Ein Trio von Gremienpolitik – Institutsrat, Fachbereichsrat, Akademischer Senat

Gleich dreimal konnten sich interessierte Studierende am gestrigen Mittwoch ansehen, wie die studentischen Vertreter_innen in den akademischen Gremien mit allen Mitteln ausgebootet, hingehalten, zu faulen „Kompromissen“ überredet und hin und wieder schlichtweg verarscht werden sollen. Eine Tragikomödie in drei Akten.

Frühmorgendliche Ouvertüre: Institutsrat am OSI

Der Institutsrat (IR) des OSI traf sich ausserplanmäßig, um die Diskussion von letzter Woche über die KFN- und SFB-Stelle im Bereich „Rechtliche Grundlagen der Politik, Öffentliches Recht und Völkerrecht sowie Gleichstellungsrecht“ (worum es genau geht: siehe diesen und diesen Link) zu einem Ende zu bringen. Die Studierenden hatten sich vorbereitet und eine Reihe von Änderungsanträgen am Ausschreibungstext und der Stellenbezeichnung formuliert. Diese sollten auf eine größere Öffnung der Stelle hinauslaufen, damit der SFB nicht ohne weiteres eine ihm genehme Kandidatin berufen kann. Zwei dieser Anträge, die von eher unbedeutendem Inhalt waren, kamen durch, doch beim Punkt „Mitarbeit im SFB“ statt „Leitung eines Teilprojekts des SFB“ schlug die professorale Blockadefront ebenso wieder zu, wie beim Versuch einer Änderung der Stellenbezeichnung hin zu allgemeineren Anforderungen.
Ebenso abgeblockt wurde der Wunsch der Studierenden nach einer verbindlichen Zusage für die Einrichtung einer Ideengeschichtsprofessur, bevor weitere Stellen im Umfeld des SFB besetzt werden. Gegen die Stimmen der Studierenden und von Sabine Berghahn wurde die Ausschreibung schließlich in leicht veränderter Form vom IR angenommen. Auch die Zusammensetzung der Berufungskommission, die laut Hajo Funke ein hart erarbeiteter und „ausgewogener“ Kompromiss sei, wurde gebilligt.

Ebenfalls von Interesse: zu Beginn des neuen Semesters, konkret am 23.10., findet ein „erweiterter“ Institutsrat am OSI statt, wo es nochmal ausführlich um den 4-Jährigen Bachelorstudiengang und, fast noch wichtiger, um die Struktur am OSI gehen soll. Beginn ist um 14:30 Uhr. Zwei Wochen später soll ein Institutstag stattfinden.

Vormittägliches Intermezzo: Der Fachbereichsrat Politik- und Sozialwissenschaften

Die Sitzung des Fachbereichsrats (FBR) begann mit einigen überwiegend langweiligen Präsentationen über die Durchführung der Exzellenzinitiative an der FU. Anscheinend tingeln derzeit die Chef_innen der diversen durch die Exzellenzinitiative geschaffenen Strukturen („Strategische Zentren“, „Center for Cluster Development“, etc.) durch die Fachbereiche der FU und erläutern, wie mensch an Gelder aus dem Exzellenztopf kommt. Interessant war allenfalls einer kurzer Disput mit Hajo Funke über die Aushebelung der akademischen Selbstverwaltung durch die Parallelstrukturen der diversen Zentren. Ein Problem, auf das die Kritiker_innen des Exzellenzwettbewerbs schon damals hingewiesen haben.

Der Punkt „Mitteilungen und Anfragen“ hatte zur Abwechslung erfreuliche Nachrichten: so müssen die Berliner Unis dieses Mal bei den Hochschulverträgen wohl wenigstens keine neuen Kürzungen hinnehmen. Dies bedeutet, so Dekan Klaus Beck, eine Entsperrung von ausstehenden Besetzungsverfahren, und könnte sogar – wenn auch nach Auskunft von Detlef Brose erst im nächsten Jahr – ein Ende der Haushaltssperre und der Kürzungsauflagen für den Fachbereich (-7,5% Einsparung gefordert) bedeuten.
Im September werden zudem neue Zielvereinbarungen mit dem Präsidium ausgehandelt; deren Struktur ändert sich, wodurch größere Pauschalbeträge für weniger eng gefasste Ziele ausgeschüttet werden sollen. Was das für Ziele sein könnten, müssen sich der Fachbereich und die Institute noch bis September überlegen.
Die neuerdings dezentralen Immatrikulationsfeiern werden zumindest für unseren Fachbereich am Mittwoch in der ersten Vorlesungswoche, d.h. am 14.10., stattfinden.
Der Tagesordnungspunkt „Nachbereitung des Bildungsstreiks“ entfiel, da sich die beim letzten Mal daran interessierten Kommiliton_innen nicht blicken ließen.

