen.
Während in diesem Jahr keine einzige explizit konservative Liste angetreten ist, tut sich vor allem die Liberale Hochschulgruppe mit einem, mensch könnte es „interessant geführten“ nennen, Richtungswahlkampf hervor. Eine eigens eingerichtete Homepage (die an dieser Stelle bewusst nicht verlinkt wird) soll mal wieder beweisen, wie unglaublich böse doch unser AStA ist. Da werden dann reichlich abstruse Beispiele gebracht, um den Studierenden zu verdeutlichen, wie unglaublich viel Geld doch 500 000 Euro sind. Angesichts von Sätzen wie „Aufeinandergestapelt ergäben 500.000 Ein-Euro-Münzen einen Turm von ca. 1 km Höhe“ fragt mensch sich allerdings doch, ob die LHG die Durchschnittsstudentin/den Durchschnittsstudenten nicht eher auf dem geistigen Niveau von Sechsjährigen vermutet. Erstaunlich auch, welche Empörung doch ein Semesterbeitrag von 7,50 Euro hervorrufen kann – zumal im Vergleich mit der mehr als fragwürdigen „Verwaltungsgebühr“ von um die 50 Euro, die einem jedes Semester vom Immatrikulationsbüro abgeknöpft wird. Auch der Hinweis, dass ja „niemand“ wüsste, wer denn eigentlich im AStA sitzt, mutet etwas merkwürdig an. Wird bei der LHG keine Zeitung gelesen? Dort werden oft genug – um nur zwei zu nennen – die „FU-AStA-Vorsitzende Inga Nüthen“ oder der „Referent für Hochschulpolitik am AStA der FU, Till Ermisch“ erwähnt. Ganz abgesehen davon, dass wir von einer Personalisierung des Politischen und von Hierarchien (wenn sich der AStA LHG-wunschgemäß mehr als „Regierung“ der Studierenden betätigen würde) ohnehin nichts halten…
Noch viel viel toller sind aber die Vorwürfe an die Fachschaftsinitiativen. Unser Boykott des Fachschaftsrates (FSR) wird dann dazu umgedichtet, dass einzig und allein die LHG in der Lage und willens ist, „ernste“ hochschulpolitische Arbeit zu leisten und „Verantwortung“ zu übernehmen. Dass der FSR ein Ruhigstell-Gremium ohne irgendeine auch nur ansatzweise vorhandene Entscheidungskompetenz ist, wird natürlich nicht erwähnt. Wir sind nach wie vor der Ansicht, dass die mannigfachen Probleme und Ängste der Studierenden nicht durch Delegierung an machtlose VertreterInnen gelöst werden können, sondern dass – aufgrund der undemokratischen Struktur deutscher Hochschulen im allgemeinen und der FU im besonderen – nur das Aktivsein „von unten“ Veränderungen bewirken kann.
Doch genug über die anderen gelästert, wofür treten WIR an? Wer unsere Selbstdarstellung kennt, weiß ja über das Grundsätzliche schonmal Bescheid. Aktuell werden wir uns auch nach der Wahl mit Händen und Füßen gegen die Schließung der PolSoz-Bibliotheken und deren Verlagerung in die Universitätsbibliothek (wurde bereits hier, hier und hier thematisiert) wehren. Ausserdem steht nach wie vor die Berufung wichtiger Professuren (Ideengeschichte, Gender, Politisches System der BRD) aus – auch darauf werden wir weiterhin ein Auge haben. Und ja, wir WERDEN im StuPa auch weiterhin den AStA stützen, ebenso wie wir weiterhin den Fachschaftsrat boykottieren werden.
Also, vom 15. bis zum 17.1. LISTE 1 bei den StuPa-Wahlen wählen!
1. Bei der „kindischen“ Verbildlichung von 500.000 Euro, die natürlich „nur“ 7,50 Euro im Monat für jeden Studierenden bedeuten geht es eigentlich nur um eines: Dem Normalstudierenden, der sich nicht täglich mit Hochschulpolitik beschäftigt, klar zu machen, worum es bei den Wahlen – unter anderem – geht. Denn 500.000 Euro sind keine Peanuts, nur weil 50 Euro Verwaltungsgebühren pro Person mehr Geld sind. Und da kann das ein oder andere Bild ja nicht schaden, ist sonst auch zu trocken das Ganze! Und der Versuch, die intransparente Verschwendung von über 500.000 Euro kleinzureden ist im Übrigen genau das, worüber wir uns zu Recht aufregen!
