Free Society und Liberal Script?! – Bericht Fachbereichsrat vom 17.01.

Der letzte Fachbereichsrat (FBR) war letzte Woche am 17. Januar. In diesem hat der FU-Präsident Prof. Dr. Alt eine Stunde lang die neueste Exzellenzstrategie präsentiert, es wurde ein neues Exzellenzcluster vorgestellt, dass liberale Werte verteidigen will und der FBR hat sich teilweise mit der TV-Stud-Initiative solidarisiert.

Exzellenzstrategie

Während „früher“ viel Hauen und Stechen unter den Berliner Unis geherrscht habe, setze man nun auf Kooperation: Im Verbund mit TU und HU bewirbt sich die FU um Forschungsmittel ab 2019 in Höhe von 28 Millionen Euro pro Jahr. Der Status quo wird im Vergleich zur Vergangenheit idealisiert. Die „Lehre“ wird in diesem Exzellenzwettbewerb unter dem Stichwort „forschungsorientierte Lehre“ abgefrühstückt. Von dem Prozess, an dem Studierende in keinster Weise beteiligt waren, ist ohnehin nicht allzu viel zu erhoffen.

Die Präsentation war von leeren Signifikanten oder besonders schön klingenden Worten gespickt, die die „Meilensteine bis Jetzt“ repräsentieren: Während für „Steuerung und Organisation“ eine Leitungsrunde, Kern-AG und Governance-AG zuständig ist, wurde der Prozess von „Fach-AGs“ und „Querschnitts-AGs“ unterstützt. Die vier Fach-AGs lauten „Beste Köpfe (Nachwuchs, Rekrutierung)“, „Fokus & Vielfalt (Förderungsprofil)“, „Bibliothek der Ressourcen (Forschungsinfrastruktur)“ und „Ideas to Reality (Wissenstransfer)“. Die Themen, die überall mitgedacht werden, sind in fünf Querschnitts-AGs zusammengefasst: „Gleichstellung & Diversity“, „Internationales“, „Digitalisierung“, „Forschungsorientierte Lehre“ und „Wissenschaftskommunikation“.

Die daraufhin formulierten „zentralen Handlungsfelder“ orientieren sich prinzipiell daran; diese blumigen Worte lassen wir hier aus. Ohnehin fürchtet der Präsident eine offene Kommunikation – Pressegespräche sind unerwünscht, lediglich eine Website soll für Informationen herhalten (https://www.universities-berlin.de/). Dennoch offenbaren die Begriffe, in welcher Vorstellungswelt das Präsidium und eingeweihte Professor*innen leben. Ein erstes Leitmotiv der Berliner Uniallianz hat allen Ernstes den Titel: „Open Knowledge for a Free Society“. Gemeint ist die neoliberale bzw. kapitalistische Freiheit, Mensch und Natur auszubeuten und speziell als Uni mit anderen Standorten zu konkurrieren. So wird als Standortbesonderheit Berlins in aller Oberflächlichkeit die „Diversität“ abgefeiert sowie die Nähe zur Regierung affirmiert.

Berlin stehe für Freiheit, Internationalität und Weltoffenheit. Dass diese ihre systematischen Grenzen hat, bleibt natürlich unerwähnt. Alt schwärmt von einer neuen Kooperationskultur im Verbund: Ein „offenes Haus der Forschung, Open Science System mit innovativen Förderformaten“ ist die Vision, die „Antworten auf gesellschaftliche Herausforderungen durch freie Forschungs- und Denkverbünde“ gibt. Das Stichwort der „Entwicklung von effizienten Governance- und Managementstrukturen“ weckt üble Erinnerungen an die „unternehmerischste Hochschule Deutschlands“, für die der letzte Präsident Dieter Lenzen ausgezeichnet wurde.

In der nachfolgenden Diskussion im Fachbereichsrat wich Alt dem Vorwurf des „akademischen Kapitalismus“ aus, der auf Projektifizierung und New Public Management beruhe. Seine Strategie sei eine Förderung auf Dauer im Grundbudget ohne Drittmittel. Alt fürchtet Langfristiges, das statisch werde. Er sehe ein, dass die Unis mehr Ruhe bräuchten, aber: „Wenn man viele Menschen auf verschiedenen Karrierestufen unterstützen möchte, sehe ich dazu keine Alternative“. Andere Profs forderten, die Internationaisierung der FU nicht zu verlieren und sich im Wettbewerb mit HU und TU auf diesem Gebiet wie zuvor zu profilieren.

Liberal Script?!

Nach diesem eloquenten Vortrag, der mit allseitigem Applaus quittiert wurde, wurde das geplante FU Exzellenzcluster „Contestations of the Liberal Script (SCRIPTS)“ von Prof. Dr. Börzel vorgestellt: Liberale Werte und Institutionen seien bedroht – und müssen folglich verteidigt werden. Als Aufhänger wird auf ein gefährliches Äußeres Bezug genommen (Wahl von Trump, autoritäre Staaten), während das Eigene erst seit AfD und populistischen Bewegungen als problematisch wahrgenommen wird (http://www.fu-berlin.de/sites/inu/excellence-strategy/scripts/index.html): „Nach dem Ende des Kalten Krieges schienen sich westlich-liberale Demokratie und Marktwirtschaft als Erfolgsmodell für gesellschaftliche Entwicklung durchgesetzt zu haben. […] 25 Jahre später sieht sich das liberale Ordnungsmodell großen Herausforderungen gegenüber.“ Auch wenn innere Widersprüche der liberalen Moderne in der Diskussion angedeutet werden, ist eine Rhetorik des guten Deutschland als liberaler Fels in der Brandung klar erkennbar – Angela Merkel als Hüterin liberaler Werte hätte bloß noch gefehlt… Da können wir uns also beruhigen!

TV Stud Solidarität – ja, nein, vielleicht?

Zu guter Letzt ging es um TV Stud und den aktuellen Streik. Mündlich versicherten viel Profs, dass sie eine Anpassung des Lohns für sinnvoll und nötig halten. Während der Drohbrief des FU-Präsidiums, der Streikende identifizieren und an ihrem Recht auf Streik hindern sollte (https://www.astafu.de/content/einsch%C3%BCchterungsversuche-seitens-der-fu-leitung-der-streik-bleibt-rechtm%C3%A4%C3%9Fig), noch vom FBR verurteilt wurde, war der FBR laut einigen Professor*innen aber für dasselbe Thema plötzlich nicht mehr zuständig – und verweigerte sich einer politischen Positionierung im Sinne einer Unterstützung der Lohnerhöhung für studentisch Beschäftigte. Wie absurd dieser Antrag auf Nichtbefassung ist, zeigte sich eine Woche später, als das höchste Gremium der FU, der Akademische Senat, sich dank studentischen Protests im AS zu der Formulierung durchrang, dass die Forderung studentischer Hilfskräfte nach mehr Lohn unterstützt werde. Für weitere Infos zum Kampf für einen neuen Tarifvertrag, siehe www.tvstud.berlin.

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