Anschließend ging es auch hier um die KFN-Stelle, da der FBR das zuständige Gremium für die Verabschiedung von Stellenausschreibungen ist. Die Diskussion wurde kurz gehalten, allerdings stellte Sabine Berghahn erneut fest, dass die Ausschreibung immer noch nicht rechtlich tragbar sei und damit anderen Interessentinnen jederzeit der Weg einer Konkurrentinnenklage offen steht. Hajo Funke und Bernd Ladwig sprachen von einem „tragfähigen Kompromiss“, und dass es nun an der Zeit sei, Vertrauen aufzubauen und somit auf ein studentisches Gruppenveto zu verzichten. Von allen Seiten kamen die mittlerweile üblichen Lippenbekenntnisse für eine Professur in Ideengeschichte, und natürlich die Zusicherung dass die KFN-Stelle nicht nach fünf Jahren auf die Stelle „Rechtliche Grundlagen der Politik“ umgetopft wird. Doch wir haben daran durchaus berechtigte Zweifel: wir haben im letzten Jahr gesehen, mit welchen Tricks die Stelle für Ideengeschichte in eine Professur für Sicherheitspolitik umgeschrieben wurde. Uns wurde schon vor mehr als sechs Wochen gesagt, dass die Ausschreibung für die KFN-Stelle ohne viel Diskussion und möglichst schnell beschlossen werden soll, da sonst das Verstreichen wichtiger Fristen droht. Nun, fast zwei Monate später, ist die Stelle zwar immer noch nicht ausgeschrieben, aber den angeblichen Zeitdruck gab es wohl ebenfalls nicht – denn dann wäre die Ausschreibung gar nicht mehr möglich bzw. nötig. Wie sollen wir Vertrauen zu Leuten haben, die uns schon bei solchen Kleinigkeiten nicht die ganze Wahrheit oder gar die Unwahrheit erzählen?

Die Studierenden ließen sich auf die Kompromissbeschwörungen letztendlich nicht ein und blockierten die Ausschreibung mittels ihres Vetos.

Das Grande Finale am Nachmittag – der Akademische Senat

Um 15 Uhr begann überaus pünktlich die Sitzung des Akademischen Senats (AS). Die Bildungsstreik-Vorbereitungsgruppe hatte zum Besuch der öffentlichen Sitzung aufgerufen, und etwa 50 Studierende folgten dem Aufruf. Die studentischen Vertreter_innen von der Fachschaftsinitiativen-Liste hatten einen Antrag (PDF) ausgearbeitet, der nach dem Vorbild der HU (Link) vom AS verabschiedet werden sollte. Hier zeigte sich dann doch, dass an der FU ein „exzellenterer“ Wind weht als an der Humboldt-Universität.

Denn dem von Sarah Walz eingebrachten Antrag wurde mit äußerster Vorsicht begegnet und er wurde mit teilweise geradezu lächerlichen Argumenten von Seiten der Professor_innen für nicht umsetzbar erklärt. Ein negatives Highlight in diesem Sinne stellte die Behauptung dar, dass mensch Studienreformen nicht pauschal für alle Fächer beschließen könne – wie die Mitglieder des AS vor gar nicht mal so langer Zeit mit dieser Einstellung die viel weitgehendere BA-/MA-Einführung verabschieden konnten, können sie wohl nicht mal selbst erklären. Der Unmut der beobachtenden Studis wuchs merklich, immer wieder unterbrachen Zwischenrufe einzelne Redebeiträge.

Schließlich versuchte sich Hajo Funke an einem seiner berühmten (und bei manchen studentischen Gremienvertreter_innen berüchtigten) „Kompromisse“: der Antrag solle zur weiteren Behandlung in die Kommission für Lehre (KfL) überwiesen werden; diesen Vorschlag stellte er als Gegenantrag zur Abstimmung. Auf den Einwand von Mathias Bartelt, studentischer Vertreter im AS, dass dort die Studis nur äußerst wenig Mitspracherecht haben, versprach Hajo Funke, sich persönlich dafür einzusetzen, dass sich dies ändert. In den Gegenantrag aufgenommen wurde ein entsprechender Passus aber natürlich nicht.
Bei der folgenden Abstimmung sprach sich der AS mit großer Mehrheit dafür aus, die Angelegenheit in die KfL zu verlegen.

Die anwesenden Studierenden waren anschließend merklich sauer. Als Dieter Lenzen die Sitzung fortführen wollte, gingen seine Worte im Klatsch- und Pfeifkonzert unter (das müsste er ja gewohnt sein 😉 ). Sprechchöre wie „Bildungs für alle – und zwar umsonst!“ ertönten, ein weiterer Sitzungsbetrieb war nicht mehr möglich. Jedes mal, wenn der Lärm ein wenig abebbte und Dieter Lenzen erneut zum Mikrofon griff, begann der Trubel vom neuen; Vermittlungsversuche von Hajo Funke scheiterten, die Vertreter_innen von der FSI-Liste erklärten sich solidarisch mit den Protesten. Nach mehreren erfolglosen Versuchen erklärte Dieter Lenzen die Sitzung schließlich für beendet. Daraufhin verließen die Studierenden unter „Wir kommen wieder“-Rufen nach und nach den Sitzungssaal.

Nachtrag: Gustav Seibt in der Süddeutschen Zeitung über die Bologna-„Reform“.

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