Bildungsstreik: VollVersammlung am Fachbereich

Es wird allmählich ernst mit dem Bildungsstreik – schon nächste Woche geht’s dann richtig los. Wer immer noch nicht so richtig etwas mit dem Konzept des Bildungsstreiks verbinden kann oder nicht weiß, wofür das Ganze eigentlich gut sein soll, hat am Donnerstag die Gelegenheit, sich am Fachbereich Politik- und Sozialwissenschaften zu informieren. Zusammen mit zahlreichen anderen hochschulpolitischen Gruppen veranstalten die Fachschaftsinitiativen am Fachbereich (also die FSI OEI, FSI PuK, FSI Ethnologie und natürlich wir) nämlich eine VollVersammlung. Von jedem Institut wird eine Person einen kurzen Input geben, was alles im Argen liegt – was am OSI ja schon bei der letzten VV passiert ist, s. hier -, ausserdem gibt’s Informationen zum Bildungsstreik. Auch für Lehrende könnte die Veranstaltung interessant sein: Peter Grottian, emeritierter Professor des OSI, spricht darüber, warum es auch für HochschullehrerInnen sinnvoll ist, zu streiken.

Wir wollen jedoch vor allen Dingen mit den Anwesenden über mögliche Aktionen und Veranstaltungen während des Bildungsstreiks diskutieren. Und da wir natürlich nicht aus Selbstzweck streiken und Aktionen machen, sollen am Donnerstag auch Forderungen besprochen und verabschiedet werden. Ansatzpunkte dafür gibt es viele: am OSI etwa die völlige Ungleichverteilung von Ressourcen und Personal zu Gunsten des Bereichs Internationale Beziehungen, die immer noch ausstehende Schaffung einer Professur in Ideengeschichte und die Frage, ob ein halbwegs annehmbarer Ersatz für das Diplom geschaffen werden kann.

Berlinweit steht die Neuverhandlung der Hochschulverträge vor der Tür, und wenn es nach dem Willen des Finanzsenators geht, werden die Finanzierungslücken bei den Universitäten noch größer. Dabei sind jetzt schon bei weit über 100 000 Studierenden in Berlin gerade mal ca. 80 000 Studienplätze voll ausfinanziert, und die geburtenstarken Jahrgänge nach der Wende sowie die „doppelten“ – acht- und neunjähriges Gymnasium – Abiturjahrgänge kommen erst noch an die Uni. Auch bundesweit kranken die Universitäten an chronischer Unterfinanzierung: seit Anfang der 1970er Jahre haben sich die Studierendenzahlen mehr als verdreifacht, die Mittel der Hochschulen aber lediglich verdoppelt. Der vor kurzem groß angekündigte „Hochschulpakt“ der Bundesregierung summiert sich zwar auf 18 Milliarden Euro; allerdings verteilt sich das Geld auf mehrere Jahre und ist letzten Endes immer noch ein Tropfen auf den heißen Stein. Im schlechtesten Fall kommt das Geld überhaupt nicht, denn die Auszahlung steht unter Finanzierungsvorbehalt – und da die Bundesregierung für Bankenrettung, Abwrackprämie und andere, nun ja, „sinnvolle Projekte“ viel geliehenes Geld verpulvert hat, kommt am Ende vielleicht auch gar nichts an die Unis. Die Konsequenzen der Unterfinanzierung durch den Staat sind bereits zu beobachten: neben den teilweise völlig unhaltbaren Studienbedingungen und überaus maroden Universitätsgebäuden sind dabei vor allem die Versuche der Universitäten „interessant“ (for lack of a better word), sich die dringend benötigten Mittel anderweitig zu besorgen. In vielen Bundesländern passiert dies über Studiengebühren, dazu kommt die zunehmende Abhängigkeit der universitären Forschung von „Drittmitteln“, also Geldern, die von der Wirtschaft, von Verbänden oder von Stiftungen kommen. Kritische Forschung ist damit passé.

So wichtig eine angemessene finanzielle Ausstattung für die Hochschulen auch ist, Geld ist nicht alles. Deshalb streiten und streiken wir auch für ein stärker an unseren Bedürfnissen orientiertes Studium – ein Studium, das es uns ermöglicht, auch mal über den Tellerrand hinauszublicken, das uns Zeit für Freunde, Hobbys und gesellschaftliches Engagement lässt, das allen interessierten Menschen offen steht und das bildet, anstatt nur auszubilden. Wir kämpfen für eine Uni, in der wir endlich demokratisch mitentscheiden dürfen, statt vorher ausgeklüngelte Entscheidungen lediglich vorgesetzt zu bekommen. Kurz: wir kämpfen für eine Universität, die ganz anders ist als die existierende. Und die bekommen wir nur, wenn wir aktiv werden.

Deshalb: Auf zur VollVersammlung!


Wo? Im Henry-Ford-Bau, Hörsaal B
Wann? Am Donnerstag, 11.6., um 14 Uhr

Flyer: PDF

Ein Gedanke zu „Bildungsstreik: VollVersammlung am Fachbereich“

  1. Hi, finde ich gut, dass Ihr mal wieder was machen wollt.
    Ich habe da ein paar Fragen/Anmerkungen zu den genannten Zahlen. 1) Die seit 1970 verdoppelten Mittel der Hochschulen, habt ihr die deflationiert oder sind das absolute Zahlen? Wenn es absolute Zahlen sind, dann fällt die Erhöhung der Inflation zum Opfer. Es ständen den Hochschulen somit real geringere Mittel zur Verfügung.
    2) Berlin ist, so weit mir bekannt, ein Sonderfall. Die Unis müssen hier die Pensionen der Profs bezahlen. Dadurch werden die zur Verfügung stehenden Mittel weiter beschränkt (Im Jahr 2004 waren das immerhin 8,5% des FU Haushaltes). Aufgrund der Altersstruktur müsste sich dieser Anteil inzwischen weiter erhöht haben.
    3) Weiterhin ist bemerkenswert, dass es in Berlin der Senat den Unis erlaubt hat, ihre Personalpolitik seit 1998 aus den Haushaltsplänen herausnehmen zu dürfen. Das Personal und dessen Gehälter ist einer der größten Posten der Uni Haushalte.
    4) Dies ist umso erstaunlicher, weil die Unis öffentlich finanziert sind und auf diesem Weg eine öffentliche Kontrolle der Haushalte beinahe unmöglich wird.
    Vielleicht könnt ihr ja was mit den Hinweisen anfangen. Ich wünsche euch und dem Bildungsstreik jedenfalls viel Erfolg.
    Raphael

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Captcha
Refresh
Hilfe
Hinweis / Hint
Das Captcha kann Kleinbuchstaben, Ziffern und die Sonderzeichzeichen »?!#%&« enthalten.
The captcha could contain lower case, numeric characters and special characters as »!#%&«.