2. Die Personalisierung von Politik ist nur natürlich – schließlich machen Menschen Politik, und nicht irgendwelche abstrakten Ideen. Wenn man nicht weißt, wen man eigentlich ansprechen kann, wenn man mal Hilfe benötigt, wird man keine Hilfe finden. Und da ist es natürlich toll, wenn wir nur aus der Zeitung erfahren, wer unser AStA ist – auf dessen Homepage erfährt das der Normalstudi ja nicht…!
3. Momentan gängelt nicht ein nicht existierender Fachschaftsrat (FSR) die Studierenden des Fachbereichs Politik- und Sozialwissenschaften, sondern die Fachschaftsinitiativen gängeln die Studierenden mit ihrem Alleinvertretungsanspruch. Nur darum geht es nämlich bei der Verhinderung des FSRs – um die Beibehaltung einer Machtposition, in die man sich gut eingelebt hat.
Und am Fachbereich Wirtschaftswissenschaft haben wir im vergangenen Jahr gezeigt, dass wir gemeinsam mit der dortigen FSI und einer andere Studi-Initiative auch mit und durch den Fachschaftsrat Sachen bewegen könnnen – ohne dass das dem basisdemokratischen Engagement der Einzelgruppen irgendeinen Abbruch getan hätte. Die Gängelungsangst ist daher völlig übertrieben – im Gegenteil: Als der FSR dort noch nicht aktiv war, hat ein Professor einfach eigenmächtig einen „Bachelorsprecher“ in einer Vorlesung wählen lassen, der dann alle BA-Studierenden vertreten sollte. Statt einer gleichen, geheimen Wahl gab es also eine Quasi-Ernennung durch einen Professor – und der war kein Basisdemokrat!
Hallo Ronny.
zu 1.: Richtig, 500 000 Euro sind keine Peanuts. Allerdings ERFÜLLT der AStA auch sämtliche Aufgaben, die von ihm erfüllt werden sollen. Sprich: es gibt Beratungsangebote, sowohl persönlich, als auch über Broschüren, Bücher, Flyer usw. usf. Zusätzliche Arbeit wird in den Autonomen Referaten geleistet. Im übrigen hat das Debakel um den konservativen AStA an der TU Berlin gezeigt, dass „Geldverschwendung“ anprangern nicht davor schützt, selbst Geld zu verschwenden. Und natürlich, Bilder machen einen Text weniger trocken. Zum Beispiel Bilder von Mobutu, gell? Diese Auseinandersetzung werden wir allerdings auf nach den Wahlkampf verschieben…
zu 2.: SÄMTLICHE Referate des AStA sind auf ihrer Homepage mit E-Mail-Adresse, Telefonnummer und teilweise Website aufgeführt. Mensch weiß also sehr wohl, wo mensch sich Hilfe holen kann. JedeR Studierende kann mit minimalem Aufwand auch herausfinden, wo die AStA-Villa liegt. Ist es da wirklich noch so wichtig, Namen und Gesichter rumzuzeigen?
zu 3.: Es gab/gibt am von dir erwähnten WiWi-Institut ein schönes Plakat mit dem Ausruf „Für mehr Dienstleistungsmentalität am Fachbereich!“. Genau das entspricht eben NICHT unserem Selbstverständnis. Wir sind kein Protest- Vertretungs- oder Aktionsdienstleister; wir setzen viel mehr darauf, dass die Studierenden selbst die Initiative (daher auch das „I“ in „FSI“) ergreifen und sich engagieren. Im Kern übrigens ein äußerst liberaler Gedanke.
Wie du bei einer für alle Interessierten offenen, basisdemokratischen Gruppe von einem „Alleinvertretungsanspruch“ schreiben kannst, ist mir ehrlich gesagt ein Rätsel.
P.S.: Du kannst dir sicher sein, dass wir gegen ein solches Vorgehen eines Professors schärfsten Widerspruch eingelegt hätten.