Vortrag und Diskussion mit Dr.in Gundula Ludwig
Gegenwärtig lässt sich in Deutschland, ebenso wie in vielen westlichen Gesellschaften, eine umfassende Krise der Demokratie beobachten. Um diese „Entdemokratisierung der Demokratie“ verstehen zu können, reicht es weder aus, den Fokus nur auf den Staat zu legen, noch, den Blick nur auf jene gesellschaftlichen Kräfte an den extremistischen Rändern der Gesellschaft zu richten, die explizit für eine Autoritarisierung von Politik und für eine Entsolidarisierung und Ent-Pluralisierung der Gesellschaft eintreten. Vielmehr haben wir es gegenwärtig mit einer umfassenden Entdemokratisisierung von Staat und Gesellschaft zu tun, die mit einer tiefgreifenden und zugleich subtilen Entdemokratisierung auf der Ebene der Lebens- und Subjektivierungsweisen einhergeht. Der Vortrag geht der Frage nach, wie neoliberale Geschlechter- und sexuelle Politiken mit dazu beigetragen haben, diese umfassende Entdemokratisierung voranzutreiben. Mit dem Vortrag soll etwas gezeigt werden, was auf den ersten Blick paradox erscheinen mag: Dass gerade neoliberale Geschlechter- und sexuelle Politiken zu einer subtilen Entdemokratisierung der Gesellschaft geführt haben, obwohl sie den Subjekten mehr Freiheit versprechen. Geschlechter- und sexuellen Politiken kommt hier kein Alleinstellungsmerkmal zu. In Ökologie-Fragen oder im Bereich der Bildung lassen sich ähnliche Dynamiken ausmachen. Geschlechter- und sexuelle Politiken sind allerdings, gerade weil sie das Private, Intime und Alltägliche der Menschen durchziehen, ein wichtiges Terrain, auf dem sich ein subtiles, aber umso wirkmächtigeres Bedingungsgefüge für die Entdemokratisierung von Gesellschaft entfalten konnte.
Gundula Ludwig promovierte 2010 mit der Arbeit „Geschlecht regieren. Staatstheoretische Überlegungen zum Verhältnis von modernem Staat und vergeschlechtlichter Subjektkonstitution“ in Wien. Ab 2014 war sie u.a. als Vertretungsprofessorin für den Bereich Diversity Politics am Institut für Sozialwissenschaften sowie als Gastwissenschaftlerin am Zentrum für transdisziplinäre Gender Studies der Humboldt-Universität zu Berlin tätig. Gegenwärtig ist sie Stipendiatin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (Apart) am Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien und Gastwissenschaftlerin am Institut für Geschichte der Medizin und Ethik der Medizin an der Charité Berlin. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Politische Theorie, insbesondere Staats-, Macht- und Demokratietheorien aus queer-feministischer Perspektive.
WANN? Montag, 11.12.2017, 18.30 Uhr
WO? Otto-Suhr-Institut, Ihnestraße 21, Hörsaal A
Eine Veranstaltung der FSI*OSI