Wir dokumentieren an dieser Stelle einen Flyer der „Studentischen Initiative für politische Theorie am OSI“ und verweisen auch auf unsere vorige Berichterstattung zum Thema Berufungsskandal am OSI/Abschaffung der Ideengeschichts-Vollprofessur – Link1, Link 2, Link 3.
Skandal-Berufungen am OSI müssen gestoppt werden
Die Auseinandersetzung um die Berufungen am OSI geht in die zweite Runde: Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner (SPD) hat die geplante Berufung von Sven Chojnacki und Christoph Zürcher mit dem Hinweis auf Verfahrensfehler zurückgewiesen und eine erneute Abstimmung gefordert. Im Fachbereichsrat (FBR) am Mittwoch sollen die Berufungen bestätigt werden, obwohl dem Verfahren jede Rechtsgrundlage fehlt.
Das von Dekanin Barbara Riedmüller vorangetriebene „schlanke Berufungsverfahren“ war damit begründet worden, dass Chojnacki und Zürcher beide einen Ruf an andere Universitäten erhalten hätten, aber an der FU gehalten werden sollten. Mittlerweile hat jedoch Chojnacki das OSI verlassen und eine Professur in Kiel angenommen, so dass eine „Rufabwehr“ gar nicht mehr möglich ist. Im Falle Zürchers gibt es Hinweise, dass er gar keinen Ruf einer anderen Universität als Vollprofessor erhalten hat. Zudem gibt es offenbar Unregelmäßigkeiten mit der Bewerbung Zürchers am OSI: Einem studentischen FBR-Vertreter konnte nur ein Lebenslauf, aber kein Bewerbungsschreiben vorgelegt werden.
Der Berufungsskandal hat bereits in der Vergangenheit das Ansehen des OSI schwer beschädigt, so dass nur eine Nichtbefassung des Tagesordnungspunkts „Berufungen“ weiteren Schaden verhindern kann. Wissenschaftssenator Zöllner kritisierte die „politische Kultur“ am OSI, auch weil im vergangenen Semester ProfessorInnen die Möglichkeit der Stimmabgabe im Berufungsverfahren verweigert wurde. Die Streichung der Vollprofessur „Politische Ideengeschichte“ im OSI-Strukturplan, um zwei für Chonjacki und Zürcher maßgeschneiderte Konfliktforschungs-Professuren zu schaffen, hatte in Wissenschaftlerkreisen für Aufregung gesorgt.
Wir fordern:
– die Ablehnung der beiden offensichtlich rechtswidrigen Berufungen
– eine Diskussion am Institut über den Strukturplan
– eine Vollprofessur „Politische Ideengeschichte“
Kommt in die Sitzung des Fachbereichsrats!
Mittwoch, 10. Dezember, 9:00, Ihne 21/B
Studentische Initiative für politische Theorie am OSI
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Wer mehr wissen möchte, hier der Hintergrund:
Zu Beginn des Sommersemesters 2008 wurde der Strukturplan des OSI verändert, mit dem Ziel, Sven Chojnacki und Christoph Zürcher Vollprofessuren zu verschaffen und sie dadurch am OSI zu halten. Beschlossen wurde dies im sogenannten „Professorium“, einem inoffiziellen Treffen der in den Gremien stimmberechtigten ProfessorInnen. Vorangetrieben wurden diese Berufungen – mit Unterstützung des Präsidiums – vor allem vom Dekanat und von den am Sonderforschungsbereich 700 maßgeblich beteiligten ProfessorInnen. Zürcher und Chojnacki waren dort zu diesem Zeitpunkt stark eingebunden.
Die Schaffung von Professuren gilt als Strukturentscheidung, die eigentlich öffentlich am Fachbereich und am Institut diskutiert werden. Da in diesem Fall jedoch von Anfang an die Veränderung der Struktur mit den Personen Chojnacki und Zürcher verbunden war, wurde die Entscheidung kurzerhand als Personalfrage deklariert und sowohl im FBR als auch im Institutsrat (IR) in den nicht-öffentlichen Teil der Sitzungen verlegt. Dadurch wurde eine Entscheidung, welche die langfristige Ausrichtung des Fachbereichs betrifft, der öffentlichen Diskussion entzogen.
Die beinahe gleichlautenden Vollprofessuren „Vergleichende Politikwissenschaft und empirische Friedensforschung“ und „Vergleichende Politikwissenschaft und Sicherheitspolitik“ wurden am 4. Juni in einem neuen Strukturplan verankert. Ziel war es, sie noch vor Beginn des Wintersemesters direkt an die beiden Dozenten zu vergeben. Die Finanzierung dieser Professuren ginge auf Kosten der Vollprofessur „Politische Ideengeschichte“, die im Strukturplan zu einer Juniorprofessur degradiert wurde.
Ein vom Allgemeinen Studierenden-Ausschuss (AstA) in Auftrag gegebenes unabhängiges Gutachten bewertete dieses Vorgehen als rechtswidrig: Die Verknüpfung von Struktur und Personalien, sowie die Vergabe der Professuren an die beiden weißen Männer ohne öffentliche Ausschreibung verletze das Prinzip der „Bestenauslese“ und verstoße gegen Frauenförderungsrichtlinien, sowie das Allgemeine Gleichstellungsgesetz.
In den Semesterferien wurde in der ersten der beiden Sitzungen des Fachbereichsrats (FBR) ein studentisches Gruppenveto gegen die Berufungen eingelegt, das jedoch nur aufschiebende Wirkung hatte. Das Gremium beschloss am 10. September die Ein-Mann-Berufungslisten – trotz der rechtlich ungeklärten Lage. Dabei wurde den ProfessorInnen, die nicht im Fachbereichsrat sind, die Möglichkeit verweigert, sich an der Abstimmung zu beteiligen.
Gegen die Weitergabe der Berufungslisten an Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner gaben die Gruppe der Studierenden, die ausgeschlossenen ProfessorInnen und die dezentrale Frauenbeauftragte jeweils ein Minderheitenvotum ab, das dem Senator zusammen mit den Listen vorlag.